Andreas Resch: Antonius von der hl. Anna Galvao de Franca

ANTONIUS VON DER
HL. ANNA GALVÃO
DI FRANÇA
(1739-1822)

PROFESSPRIESTER
DES ORDENS DER
UNBESCHUHTEN FRANZISKANER

GRÜNDER
DES KLOSTERS DER KONZEPTIONISTINNEN
“RECOLHIMENTO
DA LUZ”

Heilig: 11. Mai 2007
Fest: 23. Dezember

ANTONIUS VON DER HL. ANNA GALVÃO DI FRANÇA wurde 1739 in Guaratinguetá im brasilianischen Staat São Paulo, damals Diözese Rio de Janeiro, geboren. Mit der Gründung der Diözese São Paulo 1745 lebte Galvão praktisch ausschließlich in dieser Diözese.

Das familiäre Umfeld war tief christlich. Der Vater, Antonius Galvão de França, ehemals Hauptmann der Stadtmiliz, gehörte dem Dritten Orden des hl. Franziskus und des Karmel an, war Kaufmann und für seine besondere Großzügigkeit bekannt. Die Mutter, Izabel Leite de Barros, die elf Kinder ihr eigen nannte, engagierte sich vor allem im karitativen Bereich.

Antonius lebte mit seinen Geschwistern in einem geräumigen und luxuriösen Haus. Die Eltern genossen hohes gesellschaftliches Ansehen und hatten auch politisch einen gewissen Einfluss. Um Antonius eine seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten entsprechende Ausbildung zu vermitteln, schickte ihn der Vater im Alter von 13 Jahren in das Seminar der Jesuiten nach Belém (Bahia), wo sich schon sein Bruder José befand. Er blieb dort von 1752 bis 1756 und machte sowohl beim Studium als auch in der christlichen Lebenspraxis beachtliche Fortschritte. Schließlich wollte Antonius bei den Jesuiten eintreten, doch der Vater, der über das jesuitenfeindliche Klima, das sich unter der Regierung des Marchés von Pombal breitgemacht hatte, besorgt war, riet ihm davon ab und schlug ihm vor, stattdessen zu den vom hl. Petrus von Alcántara reformierten Unbeschuhten Franziskanern zu gehen, welche die Nachbarpfarre von Taubaté seelsorglich betreuten.

Am 15. April 1760 begann er mit 21 Jahren im Konvent des hl. Bonaventura im Dorf Macacu in Rio de Janeiro das Noviziat, wo er durch Einsatz und Frömmigkeit auffiel. Nach Beendigung des Noviziats legte er am 16. April 1761 die feierliche Profess ab und wurde kaum ein Jahr später, am 11. Juli 1762, zur Priesterweihe zugelassen, weil die Oberen die bis dahin absolvierten theologischen Studien für ausreichend hielten. Dieses Privileg war auch ein deutliches Zeichen des Vertrauens, das diese dem jungen Kleriker entgegenbrachten. Nach der Priesterweihe wurde Antonius in den Konvent des hl. Franziskus nach São Paulo versetzt, um sich dort in Philosophie und Theologie sowie für das Apostolat weiterzubilden. Seine franziskanisch-marianisch geprägte spirituelle Reife fand ihren höchsten Ausdruck in „Entrega a Maria“ als ihr „Sohn und immerwährender Diener“, unterzeichnet mit dem eigenen Blut am 9. November 1766.

Nach Abschluss der Studien 1768 wurde Galvão de França zum Prediger und Beichtvater der Weltpriester und zum Pförtner des Konvents ernannt. Letztere Aufgabe erachtete man als sehr wichtig, weil der Kontakt mit dem Volk die Möglichkeit der Seelsorge, des Zuhörens und der Beratung bot. Antonius war ein gefragter und geschätzter Beichtvater und machte sich, wenn er gerufen wurde, oft auch zu Fuß auf den Weg in entlegene Ortschaften.

