Anziehen des neuen Menschen

Die Aufforderung des Apostels Paulus im Epheserbrief: „Legt den alten Menschen ab, der in Verblendung und Begierde zugrunde geht, ändert euer früheres Leben, und erneuert euren Geist und Sinn! Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit“ (Eph 4,22-24) wurde in abgewandelter Bedeutung auch in das freimaurerische Ritual aufgenommen. So fordert der Frei­maurerbund von dem Suchenden, der in feierlicher Weise aufgenommen (eingeweiht) werden soll, dass er in einem festlichen (dunklen) Gewand erschei­ne. „Wie die alten Mysterienbünde, versinnbildlichen auch die Freimaurer die Verwandlung, die sie durch den Eintritt in den Bund zu erleben wünschen, durch das Kleid und durch gewisse Gemeinschaftsformen; freilich genügen ihnen wenige, sofort ins Geistige gewendete Andeutungen. Der Myste (ebenso der Suchende, Br[uder]) legt ein anderes, vom Alltagsgewand verschiedenes Kleid an und zieht damit symbolisch einen anderen Menschen (den ,neuen Adam‘) oder einen anderen Leib an.“ Der alte Leib stirbt oder er bleibt zurück; der „Reine und Ver­wandelte tritt über die heilige Schwelle. Nachher aber tritt der alte Mensch wieder in sein Recht. Der Alltag gewinnt seine Macht zurück; der Br. ist wieder ein unter das Joch der Notdurft gebeugtes Wesen“ (Lennhoff, S. 83). Der ethische Sinn des A. liegt für den Freimaurer darin, dass er sich der Sitte entsprechend zu den feier­lichen Anlässen der Zusammenkünfte festtäglich klei­den und dass er die symbolisierenden Abzeichen des Bundes anlegen soll. Im Tempel, bei der Arbeit er­scheint der Freimaurer als ein Mensch, dem ein wür­diges Gewand behilflich sein soll, um einen erhobenen Gemütszustand erfahren zu können (Lennhoff. ebd.).
Im Christentum hat A. hingegen die Bedeutung einer Wesenswandlung und nicht nur einer rituellen Funktionsgebarung.

Lit.: Lennhoff, Eugen: Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.
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