Bestiarium

(Lat. bestia, Tier), Tierbuch. Mittelalterliche Sammlung von Fabeln sowohl realer als auch legendärer Tiere, das tatsächliche oder vermutete Eigenschaften derselben allegorisch mit der christlichen Tugendlehre verbindet und auf Literatur und Kunst großen Einfluss hatte. Die Ausführungen sind oft reich bebildert und gehen auf den > Physiologus aus dem 2. Jh. zurück, der um 400 erstmals lateinisch, in der 2. Hälfte des 8. Jhs. angelsächsisch und im 11. / 12. Jh. althochdeutsch erschien. Zum archaisch anmutenden Physiologus gesellte sich die scholastische Gelehrsamkeit. Der Mensch mit seinen Tugenden und Lastern tritt in den Mittelpunkt. Sind im Physiologus bestimmte Tiere, wie Affe, Fuchs oder Wildesel, dem Teufel gleichgesetzt, so werden sie in den Bestiarien zu Symbolen für die diabolische Wirksamkeit im Menschen. Zudem werden neue Themen aufgenommen, wie z.B. der > Basilisk bei den Kirchenvätern als Symbol des Todes oder die > Biene als Symbol für Christus (Bienenkönig). Das um 1130 von dem anglonormannischen Geistlichen Philippe de Thaon verfasste Tierbuch Bestiaire enthält symbolische Deutungen von Tieren und Edelsteinen auf die gesamte christliche Heilslehre.

Lit.: Thaon, Philippe de: Le Bestiaire [Texte imprimé]: Texte critique. Geneve: Slatkine Reprints, 1970; Febel, Gisela/Maag, Georg (Hg.): Bestiarien im Spannungsfeld zwischen Mittelalter und Moderne. Tübingen: Narr, 1997; Der Physiologus: Tiere und ihre Symbolik/übertr. und erl. von Otto Seel. Pb-Ausg. Düsseldorf: Patmos, 2003.
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