Von 1769-1770 wurde er durch einen Akt der Vorsehung zum Beichtvater eines „Recolhimento“ (Rekollektionshaus) frommer Frauen ernannt, der Recolhidas de Santa Teresa in São Paulo. Hier begegnete er Sr. Helena Maria do Espírito Santo, einer großen Beterin und Büßerin und Observantin des Gemeinschaftslebens, die behauptete, Visionen zu haben, in denen Jesus von ihr die Gründung eines neuen Recolhimento verlangte. P. Galvão als ihr Beichtvater hörte sich ihre Botschaften an, studierte sie und holte das Urteil weiser Personen ein, die sie für echt und übernatürlichen Ursprungs hielten.

Die Gründung erfolgte am 2. Februar 1774 unter dem Namen Recolhimento de Nossa Senhora da Coneição da Luz da Divina Providẻncia. Anfangs war das Recolhimento keine religiöse Einrichtung, wenngleich ein Haus der Einkehr, wo sich fromme Mädchen versammelten, um wie Ordensschwestern zu leben, jedoch ohne Ablegung der Gelübde. Dies deshalb, weil die Regierung Pombal Neugründungen und neuen religiösen Kongregationen ablehnend gegenüberstand. Für jede Entscheidung im religiösen Bereich bedurfte es des placet regio. Sr. Helena hätte das neue Recolhimento gerne nach dem Modell des Karmeliterordens gestaltet, doch der neue Bischof von São Paulo, ein Franziskaner und eifriger Marienverehrer, wollte, dass man sich an den von Papst Julius II. 1511 approbierten Konzeptionistinnen orientierte. So wurde P. Galvão mit Hilfe anderer Mitbrüder zum Initiator einer Einrichtung, die auch heute noch besteht. Am 23. Februar 1775 starb Sr. Helena ganz plötzlich und P. Galvão war nunmehr die einzige Stütze der „Recolhidas“. Er machte dies in Demut und mit großer Umsicht.

In der Zwischenzeit zog der neue General-Hauptmann von São Paulo, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger ein unflexibler Mann war, die dem Recolhimento gewährte Erlaubnis zurück und befahl dessen Schließung. P. Galvão nahm dies im Vertrauen an und auch die „Recolhidas“ gehorchten, verblieben jedoch weiterhin im Haus und leisteten bis an die Grenzen ihrer physischen Kräfte Widerstand. Einen Monat später wurde das Recolhimento, nicht zuletzt auf Druck der Bevölkerung und des Bischofs, wieder geöffnet.

Vierzehn Jahre lang (1774-1788) trug P. Antonius Galvão Sorge für die Errichtung des „Recolhimento“. Weitere 14 Jahre (1788-1802) widmete er sich dem Bau der Kirche des „Recolhimento“, die am 15. August 1802 eingeweiht wurde. 1988 wurde dieses Werk auf Erlass der Unesco zum „Kulturerbe der Menschheit“ erklärt.

Neben den baulichen und anderen speziellen Aufgaben innerhalb und außerhalb des Franziskanerordens war P. Galvão sehr auf die Ausbildung der „Recolhidas“ bedacht und erstellte deren Regel. Später fügte der Bischof von São Paulo dieser noch hinzu, dass die „Recolhidas“ für die Zeit ihres Verbleibs im Kloster gültige Gelübde ablegen konnten; erst 1929 wurde das „Recolhimento“ dem Orden von der Unbefleckten Empfängnis eingegliedert.

Das Leben lief ruhig dahin und trug reiche spirituelle Frucht, doch wurde P. Galvão vom General-Hauptmann ins Exil geschickt. Dieser, ein gewalttätiger Mensch, hatte in Verteidigung seines Sohnes, der geringfügig beleidigt worden war, einen Soldaten zum Tod verurteilt. Da Galvão den Soldaten verteidigte, wurde er entfernt und kam nach Rio de Janeiro ins Exil. Das Volk protestierte jedoch gegen das ungerechte Vorgehen und die Weisung wurde zurückgenommen.

