Andreas Resch: Zyprian Michael Iwene Tansi


ZYPRIAN MICHAEL IWENE TANSI
(1903-1964)

PROFESSPRIESTER
DES ORDENS DER ZISTERZIENSER DER
STRENGEN OBSERVANZ
(TRAPPISTEN)

Selig: 22. März 1998
Fest: 20. Januar

ZYPRIAN MICHAEL IWENE TANSI wurde 1903 in Igboezunu, in der Nähe der antiken Stadt Aguleri, in Südnigeria geboren. Seine Eltern, die Bauersleute Tabansi und Ejikwevi, waren Anhänger der traditionellen Religion der Ibo. Sie gaben dem Kleinen den Namen Iwene und unterstellten ihn damit, den Gepflogenheiten entsprechend, dem Schutz der Gottheit Ikenga. Aus Iwenes früher Kindheit ist so gut wie nichts bekannt, weil man aus der Zeit zwischen 1903 und 1912 über keinerlei Dokumente, sondern lediglich über gesammelte Notizen verfügt, die entweder durch Iwene selbst oder durch glaubwürdige Zeugen mündlich tradiert wurden.

Da im Volk der starke Wunsch verankert war, den Kindern eine Ausbildung zukommen zu lassen, vor allem, um sie der Herrschaft der europäischen Kolonialherren zu entziehen, wurde Iwene von den Eltern bereits mit sechs Jahren in ein christliches Dorf namens Nduka nach Aguleri geschickt, in das Haus einer Tante mütterlicherseits, deren Sohn, Robert Orekie, Christ und Lehrer in der Missionsschule war. Der Schulunterricht basierte damals auf der Initiative von Missionaren. Die Missionare der Kongregation vom Heiligen Geist waren es auch, die 1890 die erste Glaubensbotschaft in dieser Gegend verkündet hatten.

1912 wurde Iwene im Alter von neun Jahren auf den Namen Michael getauft. Von diesem Zeitpunkt an gibt es auch die ersten Zeugenaussagen zu seiner Person. Seine Altersgenossen beschreiben ihn als fleißigen Jungen mit einer frühzeitig entwickelten Persönlichkeit. 1913 übersiedelte Iwene mit seinem Cousin Robert nach Onitsha, wo er sich in die Primary School Holy Trinity einschrieb und 1919 mit Vorzug das Diplom First school leaving certificate machte, eine Art Lehrbefähigungsprüfung. Schon im Folgejahr wurde er eingeladen, an der genannten Schule in Onitsha zu unterrichten. 1924 kehrte er nach Aguleri zurück, wo er das Amt des Direktors der St. Joseph-School übernahm, während in ihm die Berufung zum Priestertum zu reifen begann.

Nachdem er die Widerstände der Verwandtschaft durch Beharrlichkeit überwunden hatte, trat er 1925 im Alter von 22 Jahren in das Seminar St. Paul in Igbariam ein. Es war die erste Berufung eines Einheimischen in dieser Region. 1932 war das Vertrauen in ihn bereits so gewachsen, dass er im Training College das Amt des Ökonomen erhielt. Nach Beendigung des Philosophiestudiums absolvierte er in den Jahren 1933/34 eine Probezeit in Umulumgbe (Eke). Es folgte ein Theologiestudium, und am 19. Dezember 1937 wurde Tansi in der Kathedrale von Onitsha zum Priester geweiht.

Iwene Tansi war der zweite einheimische Priester in der Diözese Onitsha und der erste im Gebiet von Aguleri. Bereits 1937 begann seine intensive pastorale Arbeit, die er 1938 als Kaplan in der Pfarrei von Nnewi fortsetzte. 1939 wurde er zum Pfarrer von Dunukofia (Umudioka) ernannt, einer kurz zuvor in diesem weiten Gebiet gegründeten Pfarrei, die großteils noch der traditionellen Religion anhing. Tansi arbeitete mit viel Einsatz. Sein Bemühen, sowohl auf der Ebene einer überzeugenden theoretischen Katechese als auch durch eine grundlegende Änderung der Gewohnheiten in getreuer Übereinstimmung mit der christlichen Moral sowie durch das Beispiel eines authentischen Lebens kraft des Gebets und der Sakramente das Evangelium der Erlösung zu verbreiten, kannte keine Grenzen. So gelang es ihm, den negativen Mythos von einem „Wald der Verdammnis“ zu zerstreuen, der das Gewissen und den Familienfrieden belastete. Erfolgreich bekämpfte er einige unmoralische Gebräuche, allen voran die zügellosen „Maskenfeste“, und die verbreitete Unsitte des vorehelichen Konkubinats, indem er in den verschiedenen Dörfern „Ehevorbereitungszentren“ einrichtete.

Für präventive Zwecke und zur Formation der Jugend gründete er mit überraschendem Erfolg die „Legio Mariae“. Mittels Fahrrad oder zu Fuß begab er sich von einem Dorf zum andern, erteilte Katechesen und widmete sich stundenlang, oft bis spät in die Nacht hinein, dem Beichthören.

In diesem Arbeitsrhythmus entstanden in den sechs Jahren seines Apostolats im Gebiet von Umudioka verschiedene Gebets- und Katechesezentren, die später in Pfarreien umgewandelt wurden. Mit ebensolchem Einsatz förderte und pflegte er Berufungen zu Priestertum und Ordensstand und sicherte damit der Pfarre von Dunukofia den diözesanen Primat bei Berufungen. Tansi behielt seinen Arbeitsrhythmus auch als Pfarrer von Akpu in den Jahren 1945 – 1949 und von Aguleri 1949/50 bei. Dort erwies sich sein Wirken als besonders gewinnbringend für die Menschen und für ihn selbst.

