Beuys, Joseph

Künstler (* 12.05.1921 Krefeld; † 23.01.1986 Düsseldorf). Nach dem Abitur 1939 wollte B. Medizin studieren, wurde aber zum Militär eingezogen und in der Folge als Flugzeugführer und Bordschütze ausgebildet. Nach dem Absturz mit einem Sturzkampfbomber über der Krim hatte er ein Heilungserlebnis, das ihn als Künstler später stark beeinflusste. Mit einem Schlitten aus dem Schnee geborgen, mit Fett eingerieben, in Filz gehüllt und mit einem Kräutertrunk versehen, lag er am Feuer eines Tartarenstammes und hörte die Frauen an seinem Lager singen. Ob er dies wirklich erlebte oder sich als Selbstheilungsversuch im Lazarett vorstellte, bleibt offen. Tatsache ist, dass die tierischen Stoffe Fett und Filz seither in seinen Werken bildhaft für Wärme, Liebe und Schutz standen. Nach der Genesung wurde er bei Einsätzen noch viermal verwundet und geriet als körperliches Wrack 1945 in britische Gefangenschaft. Die Kriegserlebnisse schlugen sich in vielen seiner Werke nieder.
1947 begann B. in Düsseldorf an der Staatlichen Kunstakademie Bildhauerei zu studieren. 1954 kam es zu Ausstellungen, doch fühlte er sich als Künstler nicht bestätigt. Als dann seine Verlobung in die Brüche ging und seine finanzielle Lage katastrophal wurde, fiel er in eine tiefe Depression und verkroch sich in einer mit Teer bestrichenen Kiste. Es folgten mehrere Aufenthalte in Nervenkliniken. Auf einem Hof und bei der Feldarbeit fand er schließlich wieder zu sich und zur Kunst.
Seine auch der Selbstfindung dienenden Zeichnungen und Collagen von Pflanzen, Salamandern, Hasen, Bibern, Hirschen, Elchen, Eisbären, Berggeistern, Hexen, Tierfrauen, Seherinnen, Schamanen und Tierführern waren für ihn Synonyme für eine ältere, naturnähere, magisch aufgeladene Kultur und ihre intuitiv entwickelten Heilpraktiken. Kunst war für ihn das Zaubermittel, den von allen spirituellen Nabelschnüren abgeschnittenen Menschen aus der Isolation zu befreien. Davon sprechen auch die vielen Rollen, die er in seinem Leben ausfüllte: Ritualkünstler, Schamane, Alchimist, Provokateur, Mystiker, Philosoph, Parteigründer, Politsänger. Seine Anglerweste, über einem weißen Hemd getragen, zusammen mit Jeans, Turnschuhen und einem Stetson prägte ihn als „Schamane der Kunst“.

Lit.: Stachelhaus, Heiner: Joseph Beuys. Ungekürzte Ausg. Berlin: List, 2006; Joseph Beuys: eine Werkübersicht; Zeichnungen und Aquarelle, Drucksachen und Multiples, Skulpturen und Objekte, Räume und Aktionen; 1945-1985/mit einer Einf. von Alain Borer. Zus.gest. und hrsg. von Lothar Schirmer. München: Schirmer/Mosel, 2006.
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