1781 ernannte man P. Galvão zum Novizenmeister von Macacu a Rio de Janeiro, doch wurde die Ernennung auf Drängen des Diözesanbischofs wieder zurückgezogen. 1798 wurde P. Galvão zum Guardian des Konvents S. Francisco in São Paulo ernannt und 1801 wiedergewählt. Diese Ernennung rief bei den „Recolhidas da Luz“ Verwirrung hervor. Zur Sorge der Schwestern kam noch jene des Senats der Kammer von São Paulo und des Bischofs der Stadt, die dem Provinzial mitteilten, dass die Einwohner der Stadt sich auch nicht einmal nur einen Augenblick lang mit der Abwesenheit des Paters abfinden könnten. Dieser sei nicht nur für die „Recolhidas da Luz“ von eminenter Wichtigkeit, sondern auch äußerst wertvoll für die ganze Stadt und die Dörfer der Stadthauptmannschaft von S. Paulo. Er sei ein sehr religiöser Mann und kluger Ratgeber und alle würden sich an ihn wenden, um Rat und Stärkung zu erfahren; er sei ein Mann des Friedens und der Nächstenliebe. Dank der Briefe wurde P. Galvão ein vorbildlicher P. Guardian, ohne die geistliche Führung seiner „Recolhidas“ und des Volkes von São Paulo aufgeben zu müssen.

1802 erhielt er den Auftrag eines Definitors der Provinz „Unbefleckte Empfängnis“ und 1808 wurden ihm aufgrund der Wertschätzung, die er im Orden genoss, die Aufgaben des Generalvisitators und des Kapitelpräsidenten anvertraut. Leider musste er aus gesundheitlichen Gründen darauf verzichten.

1811 gründete P. Galvão auf Ersuchen des Bischofs von São Paulo auch das „Recolhimento von S. Chiara in Sorocaba“. Dort blieb er ca. elf Monate, um die Kommunität zu organisieren und die Arbeiten zum Bau des Exerzitienhauses zu leiten. Dann kehrte er nach S. Paulo zurück, wo er noch 10 Jahre lebte.

Als es seine Kräfte nicht mehr zuließen, täglich zwischen dem Konvent S. Francisco und dem Recolhimento zu pendeln, erhielt er von den Oberen die Erlaubnis, sich in unmittelbarer Umgebung seines Werkes niederzulassen. So wohnte er in einem der drei kleinen Zimmer des Recolhimento. Während seiner letzten Krankheit übersiedelte P. Antonius auf Drängen der Schwestern, die ihm etwas mehr Bequemlichkeit verschaffen wollten, in eine kleine Kammer hinter dem Tabernakel, das „Herzstück der Kirche“.

Gestärkt durch die Sakramente und im Kreise seiner Mitbrüder beschloss P. Galvão am 23. Dezember 1822 sein irdisches Dasein. Die sterblichen Überreste wurden auf Wunsch der Schwestern und der Bevölkerung in der Kirche „Nossa Senhora da Luz“ in der Avenida Tiradentes, 676, São Paulo, Brasilien, beigesetzt. Sein Grab war seitdem ein permanentes Ziel von Wallfahrern und ist dies bis heute geblieben. Die bezeugten Gnadenerweise und die auf seine Fürsprache hin gewirkten Wunder sind ungezählt.

Am 11. Mai 2007 wurde Antonius Galvão von Papst Benedikt XVI. heiliggesprochen, nachdem ihn Papst Johannes Paul II. am 25. Oktober 1998 seliggesprochen hatte.


RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Benedikts XVI. 2005 – 2012. Innsbruck: Resch, 2013, XII, 204 S., 48 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-096-4, Ln, EUR 25.90 [D], 26.60 [A]

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