A. (griech. anér , Mann; gyné, Frau; Mannweib). Der Gedanke der Einheit von männlich und weiblich in Form eines mannweiblichen Doppelwesens entspringt einer frühen Stufe des mythischen Denkens und findet sich in allen Kulturen. Der Ursprung dieses Denkens ist unbekannt, dürfte jedoch in der Idee des Urmenschen als Doppelmensch zu finden sein. Es geht dabei um die Suche nach der ursprünglichen Einheit der beiden später einander suchenden Gegenpole, etwa in Form des Urriesen > Ymir (germanisch), des > Purusha (indisch), des > Gayomard (pers.); oder man denke an den orphischen Urgott > Phánes, an die Urwesen in der Euryximachos-Rede (Platons Symposion), an die hermaphroditische Statue in der Dandamis-Erzählung des Bardesanes.
Eines der ältesten Zeugnisse ist die von Aristophanes erzählte Geschichte in Platons Gastmahl, nämlich dass es früher neben Mann und Frau noch ein Drittes gab, von dem jetzt nur noch der Namen übrig sei. „Denn Mannweib war damals nicht bloß ein Namen, aus beidem, Mann und Weib, zusammengesetzt, sondern ein wirkliches ebenso gestaltetes Geschlecht.“ (Das Gastmahl 189 C-190 B)
In der > Alchemie oft irreführend als Hermaphrodit bezeichnet, dient der A. einerseits als Symbolbild für die > Materia prima, andererseits auch für den > Stein der Weisen, der die polaren Gegensätze auflöst (coincidentia oppositorum). Über die verschiedenen Systeme von > Gnosis, > Kabbala und > Astrologie drang der Gedanke, dass jede Schöpfung gewissermaßen eine Zeugung sei und daher eines männlichen und eines weiblichen Elements bedürfe, die anfänglich untrennbar verbunden waren und am Ende wieder ineinander aufgehen, in die Bilderwelt der Alchemie, der Esoterik und der Astrologie ein und findet heute im Rückgriff auf diese Bilderwelt zur Ausgestaltung des Wassermannzeitalters eine neue Blüte. Der A. wird durch die Aufhebung der Gegensätze und der Bündelung der Energie zum Symbol des ewigen Jungbrunnens als Flucht vor Zeitlichkeit und Endlichkeit.
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