Bronzeleber von Piacenza

(Engl.: Liver of Piacenza; it. Fegato di Piacenza) ist die Nachbildung einer Schafsleber und war als solche offenbar ein Lehrmodell für etruskische haruspices (Leberbeschauer). Die 1877 aufgefundene Handarbeit wird im Museum der Stadt Piacenza aufbewahrt und geht auf das 6./5. Jh. v. Chr. zurück.
Ihre einzigartige Bedeutung liegt darin, dass sie die etruskische Himmelseinteilung in 16 Göttersitze zu rekonstruieren hilft. Der äußere Rand sowie die übrige Oberfläche sind in einzelne Felder unterteilt und mit Namen von Gottheiten versehen, wobei die Anordnung der Namen nach einem klaren Schema erfolgte: Im nordöstlichen Viertel liegen die Wohnsitze der höchsten Himmelsgottheiten, in den beiden südlichen Vierteln die Sitze der Gottheiten der Natur und der Erde, im nordwestlichen Viertel, das als unheilvoll galt, die Gottheiten der Unterwelt.

Die Zukunftsdeutung beruhte auf der Einteilung des Himmels in genau definierte Regionen, in denen die verschiedenen Götter ihren Sitz hatten und von wo aus sie den Menschen ihre Zeichen sandten. Abweichungen vom Normalzustand auf der Leber bedeuteten, dass sich nun der in der entsprechenden Himmelsregion wohnende Gott offenbarte.
Die > Leberschau war schon im alten Mesopotamien das wichtigste Wahrsageverfahren und bereits in der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. wurde durch eingehende Untersuchungen von Schafslebern der Wille der Götter erfragt.
Für die Etrusker galt die Leber als Sitz des Lebens und so war die Leberschau der zentrale und spezifische Teil ihrer Wahrsagekunst.

Lit.: Stoltenberg, Hans Lorenz: Die wichtigsten etruskischen Inschriften. Text, Übers. u. Erläuterung. Leverkusen: Gottschalksche Verlagsbuchhandlung, 1956; Loretz, Oswald: Leberschau, Sündenbock, Asasel in Ugarit und Israel. Altenberge; Soest: CIS-Verl., 1985.

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