Aussetzung

Erzählmotiv zur Unterstreichung der wunderbaren Herkunft bzw. Rettung eines kaum geborenen Helden. So wurde nach der griechisch-römischen Mythologie > Zeus in einer Höhle auf dem Berg Ida auf Kreta ausgesetzt, > Dionysos in einem Kasten auf dem Meer (ähnlich wie > Moses); > Romulus und Remus wurden von einer Wölfin gesäugt und > Kybele wurde wegen der Enttäuschung, weil sie ein Mädchen war, ausgesetzt.
Die Aussetzung von Kindern spielt in den Sagen fast aller Völker eine große Rolle. Sie wird auch als eine Sonderform der Kindertötung angesehen, welche gewöhnlich das weibliche Geschlecht betraf (Schrader). Die Aussetzung des Kindes war das Recht des Vaters. Sobald das Kind mit Wasser begossen war bzw. Speisen zu sich genommen hatte, galt es als in die Gemeinschaft aufgenommen und das Band zwischen Seele und Leib war geknüpft. Das Töten eines solchen Kindes wurde daher als Mord bestraft (Amira).

In diesem Zusammenhang ist auch die A. von Greisen und Kranken (Simrock, S. 238), das Aufhängen und Totschlagen von Greisen mit Hämmern und das Lebendigbegraben von (alten) Frauen (Schell) zu nennen.

Lit.: Simrock, Karl: Handbuch der deutschen Mythologie mit Einschluss der nordischen. Bonn: Marcus, 1864; Schrader, Otto: Reallexikon der indogermanischen Altertumskunde: Grundzüge einer Kultur- und Völkergeschichte Alteuropas. Berlin u.a.: de Gruyter, 1917; Amira, Karl von: Die germanischen Todesstrafen: Untersuchungen zur Rechts- und Religionsgeschichte. München: Verl. d. Bayer. Akad. d. Wiss, 1922; Bergische Sagen/ges. von Otto Schell. Elberfeld: Martini & Grüttesien, 21922; Holzapfel, Otto: Lexikon der abendländischen Mythologie. Sonderausg. Freiburg u.a.: Herder, 2002.
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