Allogenes

Eindeutig sethianische Schrift, die nur fragmentarisch überliefert ist. Außer der Version im Nag-Hammadi-Codex (NHC XI, 3), die in der Bibel der Häretiker, der ersten deutschen Gesamtübersetzung der im Dezember 1945 entdeckten > Nag-Hammadi-Texte, nun auch deutsch vorliegt, gibt es keine Schrift dieses Namens. Darin ist von Offenbarungen an einen gewissen Allogenes und dessen Reaktionen darauf sowie über die Ausführung des Auftrags und einen Auftrag des Allogenes an Messos die Rede. Es gibt jedoch bei Epiphanius einen Hinweis auf von > Sethianern oder > Archontikern gebrauchte Bücher, die Allogeneis heißen. Auch Porphyrius erwähnt in seiner Lebensbeschreibung des Plotin Apokalypsen des Allogenes und > Messos.
Der Name des pseudonymen Verfassers Allogenes bedeutet „der Fremde“. Diese Bezeichnung ist eine Selbstbenennung der sethianischen Gnostiker, denen auch die „Drei Stelen des Seth“ der Nag-Hammadi-Schriften zugerechnet werden, wobei besonders zu Allogenes, Zostr und Mars Entsprechungen bestehen (z. B. das Fehlen des gnostischen Dualismus). Der sethianische Charakter dieser Schrift ist schon an der zentralen Bedeutung des > Seth offensichtlich, der Gen 4, 25ff. zufolge nach dem verhängnisvollen Konflikt zwischen Kain und Abel ein neues Geschlecht begründet, das in der sethianischen Gnosis mit dem gnostischen Geschlecht gleichgesetzt wird. Aber auch die typisch sethianische Terminologie ist anzutreffen: lebendiges und nicht wankendes Geschlecht, ekstatische Entrückung als Voraussetzung für die Offenbarungsmitteilung.
Die Schrift selbst stammt aus dem 3. Jh., gehört zu den gnostischen Apokalypsen und enthält den Ich-Bericht eines Offenbarungsempfängers. Allogenes berichtet von seinem Aufstieg in himmlische Sphären, in denen er Erkenntnis über sich selbst und die göttliche Ordnung erhält. Durch die Niederschrift des empfangenen Wissens in Büchern für die Würdigen, die nach ihm kommen, wird er selbst zum Vorbild des Aufstiegs. Nach hundertjährigem Erwägen der empfangenen Offenbarungen wird er schließlich aus dem Körper in himmlische Sphären entrückt und empfängt eine fast hymnenartige Offenbarung über den Unbekannten. Nach empfangener Belehrung schreibt er seine Offenbarungen auf und beauftragt Messos, seine empfangene Botschaft weiter zu verkünden.

Lit.: Bibel der Häretiker: die gnostischen Schriften aus Nag Hammadi/eingeleitet, übers. und kommentiert von Gerd Lüdemann und Martina Janßen. Stuttgart: Radius, 1997.

Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.