Aphrodisiakum

Ein die Sexualkraft anregendes Mittel, dessen Name auf die griechische Göttin der Sinnlichkeit, der Liebe und der Schönheit, > Aphrodite, hinweist. Aphrodite waren viele wohlduftende Pflanzen und würzige Kräuter geweiht, die berauschende und erotisierende Wirkung haben. Zu den unzähligen Pflanzen, deren aphrodisische Wirkung in der Antike geschätzt wurde, gehören etwa die > Alraune (Mandragora officinarum L.), der Safrankrokus (Crocus sativus L.), die Erdscheibe (Cyclamen graecum LINK.), die Meeres- oder Stranddistel (Eryngium maritimum L.) und die Falzblume (Teucrium micropodioides L., syn. Micropus erectus L.). Auch > Wein wurde schon in der Antike als A. benutzt, gern in Mischung mit anderen Rauschmitteln. Weit verbreitet war die Anwendung von aphrodisischen Pflanzen auch im alten Ägypten, wo man sie mit > Hathor, der Göttin der Liebe, in Verbindung brachte.
Vor allem > Aromapflanzen dienten im Altertum aphrodisischen Zwecken, aber auch Räucherstoffe wie > Weihrauch, und man stellte > Balsame und > Parfüms daraus her. Auch heute noch werden vor allem Pflanzen mit einem „betörenden“ Duft als erotisierend angesehen, wie etwa > Tuberose, > Ylang Ylang und > Jasmin. Der Ethnobotaniker Rätsch stellte eine Liste von aphrodisisch wirkenden Pflanzen bzw. pflanzlichen Mitteln zusammen, denen außerdem die Kraft des > Liebeszaubers, d. h. Liebe in Menschen zu entfachen, zugeschrieben wird: > Akonit, > Allermannsharnisch, > Alraune, > Artemisia, Betel, > Bilsenkraut, > Bohnen, Brechnuß, > Coca, Colorines, Dita, > Eisenkraut, Engelstrompete, > Fliegenpilz, Fo-ti-tieng, Galangan, > Ginseng, > Ginster, > Goldkelch, Guaraná, > Hanf, > Hexensalben, Holzrose, Iboga, > Ingwer, > Kaffee, > Kalmus, > Knoblauch, Kolanuss, Lakshmana, Lattich, Mandrake, Meerträubel, Muskatnuss, Niando, Orchideen, Quebracho, > Safran, > Sassafras, Seerose, Stachelmohn, > Stechapfel, > Tollkirsche, > Tollkraut und Yohimbé (Rätsch 1988, 20). Most führt aus ärztlicher Sicht noch verschiedene Gewürzkräuter an, die sich zur Behandlung von nachlassender Potenz bzw. von Impotenz eignen, wie Zimtkassie, Muskatnuss, Ingwer, Senf, Schwarzer Pfeffer, Spanischer Pfeffer, > Rauschpfeffer (Piper methysticum), Salbei, Majoran, Basilikum, Thymian, Johannislauch (Allium ascalonicum), während er Zwiebeln, Sellerie, Petersilienwurzeln, gelbe Wurzeln, Rüben, Kastanien, Quitten und Hafer als empfehlenswerte Lebensmittel auflistet (Most, 19-22). Von den aufgezählten Pflanzen standen Alraune und Akonit einst auf der vom römischen Senat aufgestellten Liste der verbotenen venena, d. h. Zaubermittel (Plinius XXV, 95; XXVII, 2; XXIX, 23; Müller-Ebeling, 99).
Ebenso können tierische Stoffe eine Funktion als A. übernehmen, wie die Duftstoffe > Amber und > Moschus, Bibergeil und das Sekret der Zibetkatze, alles altbewährte Rohstoffe der bis vor wenigen Jahrzehnten noch mit überwiegend natürlichen Rohstoffen arbeitenden Parfümindustrie.
Viele aphrodisische Mittel werden als solche nicht nur wegen ihrer tatsächlich stärkenden, stimulierenden oder psychoaktiven Wirkung anerkannt, sondern auch wegen ihrer Form und ihres symbolischen Charakters, wie etwa Spargel, Granatapfel, > Aal, Kaviar und > Eier. So wurden in der Antike die hodenförmigen Wurzelknollen von Knabenkräutern (Orchis spp.) zur Herstellung von Liebestränken benutzt und werden in pulverisierter Form noch heute auf dem Ägyptischen Bazar in Istanbul angeboten (Müller-Ebeling, 157). Schlangenfleisch gilt in Südostasien als A., und den gleichen Ruf genießt frisch gepresster Schlangensaft in Japan. In fernöstlichen Kulturen sind außerdem Tigerknochen und -hoden beliebte Potenzmittel.
Als bestes A., nicht zur Verstärkung, sondern zur Erhaltung der Sexualkraft wie zur Behandlung von Impotenz, empfiehlt der Arzt Georg Most (Most, 21) eine gesunde Lebensweise.

Lit.: Most, Georg F.: Encyklopädie der Volksmedizin. Graz: ADEVA, 1984; Rätsch, Christian: Lexikon der Zauberpflanzen aus ethnologischer Sicht. Graz: ADEVA, 1988; Rätsch, Christian: Heilkräuter der Antike in Ägypten, Griechenland und Rom. Mythologie und Anwendung einst und heute. München: Eugen Diederichs, 1995; Rätsch, Christian: Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen. Aarau, CH: AT, 1998; Müller-Ebeling, Claudia u.a.: Hexenmedizin. Aarau, CH: AT, ²1999; Rätsch, Christian: Aphrodisiaka – Die Mysterien der Aphrodite, in: Franz-Theo Gottwald/Christian Rätsch (Hg.): Rituale des Heilens. Ethnomedizin, Naturerkenntnis und Heilkraft. Aarau, CH: AT, 2000, S. 139-151.
Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.