Brownianismus

Sthenie und Asthenie als globales Heilsystem. Der schottische Arzt John Brown (1735-1788) veröffentlichte­ 1780 sein Werk Elementa Medicinae, in dem er ein bestechend einfaches Heilkonzept vorstellte, das sehr bald als B. alle Bereiche der Medizin durchdringen sollte. Seine Grundsätze entwarf Brown ohne Rücksichtnahme auf physiologische oder biochemische Einzelhei­ten. Nach ihm wohnt dem menschlichen Organismus eine Lebenskraft inne, nämlich die Erreg­barkeit, die den ganzen Körper umfasse. Alle Krankheiten seien Folgen eines Missverhältnisses von Reizstärke und Erregbarkeit des Organismus und lassen sich daher in zwei Gruppen einteilen: in die sog. „sthenischen“ Krankheiten, die durch zu starke Erre­gung entstehen (z. B. Phrenitis oder Hirnentzündung, Rheumatismus) und die „asthenischen“ Krankheiten, die durch zu schwache Erregung (z. B. Rachitis, Skor­but) entstehen. Die Therapie richtete sich nach dem traditionellen Grundsatz des gegenläufigen Eingrei­fens (contraria contrariis) der biologischen Gegensteuerung und Korrektur: Reizentzug bei Sthenikern, Reizzufuhr bei Asthenikern. Vor allem bei der Behandlung von Neurasthenie spielte der B. eine große Rolle.

Lit.: Brown, John: Joannis Brunonis Elementa Medicinae. Edinburgum: Elliot, 1780; Schwanitz, Hans Joachim: Die Entwicklung des Brownianismus und der Homöopathie von 1795 bis 1844: zwei wissenschaftstheoretische Fallstudien aus der praktischen Medizin. Wien: Univ., Diss., 1977; Michler, Markwart: Medizin zwischen Aufklärung und Romantik: Melchior Adam Weikard (1742-1803) u. sein Weg in den Brownianismus; e. medizinhistor. Biogr./Dt. Akad. der Naturforscher Leopoldina, Halle (Saale). Leipzig: Barth, 1995.
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