Aborigines

Als A. (lat. ab origine) werden die Ureinwohner eines Landes vor dessen Besiedlung durch Ausländer bezeichnet, bes. in Australien. Nach archäologischen Befunden kamen die dortigen Ureinwohner wahrscheinlich vor mindestens 50.000 Jahren aus dem südostasiatischen Raum nach Australien. Zum Zeitpunkt der Landnahme durch J. Cook, 1770, sollen etwa 350.000 Aborigines mit etwa 250 Sprachen dort gelebt haben.
Die migrative Lebensweise basierte auf einer Jäger- und Sammlerökonomie, die sich bis heute in ihrem Weltbild niederschlägt, das von ideellen Fähigkeiten getragen wird. So gilt nach den Aranda und anderen Gruppen Zentralaustraliens die Erde als unerschaffen und zeitlos. Am Anfang war sie eine kahle Ebene ohne Gestalt und Leben. Dann tauchte eine große Zahl von übernatürlichen Wesen, die Totemvorfahren, aus ihrem immerwährenden Schlaf unter der Oberfläche dieser Ebene auf. Jedes von ihnen war mit einem bestimmten Tier oder einer Pflanze verbunden. Mit ihrer Schöpfungskraft gestalteten sie die Erde. So sind Berge, Hügel und Flüsse Zeichen der Taten der Totemvorfahren. Die Mythen der Aborigines befassen sich mit allen Orten, an denen die Totemvorfahren gewirkt hatten.
Von besonderer Bedeutung ist bei den Aranda das Wort „altjira“ in der Bedeutung von „ewig, unerschaffen“. Sie verbinden damit die Vorstellung einer Welt, die in der Ewigkeit begonnen hat, deren Ende aber nicht absehbar ist. In dieser
Ewigen Traumzeit, der Zeit der Schöpfung vor langem, die bis in die Gegenwart geführt werden kann, vermag der Eingeweihte bewusst die Kräfte der außersinnlichen Erfahrung zu verwenden. Einen besonderen Stellenwert nimmt dabei die Kontemplation ein, in der Raum und Zeit überschritten und telepathische Fähigkeiten entfaltet werden. So kann der Eingeweihte während einer Unterredung in einen tranceähnlichen Zustand treten und wenige Minuten später Namen von Personen nennen, die demnächst auftauchen oder schon gestorben sind. Die > Trance hat zudem eine besondere Bedeutung für die Entfaltung des Eingeweihten, insbesondere der > Medizinmänner, die aus den Reihen jener jungen Männer ausgesucht werden, die besonders leicht in Trance geraten und Erscheinungen haben. All diese außergewöhnlichen Fähigkeiten und Zustände sind gekennzeichnet durch das Einssein mit dem Universum, einer überwältigenden Trance, Liebe und Innerlichkeit. In diesem Zusammenhang zeigten auch Telepathieexperimente eine hohe Signifikanz, während Psychokineseexperimente im Bereich des Zufalls blieben.
Neben diesen besonderen Fähigkeiten gibt es bei den Aborigines einen intensiven Glauben an > Magie. Jemand, der aus nicht erkennbarem Grund krank wird oder stirbt, muss ein Opfer > Schwarzer Magie geworden sein, die auf mehrere Arten praktiziert werden kann.
Schließlich ist noch darauf zu verweisen, dass die Geheimgesellschaft „Aborigines“, die um das Jahr 1783 in England bestand und deren Einweihungsriten im British Magazine des gleichen Jahres beschrieben wurden, mit den Ureinwohnern Australiens nichts zu tun hat.

Lit.: Rose, Ronald: Psi and Australian Aborigines, in: Journal of the American Society for Psychical Research 46 (1952), 17-58; Hough, Michael: The psychic and mystical experiences of the Aborigines, in: Australian Institute of Psychic Research (AIPR) Bulletin 8 (1986), 1-7, 6 figs., 45 refs.; Narogin, Mudrooroo: Die Welt der Aborigines: das Lexikon zur Mythologie der australischen Ureinwohner. Aus dem Engl. von Wolf Koehler. München: Goldmann, 1996; Ronald M.; Catherine H. Berndt: The World of the First Australians: Aboriginal Traditional Life Past and Present. Canberra, ACT: Aboriginal Studies Press, 1996; Lennhoff, Eugen; Posner, Oskar; Binder, Dieter A.: Internationales Freimaurerlexikon. Überarb. u. erw. Neuaufl. d. Ausg. v. 1932. München: Herbig, 2000.
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