Antike Paranormologie

Paranormologische Erscheinungen gibt es seit den Frühzeiten der Menschheit. Schon in den ältesten Büchern der ersten Kulturvölker, wie Inder, Ägypter, Chaldäer und Chinesen, werden paranormale Phänomene meist verwoben mit magischen Vorstellungen und vielfach in legendärer Einkleidung erwähnt. Erste Erklärungsversuche finden wir dann in der griechischen Philosophie. > Pythagoras von Samos (6. Jh.) erklärte das Fortleben nach dem Tode mit der Reinkarnation, nach > Heraklit (536-490) steht die menschliche Vernunft mit der göttlichen in Verbindung und kennt daher die Entscheidungen der universalen Vernunft. Diese verkündet beim Schlaf der Seelen ohne Mithilfe der Sinne die Zukunft. > Demokrit (460-371) erklärt die Träume mit Bildern, die von allen Körpern ausgehen und in die Poren des Körpers der Schlafenden eindringen. Bei > Sokrates ist oft von seinem > Daimonion die Rede, der in jedem Menschen als Gottesfunke individuell wirkt und als Gottesstimme im Herzen vernehmbar wird. > Platon (427-347) spricht von einer „theia mania“, einer von Gott hervorgerufenen Ekstase, welche die Schranken von Raum und Zeit durchbricht. > Aristoteles (384-322) entwickelte u. a. zur Erklärung der telepathischen Träume eine Wellentheorie im Gegensatz zur Korpuskeltheorie des Demokrit. Insbesondere hat sich der Priester von Delphi, der Platoniker > Plutarch (46-125), mit den paranormalen Phänomenen befasst. Er spricht von einer Geistseele, die über dem Körper schwebt und durch eine Schnur mit diesem verbunden ist, betont die Bedeutung des Fastens, der Narkotika (der Dämpfe aus den pythischen Höhlen) zur Erzeugung ekstatischer Zustände bzw. von Trance und ist der Ansicht, dass die Seele in die Zukunft schauen könne.
Schließlich sei von den vielen anderen nur noch > Artemidoros von Daldis (um 100) erwähnt, der in seinem fünfbändigen Werk über den Traum, > Oneirocriticon (Traumklassifizierungen), dem einzigen erhaltenen Lehrbuch der Traumdeutung jener Epoche, zwischen prophetischen Träumen durch göttliche Inspiration und normalen Träumen unterscheidet.

Lit.: Tischner, Rudolf: Geschichte der Parapsychologie. Tittmoning: Pustet, 1960; Dodds, Erec Robertson: Die Griechen und das Irrationale. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1970; Artemidorus, Daldianus: Traumkunst. [Übers. von Friedrich S. Krauss. Neubearb. und mit einem Nachw. sowie Anm. vers. von Gerhard Löwe. Einl. von Fritz Jürss]. Leipzig: Reclam, 1991.
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