Bonnet, Charles

(*13.03.1720 Genf; † 20.05.1793), erster anerkannter experimenteller Insektenforscher. Als B. mit sieben Jahren sein Gehör verlor, nahmen ihn die Eltern aus der Schule und ermöglichten ihm die Ausbildung durch einen Privatlehrer. Bei der Lektüre zu Hause erwachte sein Interesse für die Naturwissenschaft. Das von René Réaumur 1734 veröffentlichte Buch Histoire des insectes veranlasste B., Insekten zu untersuchen. Bei seinen Beobachtungen stellte er fest, dass Käfer und Schmetterlinge durch Poren atmen, die er als stigmata bezeichnete. An Blattläusen entdeckte er die Fortpflanzung ohne Befruchtung (Parthenogenese), was er in einem eigenen Buch, Traité d’insectologie, 1745 beschrieb. B. wurde so zum anerkannten ersten experimentellen Insektenforscher. Wegen beginnender Erblindung befasste er sich fortan mehr mit theoretischen Fragen der Biologie und mit Philosophie. In seinem Buch Considérations sur les corps organisés (1762) vertritt er die Ansicht, dass jeder weibliche Organismus in seinen Keimzellen eine unendliche Reihe von vorgeformten Individuen trage, was zur Unsterblichkeit und Unveränderlichkeit der Arten führe. Die Fossilfunde ausgestorbener Arten erklärte B. in seiner Arbeit La Palingénésie philosophique (1769) damit, dass die Erde periodisch von großen, weltweiten Katastrophen heimgesucht würde. Nach einer solchen Katastrophe würden sich die Menschen zu Engeln, Tiere zu intelligenten Wesen, Pflanzen zu Tieren und Mineralien zu Pflanzen entwickeln. Diese Theorie beeindruckte auch Erasmus Darwin, den Großvater von Charles Darwin. B. war damit einer der ersten Biologen, der den Ausdruck „Evolution“ in einem biologischen Zusammenhang verwendete. Der Mensch ist für B. die Vereinigung einer gewissen Seele mit einem gewissen Körper. Daher liege auch die Auferstehung in der Natur des Menschen und nicht in der körperlichen Wiederverkörperung. Jede Planetenwelt habe ihre besondere Ökonomie, ihre Gesetze, ihre Produkte und ihre Einwohner. „Allein die Vernunft des Menschen dringt noch höher als alle Planeten-Welten hinauf: Sie erhebt sich bis zum Himmel, wo Gott wohnt“ (Palingenesie, II, 391).
Die Werke von B. wurden viel gelesen, so auch von Goethe, Herder und Lessing.

W.: Essai de psychologie; ou consideration sur les operations de l’Ame, sur l‘habitude et sur l’education: Auxquelles on a ajouté. Londres, 1755; Philosophische Palingenesie. Oder Gedanken über den vergangenen und künftigen Zustand lebender Wesen. Als ein Anhang zu den letztern Schriften des Verfassers; und welcher insbesonderheit das Wesentliche seiner Untersuchungen über das Christenthum enthält. Aus dem Französischen übersetzt und mit Anmerkungen herausgegeben von Johann Caspar Lavater. Zürich: Orell, Geßner, Fueßli, 1769; Betrachtungen über die organisierten Körper: worin von ihrem Ursprunge, von ihrer Entwicklung, von ihrer Reproduktion u.s.w. gehandelt wird, u. alles, was die Naturgeschichte davon gewisses u. interessantes liefert, kurz zusammengefasset ist. Lemgo: Meyer, 1775; Karl Bonnets Betrachtung über die Natur/mit Anm. und Zusätzen hrsg. von Johann Daniel Titius. Leipzig: Junius, 1803.
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