Abbinden

In der Chirurgie zur Bezeichnung eines künstlichen Drosselns der Blutzufuhr zur Peripherie durch starkes Abschnüren verwendet, hat es im Volksbrauch die verschiedensten Bedeutungen: Abbinden von Warzen mit einem Faden oder einem Rosshaar zur Entfernung derselben (Hovorka / Kronfeld 2, 829); Abbinden von Krankheiten, bei denen eine mechanische Abschnürung nicht möglich ist, durch Umbinden eines kranken Körperteils, etwa des verrenkten Fußes oder der verkrampften Beine, zur Befreiung von Schmerzen. Nasenbluten soll aufhören, nachdem man den kleinen Finger der linken Hand mit einem Faden umwickelt hat (Köhler, 350). Wunden werden durch Gebetssprüche abgebunden, wie dem dreimaligen Spruch: „Die Wunde verbinde ich in drei Namen †††“, dann fährt man mit dem Faden dreimal um die Wunde herum (Seyfahrt, 223). Hier bekommt das Binden die Bedeutung von > Bannen. So werden als Abbinden auch Heilhandlungen bezeichnet, die mit dem künstlichen Abschnüren nichts mehr zu tun haben – wenn etwa der Fieberkranke mit einem Strohseil das Fieber an einen Baum bindet (Hovorka / Kronfeld 2, 878).

Lit.: Wolf, J. W.: Beiträge zur deutschen Mythologie. 2. Bd. Göttingen und Leipzig, 1857; August, E.: Volksbrauch, Aberglauben, Sagen. Leipzig, 1867; Hovorka, O. v.; Kronfeld, A.: Vergleichende Volksmedizin. 2. Bd. Stuttgart, 1909; Köhler, J.; Seyfahrt, C.: Aberglaube und Zauberei. Leipzig, 1913.
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