Heinrich Cornelius, *14.09.1486 in Köln, † 18.02.1535 in Grenoble; deutscher Gelehrter, Arzt, Jurist, Kulturhistoriker, Theologe, Astrologe und Philosoph. A. schloss sein Studium an der Kölner Artistenfakultät (1499-1502) zunächst mit dem Magister artium ab und soll nach eigenen Angaben auch den Doktortitel sowohl der Rechtswissenschaft als auch der Medizin erworben haben. Sein Leben war äußerst bewegt und führte ihn nach Paris, Dôle, London, Metz, Genf, Fribourg, Antwerpen, Mecheln, Pisa, Pavia, Turin, Rom, Würzburg, Bonn und zwischendurch immer wieder nach Köln. Im Alter von 20 Jahren gründete er in Paris eine Gesellschaft zum Studium und zur Anwendung der geheimen Wissenschaften, die auch in Deutschland Anhänger fand und deren Mitglieder er finanziell belastete, so dass er nach Oberitalien und Spanien flüchten musste. 1509 las er dann vorübergehend an der burgundischen Universität Dôle über das mystisch-kabbalistische „Verbum mirificum“ des Johannes > Reuchlin. 1510 hielt er sich in geheimer Mission in England und im Kloster St. Jakob in der Vorstadt von Würzburg beim „Zauberabt“ > Johannes Trithemius (eigtl. Johannes Heidenberg; 1462-1516) auf, der ihm manches in geheimen Künsten beigebracht und zur Abfassung der drei Bücher von De occulta philosophia angeregt habe. Das Werk lehrt eine platonisch-christliche Theosophie.
Ab 1511 war A. in Italien, wo er als Theologe am Konzil von Pavia teilnahm. 1512 wurde er wegen Tapferkeit im Heer des Kaisers Maximilian I. zum Ritter, Eques auratus, geschlagen. In diesem Jahr erlangte er den Dr. jur. et med. und lehrte an der Universität von Pavia. 1513 lobte ihn Papst Leo X. (1513-1521) in einem Brief vom 12. Juli wegen seines Eifers um den Apostolischen Stuhl. 1515 hielt er in Pavia Vorlesungen über > Hermes Trismegistos. 1518-1520 war er Rechtsrat der Freien Reichsstadt Metz und kehrte dann nach Köln zurück. Als 1521 seine erste Frau starb, zog er nach Genf und arbeitete dort als Stadtarzt, dann 1523/24 in Fribourg, wo er sich neuerlich vermählte. 1524 wurde er Leibarzt von Louise von Savoyen, der Mutter des französischen Königs Franz I., in Lyon, fiel jedoch in Ungnade, weil er keine politischen Horoskope stellen wollte. 1528 erlangte er als Seuchenarzt in Antwerpen den Ruf eines Wunderdoktors; seine Frau starb allerdings an der pestartigen Seuche. 1529 wurde A. in Mecheln kaiserlicher Historiograph am Hof Margaretes von Österreich, Stadthalterin der Niederlande, doch zwang ihn die theologische Fakultät Löwen, seine Stellung in Mecheln schon nach einem Jahr aufzugeben. 1531 erschien zu Antwerpen De occulta philosophia. 1531 kam er in das Brüsseler Schuldgefängnis, aus dem er entfloh. Daraufhin ging er 1532 nach Köln und besuchte den Erzbischof von Trier, Herrmann Graf zu Wied, dem er das Werk De occulta philosophia gewidmet hatte, welches 1533 in erweiterter und verbesserter Auflage in Köln herauskam. Anschließend ging A. nach Bonn. Dort ließ sich Johannes > Weyer (1515-1588) aus Grave bei Kleve von ihm für das Studium der Medizin vorbereiten, der A. gegen die Anschuldigungen als Teufelsbündler verteidigte (De Praestigiis daemonum, II, cap. 5). 1535 trennte sich A. von seiner dritten, zu Mecheln geheirateten Gattin und zog nach Lyon, wo er verhaftet, aber von Freunden aus der Haft befreit wurde. Er starb kurz darauf, wohl noch im selben Jahr, in Grenoble, und hinterließ 7 Kinder.
A. war ein Mann von vielseitigem Wissen, großer Sprachbegabung und geistiger Eigenart in der Übergangszeit zwischen Mittelalter und Reformation. In seinem wechselvollen Wanderleben als Jurist, Theologe, Mediziner und kabbalistischer Philosoph bekämpfte er Bilder- und Reliquiendienst, die Heiligenverehrung, Prozessionen und Wallfahrten, die Herrschsucht des Klerus, die Spitzfindigkeit der Theologen und die Mönchsorden als Abschaum der Menschheit. Er forderte die Rückkehr zur Heiligen Schrift und zum einfachen Christusglauben, lehnte aber die Reformation Martin Luthers ab.
