Bahrprobe

Oder Bahrrecht (it. prova del cataletto), auch Hexenprobe und Blutprobe genannt, ist eine Form des germanischen Gottesgerichtes, getragen vom Glauben, dass die Wunden des Getöteten von neuem zu bluten anfangen, wenn der Mörder vor die Leiche tritt oder sie berührt. Aufgegriffen wurde das Verfahren als letzte Entscheidungshilfe im 12. Jh. Literarisch ist die B. im „Nibelungenlied“ (V. 984ff.) und im „Iwein“ (V. 1355ff.) bezeugt. Das Bahrrecht gehörte zu den im Volksglauben begründeten Rechtsbräuchen, durch die man schwere Mordtaten in schwierigen Fällen abzuklären suchte. Bezeugt wurde diese Anschauung auch in einer Predigt > Bertholds von Regensburg (1210-1272, Schönbach, S. 1).
1597 empfahl Jakob I. die genannte Methode in seiner Daemonologie. Von den vielen Autoritäten war auch der presbyterianische Gelehrte und Dichter Richard > Baxter von der Wirksamkeit dieser Probe in Mordfällen überzeugt, wie er in seiner Schrift The Certainty of the World of Spirits (1691) betont:

„Was soll man zu den vielen zuverlässigen Geschichten über das erneute Bluten ermordeter Körper sagen, das beginnt, wenn der Mörder zu der Leiche gebracht wird, oder wenn er sie zumindest berührt, sei es durch die Seele des Toten oder durch den guten Geist, der Mord hasst, oder durch den Teufel, der bestellt ist, um Rache zu nehmen; es scheint einfach das Wirken eines un­sichtbaren Geistes zu sein“ (nach Pickering).

Später wurde diese Probe bei Fällen von Hexerei eingesetzt, wie im Prozess gegen Jennet > Preston. Sie musste die Leiche ihres angeblichen Opfers, Thomas Lister, berühren, worauf diese sofort zu bluten begann. Obwohl Preston jegliche Schuld von sich wies, wurde sie am 27. Juli 1612 in York wegen Mordes verurteilt und bald darauf gehängt.
Auch Christine > Wilson, die „Hexe von Dalkeith“, musste bei ihrem Prozess 1661 in Schottland einen Finger auf die tödliche Wunde ihres vermeintlichen Opfers legen, die sogleich zu bluten begann, was als Beweis ihrer Schuld angesehen wurde.

Lit.: Schönbach, Anton Emanuel: Zeugnisse Bertholds von Regensburg zur Volkskunde. Wien: Gerold [u.a.], 1900; The Lancashire Witch Craze: Jennet Preston and the Lancashire Witches, 1612/Lumby, Jonathan. Preston: Carnegie Publishing, 1995; Pickering, David: Lexikon der Magie und Hexerei. Dt. Erstausgabe: Bechtermünz Verlag, 1999; Hartmann, von Aue: Iwein. Aus dem Mittelhochdt. übers., mit Anm. und einem Nachw. von Max Wehrli. [Nachdr.]. Zürich: Manesse-Verl, 2004.
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