Tatsächlich aber verspürte er inmitten seiner seelsorglichen Arbeit schon seit geraumer Zeit das Verlangen, sich von der Welt zurückzuziehen und der Kontemplation zu widmen. Anlässlich eines Einkehrtages für den Klerus 1949 / 50 äußerte der Bischof den Wunsch, der eine oder andere seiner Priester möge sich dem mönchischen Leben verschreiben, um später den Samen des kontemplativen Lebens in die Diözese zu tragen. Tansi verstand diese Botschaft als Antwort auf sein schon lange gehegtes Vorhaben und erklärte sich dazu bereit. Der Bischof nahm sofort Kontakt mit der Abtei der Trappisten von Mount St. Bernard in der englischen Grafschaft Leicester auf, während Tansi im Stillen seinen Umzug vorbereitete. 1950 pilgerte er aus Anlass des Heiligen Jahres nach Rom und von dort ging es weiter nach England, wo er am 2. Juli 1950 in das Trappistenkloster von Mount St. Bernard aufgenommen wurde. Dort blieb er zweieinhalb Jahre als Oblate, bis er am 7. Dezember 1952, dem Vorabend von Maria Unbefleckte Empfängnis, unter dem Namen Bruder Zyprian zum Noviziat zugelassen wurde. Nach Beendigung desselben legte er am 8. Dezember 1953 die einfachen und am 8. Dezember 1956 die feierlichen Gelübde ab, womit er sich endgültig Gott übereignete.

Nach der Profess blieb er weiterhin als Trappistenmönch in der Abtei von Mount St. Bernard, in der Hoffnung, auch in Nigeria ein kontemplatives Leben aufbauen zu können, was von Anfang an das Ziel von Pater Tansi war. Inzwischen folgte er in tiefer Demut, in Gehorsam und Zurückgezogenheit hingebungsvoll und treu der trappistischen Observanz: eifrig und ausdauernd in Gebet, Schweigen und Abgeschiedenheit von der Welt, bereit für jede noch so bescheidene und geringgeschätzte Arbeit, in der abgeklärten Strenge eines in die Liebe zum gekreuzigten Christus und für das Heil der Seelen versenkten Lebens.

Der einzige Umstand, der die scheinbare Monotonie des Alltags durchbrechen sollte, war die geplante Gründung eines Trappistenklosters in Nigeria, wofür man Tansi bereits als Novizenmeister vorgesehen hatte, doch war er ebenso bereit, darauf zu verzichten – nicht zuletzt aufgrund einer dunklen Vorahnung.

1963, nach 13 Jahren Erfahrung als Trappist in England, schien die Zeit endlich reif zu sein, um die Gründung in die Tat umzusetzen. Doch die unsicheren politischen Ereignisse in Nigeria, die vier Jahre später in den grausamen Krieg von Biafra ausarteten, veranlassten die Oberen, die Gründung in das angrenzende Kamerun zu verlegen. Für Tansi war dies ein schwerer Schlag, auf den er nicht vorbereitet war. Sein ehemaliger Lehrer gab zu Protokoll, dass dies das einzige Mal war, wo P. Zyprian die Fassung verlor. In seinem Wutanfall kam zum Ausdruck, wie sehr er in all den Jahren der Trennung auf die Rückkehr in seine Heimat, zu seinem ersehnten Betätigungsfeld, gewartet hatte. Er beruhigte sich jedoch sofort wieder und vertraute sich dem Willen Gottes an, der ihn zu rufen „schien“, so wie er es beinahe selbst einmal prophezeit hatte, als er bemerkte, dass man ihn im Kloster von Mount St. Bernard begraben werde.

Im Januar 1964 wurde Pater Zyprian von akuten Schmerzen im Bein befallen, das rasch anschwoll. Am 18. Januar gelang es nur mit Mühe, ihn in das Krankenzimmer zu verlegen. Der Arzt diagnostizierte eine Thrombose und empfahl die Einlieferung ins Spital. Am Sonntagmorgen des 19. Januar wurde er bewusstlos im Bett vorgefunden. Nach der Notaufnahme in das Königliche Spital von Leicester diagnostizierte man ein Aortenaneurysma. Während der Nacht verschlechterte sich sein Zustand rapide und am Morgen des 20. Januar starb Pater Zyprian einen heiligmäßigen Tod, fern vom Kloster und von seiner Heimat. Er wurde auf dem Friedhof der Abtei von Mount St. Bernard begraben; unter den anwesenden Priestern befand sich auch sein geistiger Ziehsohn, Don Francis Arinze, der spätere Erzbischof von Onitsha, Kardinal und Präfekt der Kultus-Kongregation.

Am 19. September 1986 wurden die sterblichen Überreste von Pater Tansi nach Nigeria überführt, wo sich während des feierlichen Begräbnisgottesdienstes in der Kathedrale von Onitsha am 17. Oktober 1986 die vollständige und endgültige Heilung eines 17-jährigen Mädchens ereignete, das an einem inoperablen retroperitonealen Tumor litt und dem der Bischof erlaubt hatte, sich dem Sarg zu nähern und ihn zu berühren. Tansis Grab befindet sich auf dem Priesterfriedhof hinter der Kathedrale von Onitsha.

Am 22. März 1998 wurde Zyprian Michael Iwene Tansi von Papst Johannes Paul II. in Onitsha in Nigeria seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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