A. scheint auch paranormale Begabungen besessen zu haben. So spricht er von telepathischen Erlebnissen bei sich wie bei Trithemius und vertritt die Ansicht, dass „Imagination und denkende Kraft“ bei einigen Menschen so stark ausgeprägt seien, dass sie andere Personen über ihre Gedanken und Wünsche sogar auf große Entfernung unterrichten könnten. Die Anerkennung von > Hellsehen und > Präkognition als Tatsachen übernimmt er von > Synesius. A. anerkennt auch psychokinetische Effekte: „Der Körper ist der Bewirkung durch eine fremde Seele nicht minder unterworfen als der durch einen fremden Körper“ (De occ. phil. I c 66). > Spuk und > Geistererscheinungen entstehen durch Gedankenkonzentration, und die ruhelosen Seelen schlechter Menschen – hier klingt Platon an – können als idolum erscheinen. Auf A. geht der Begriff > Okkultismus zurück.
A.s Hauptwerk, De occulta philosophia (Über die verborgene Philosophie), das zuerst 1510, seinem Lehrer Johannes Trithemius gewidmet, dann in überarbeiteter Ausgabe 1531 erschien, ist das erste systematische Werk über die abendländische Magie. Grundlage für dieses kompilatorische Werk sind die Physik des > Aristoteles, die Astronomie des > Ptolemäus, die Lehren des > Christentums, des > Neuplatonismus, der > Hermetik, > Alchemie, > Astrologie, > Zahlenmystik und > Kabbala, alles zu einer einheitlichen Kosmologie verwoben, die das christliche Gedankengut immer wieder durchscheinen lässt. A. geht von einer dreifachen Welt, mundus triplex, aus, d. h. einer elementar-irdischen (Welt der Elemente), einer astral-himmlischen (Welt der Gestirne) und einer alles umfassenden göttlich-intelligiblen Welt (Welt der > Engel bzw. > Geister). Alle drei Weltenbereiche sind durchdrungen von wirkenden Kräften, virtutes, die in Physik, Mathematik und Theologie wissenschaftlich erfasst werden können. Das Kräftespiel entspricht drei Bereichen der > Magie: auf unterster Ebene der > natürlichen Magie, im mittleren Bereich der himmlischen und auf höchstem Niveau der religiösen Magie. Das diese Kräfte in ihren Bereichen verbindende Band ist auf der irdischen Ebene die > Weltseele (Quinta essentia), in himmlischer Sphäre der > Weltgeist (Spiritus mundi), während Gott über allem steht. Auch die > Sefirot-Lehre fand Eingang in sein Weltbild. Die Namen Gottes sind Ausstrahlungen seiner Macht.
Der Mensch hat Anteil an drei Welten: der Welt der Elemente, der Welt der Gestirne und der Welt der Geister. Um in den Besitz der höheren Welt zu gelangen, bedarf er der Magie. Alle magischen Wirkungen beruhen auf zwei Gesetzen: 1. Höheres und Niedrigeres beeinflussen sich gegenseitig, wobei das Höhere stärkere Wirkung ausübt. 2. Auf gleicher Stufe Stehendes beeinflusst sich ebenfalls wechselseitig und zieht sich gegenseitig an. Die Aufgabe des Magiers ist es nun, die Kräfte der unterschiedlichen Ebenen miteinander zu verbinden. „Die magischen Handlungen sollten keine geheimen Künste sein, sondern natürliche Anwendungen jener [oben genannten] Wissenschaften“ (Lehmann, 202). In einem Brief an Aurelius Aquapendente betont A., dass wir die Ursachen der magischen Wirkungen niemals im Außen suchen sollen: „In uns ist das wirkende Wesen, welches alles ohne Beleidigung Gottes und der Religion erkennt und vollbringt […]. Ich sage: in uns ist der Urheber jener Wunderdinge“ (Lehmann, 425). Ein Magier sei eben nicht ein Hexer oder Abergläubischer, sondern ein Priester und Prophet, ein Weiser. Das Werk ist teilweise mit Absicht verschlüsselt geschrieben. Auf diese Weise sollen gewisse Geheimnisse dem schlechten und ungläubigen Leser verborgen bleiben, die der Kluge und Verständige jedoch herauslesen könne.
Sein zweites bedeutendes Werk, das „Über die Unsicherheit und Eitelkeit der Wissenschaften und Künste“ berichtet, zeigt die Unstimmigkeiten der etablierten wissenschaftlichen Lehrmeinungen auf, auch die der > Alchemie, und erschien 1530 unter dem lat. Titel De incertitudine et vanitate scientiarum atque artium declamatio invectiva. Es gilt als „Summa“ seiner Lebenserfahrungen (Müller-Jahncke, 18), steht jedoch in krassem Gegensatz zu seinem Erstwerk. Das von Skeptizismus und Agnostizismus geprägte Werk verweist auf einen religiösen Positivismus, der Gottes Wort als den einzigen Weg zur Wahrheit aufzeigt. Seinen > Okkultismus versteht A. wohl als christlichen Humanismus (Goldammer, 120f.).
Als Schüler des A. gelten neben Johannes > Weyer, dem großen Feind der Hexenverfolgung, im weiteren Sinne auch Giordano > Bruno und > Goethe. Die Persönlichkeit Agrippas hat beim Entwurf des Magiers im Faust Pate gestanden, und auch der dort erwähnte Pudel findet offenbar seinen Vorläufer in dem A. von Paul Jovius zugeschriebenen schwarzen Pudel, einer Art bösartigem > Familiargeist, den A. für sein ganzes Unglück verantwortlich gemacht haben soll (Biedermann).
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