Atum

Ägypt., Gott der präexistenten Einheit, der sich zur Gestalt des Sonnengottes verfestigt und zum ersten Mal über dem Urwasser auftaucht. Der Name bedeutet zugleich das „All“ und das „Nicht“ im Sinne von „noch nicht“ und „nicht mehr“. Diesem Gott, der sich im Zustand des Noch-nicht-Seins befindet, wird ein vorweltliches Umfeld beigegeben, ein > Ur-Chaos, das man sich lichtlos, endlos, formlos vorstellt. In dem „Schu Buch“ der Sargtexte wird die Präexistenz als das bewusstlose Dahintreiben des Urgottes A. in der Urflut, dem > Nun, bezeichnet, dem als weitere Aspekte des Urchaos noch die Finsternis (Kuk), die Endlosigkeit (Hu) und die Weglosigkeit (Tenemu) hinzugefügt werden. Ihre klassische Ausgestaltung erhält diese Vorstellung vom Chaos in der Schöpfungslehre von > Hermupolis.
> Chaos ist nach ägyptischer Vorstellung ein Urschlamm voller Keime und möglichen Werdens. Aus diesem Urschlamm erhob sich nach der Schöpfungslehre von Hermupolis der Sonnengott in spontaner Selbstentstehung, als Kind auf einer Lotosblüte, was zugleich als erste Schöpfungstat, die Erschaffung des Lichts, verstanden wird.

Indem Gott selbst entsteht (intransitive Kosmogonie), wird er zugleich nach außen tätig (transitive Schöpfung) und setzt zwei neue Wesen aus sich heraus: > Schu und > Tefnut. Schu ist der Gott der Luft, Tefnut die Göttin des Feuers (fälschlich des Wassers). Ihre Kinder sind > Geb (Erde) und > Nut (Himmel), also die Götter der Erde und des Himmels.

Lit.: Sethe, Kurt: Amun und die acht Urgötter von Hermopolis: eine Untersuchung über Ursprung und Wesen des ägyptischen Götterkönigs. Berlin: Akademie der Wissenschaften, 1929; Schlögl, Hermann: Der Sonnengott auf der Blüte: eine ägyptische Kosmogonie des Neuen Reiches. Genf: Editions de Belles-Lettres, 1977; Bickel, Susanne: La cosmogonie égyptienne: avant le nouvel empire. Fribourg/CH: Univ.verlag, 1994; Assmann, Jan: Theologie und Weisheit im alten Ägypten. München: Fink, 2005.
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