Böse Geister

Leiblose, intelligente, vernunftbegabte, unsterbliche Wesen mit negativen Absichten, die sich in der Natur, in den Lüften, auf der Erde, in Wohnungen, auf Friedhöfen, an negativen Orten der Kraft, in schwarzmagischen Gefilden, als Dämonen in unterirdischen Behausungen oder als gefallene Engel in der Hölle aufhalten. Sie gelten weithin als unsichtbar, können aber auf verschiedene Weise auch wahrgenommen, gehört, gerochen, gefühlt und erahnt, ja zuweilen unter vielerlei Gestalten, die sie für ihre Zwecke annehmen, sogar gesehen werden. Das Bewusstsein, dass Böses eine Folge von aktiv Handelnden ist, gibt es in allen Religionen und Kulturen.
Im > Zoroastrismus bilden die B. G. als > Daevas einen grundlegenden Teil des gesamten Systems.

Im > Hinduismus bedrohen B. G. und Dämonen das Leben der Menschen. Urrituale der Reinigung und Opferung sollen die Menschen von bösen Einflüssen und Bindungen befreien.
Auch im > Buddhismus gibt es B. G.., die den Menschen ärgern oder ihm übel mitspielen wollen. Sie haben keinen festen Wohnort, irren in der Gegend umher, stets auf der Suche nach Opfern. Durch Geschenke können sie kaum beeinflusst werden, da sie keinen Standort haben, an dem man die Gaben hinlegen könnte. Man kann aber einen guten Geist um seinen Schutz gegen sie anflehen. Einen solchen Schutz bieten auch geweihte Amulette oder Tätowierungen.
Im alten > Ägypten, wo Medizin, Magie und Religion eng miteinander verwoben waren, vertrieben die B. G. der kämpferische Gott > Bes sowie > Weihrauch und > Knoblauch.
Bei den Griechen beschreibt > Hesiod (etwa 700 v. Chr.) in seinem Hauptwerk Theogonie den Glauben an ganze Scharen und verschiedene Klassen von Dämonen als Zwischenwesen zwischen Göttern und Menschen. Sie umschweben den Menschen als quasi unsichtbare Wächter. In der irdischen Sphäre wirken sie als Natur- und Elementargeister, entweder als Wohltäter oder als Verderber.
Bei den > Römern finden sich die B. G. bei den > Lemuren, den Totengeistern, wo es neben den > Lares, den gutwilligen, die > Larvae, die bösen gibt. Diese treten nachts als Schreckgespenster auf und belästigen die Lebenden, weshalb man sich vor ihnen besser durch verschlossene Haustüren schützt. Zu ihrer Versöhnung wurden jeweils am 9., 11. und 13. Mai die > Lemuria gefeiert. An diesen Tagen blieben die Tempel geschlossen (Henrichs, Sp. 1450f.).

Im Judentum leben die B. G. dem Alten Testament zufolge in der Wüste (Jes 14,14), sie verbreiten Krankheit (Ps 91,6) und Wahnsinn (Sam 16,14) und täuschen das Volk (1 Kön 22,22). Der Talmud betont zwar, dass die babylonischen Vorstellungen über Dämonen in Israel nicht bekannt seien, doch fühlten sich die babylonischen Juden von ihnen umzingelt (B. Ber. 6a). Einzelheiten über dämonische Aktivitäten finden sich im gesamten Babylonischen Talmud. Auch die Kabbalisten lehrten, dass die Welt voller Dämonen sei, und versuchten eine systematische Dämonologie zu entwickeln.
Im > Christentum sind nach dem Neuen Testament alle Mächte Christus unterworfen (1 Kor 15,20-28, Eph 1,18-23), der auch Herr über die Dämonen ist (Mt 8,1.28-33; 9,32-34; 15,22-28). Dabei decken sich die Vorstellungen über die B. G. weitgehend mit den diesbezüglichen Glaubensvorstellungen bei den Juden. Allerdings ist der eigentliche Gegenspieler Jesu der > Teufel als > Antichrist. In der Folge werden zu den B. G. öfters auch Verstorbene gezählt, denen die Lebenden nicht die entsprechende Zuwendung zollten und die deshalb ruhelos umherirren. B. G. können, wie schon im Evangelium steht, von anderen Lebewesen und nicht zuletzt vom Menschen Besitz ergreifen, aber mittels > Exorzismus, Gebeten und anderen Ritualen ausgetrieben werden. Personen, die sich mit B. G. einlassen, laufen Gefahr, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen oder gar hingerichtet zu werden, wie die > Hexenprozesse belegen.
Im > Islam enthält der Koran Aussagen, die das > Böse auf das Wirken der Teufel bzw. der > Djinn zurückführen. Der Teufel ist der Feind des Menschen (Sure 35,6; vgl. 20 117;2, 168). Die Art und Weise, wie Satan die Menschen verführt, ins Unglück stürzt und letztendlich zur Hölle geleitet, wird in plastischen Bildern beschrieben (Sure 7,16-17). Allerdings hat Satan keine unmittelbare Wirkung auf den Menschen.
Die in den angeführten Religionen und Kulturen beschriebenen Vorstellungen von B. G. finden sich in mehr oder weniger ausgeprägter Form bei allen Natur- und Kulturvölkern, selbst in den aufgeklärtesten Ländern. Ihre Einwirkungen können folgendermaßen beschrieben werden:
Die B. G. treiben den Menschen an, Böses zu tun, halten ihn vom Guten ab, suchen den Geist zu täuschen, indem sie das Gute als böse und das Böse als gut darstellen. Dabei gehen sie mit Lüge, Betrug, Hinterlist und Falschheit vor. Durch Einflüsterung machen sie den Menschen selbstgefällig, hochmütig, trotzig, widerspenstig, rechthaberisch, hartnäckig, ungehorsam, eitel, stolz, rücksichtslos, heuchlerisch, ja teufelsähnlich. Sie beschäftigen den menschlichen Geist mit unnützen und überflüssigen Dingen, verdunkeln den Verstand und hinterlassen eine gewisse Unruhe, Dürre und Trübsinn.
Das Herz des Menschen machen sie hart, feindselig, unruhig und verzweifelnd. Sie regen die niederen Triebe des Menschen an und wo immer sie in seinem Innern eine Schwachstelle finden, greifen sie zu, um den Widerstand zu brechen und den Menschen zu umgarnen (> Umsessenheit) oder ganz zu besetzen (> Besessenheit).

Lit.: Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig, Gleditsch, 1770; Cavendish, Richard: The Powers of Evil in Western Religion, Magic, and Folk Belief. New York: Putnam, 1975; Walker, D.P. (Daniel Pickering): Unclean Spirits: Possession and Exorcism in France and England in the Late Sixteenth and Early Seventeenth Centuries. Philadelphia, Pa.: University of Pennsylvania Press, 1981; Petersdorff, Egon von: Daemonen am Werk/zum Geleit, ein Wort von Romano Guardini. Presse-Urteil von Adolf Rodewyk. Kurzporträt des Autors von Gehrhard Fittkau. Satanismus heute von Joseph Schumacher. Die Überwindung Satans von Papst Johannes Paul II. 3. Aufl., aktualisierte Neuaufl. Stein am Rhein: Christiana-Verl, 1995; Der Koran: erschlossen und kommentiert von Adel Theodor Khoury. Düsseldorf: Patmos, 2005.
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