Andreas Resch: Zephyrinus Jiménez Malla


ZEPHYRINUS
JIMÉNES MALLA
(1861-1936)

MITGLIED DER „KALE“
MÄRTYRER

Selig: 4. Mai 1997
Fest: 2. August

ZEPHYRINUS JIMÉNEZ MALLA wurde am 26. August 1861 in einer Sippschaft der Kale, katholischer Zigeuner, in Benavent de Segriá, Lérida, – nach anderen Quellen in Fraga (Huesca) – Spanien, geboren und noch am gleichen Tag, dem Fest des hl. Zephyrin, in Fraga getauft.
Seine Lebensform war jene der übrigen Familienmitglieder, wobei er den Traditionen der Kale immer treu blieb. Als Kind streifte er die Gebirgswege der Pyrenäen-Region entlang und verkaufte Körbe, die seine Familie von Hand herstellte. Damals lernte er auch die wichtigsten Gebete, denn – wie seine Neffen und Nichten später erklärten – betete er, wenn er allein war, auf Katalanisch. Das besagte, dass er sich die Gebete in seiner Kindheit angeeignet hatte, denn vom 19. Lebensjahr an lebte er in Barbastro, wo man nur spanisch sprach. Da er keine Schule besuchte, blieb er Analphabet.

1879 heiratete Malla, nach Sitte der Nomaden, Teresa Jiménez Castro aus Lérida, die eine starke Persönlichkeit war. 1912 kam es bei ihm zu einer echten Bekehrung. Am 9. Januar 1912 erfolgte in der Pfarrkirche von S. Lorenzo in Lérida die kirchliche Trauung, was das Ende einer langen spirituellen Reise bedeutete, die mindestens schon zwei Jahre zuvor begonnen hatte, als die beiden Eheleute, die kinderlos geblieben waren, ihre Nichte Pepita adoptierten und sie zu den Vinzenzschwestern in den Kindergarten gaben. Von da an ging Malla regelmäßig in die Kirche und wurde so zu einem vorbildlichen Christen mit täglichem Messbesuch und Rosenkranzgebet sowie häufiger Kommunion. Augenzeugen erinnern sich an ihn mit einer Kerze in der Hand oder wie er das Allerheiligste begleitete, wenn man den Kranken die Krankenölung brachte. Bei derlei Gelegenheiten nahm er stets einen der vordersten Plätze ein und fiel besonders auf durch seine Körpergröße und die Kerze, die er trug. Zudem nahm er an den Eucharistischen Donnerstagen teil und besuchte die karitative Gruppe der Vinzenzkonferenz.

Beruflich handelte Malla, den alle „el Pelé“ nannten, mit Tieren, vor allem mit Pferden und Eseln. Als Meister seines Fachs gelang es ihm, sich eine gute wirtschaftliche und gesellschaftliche Position aufzubauen, womit er die Wertschätzung der Bewohner von Barbastro gewann. Seine Ehrlichkeit war hochgeschätzt. Natürlich bediente er sich als Pferdehändler all der gängigen Kniffe, die solche Geschäfte nun einmal mit sich brachten, wie Übertreibungen, Späße, Wortspielereien usw., aber er betrog niemanden. Zeugen berichten, dass er einmal der Versuchung nachgab, ein Pferd, das er jemandem verkaufte, für drei Jahre jünger auszugeben. In jener Nacht konnte er dann nicht einschlafen, bis er dem Klienten gestanden hatte, dass er ihn getäuscht habe und das Pferd in Wahrheit drei Jahre älter war.

Einmal wurde er ungerechterweise beschuldigt, zwei Maultiere gestohlen zu haben. Er wurde verhaftet und verbrachte zwei Monate hinter Gittern. Der Fall kam vor Gericht. Die ganze Straße von Barbastro nach Huesca füllte sich daraufhin mit Fahrenden, die dem Prozess ihres „Anführers“ beiwohnen wollten. Malla konnte durch ordnungsgemäße Unterlagen beweisen, dass er die Maulesel gekauft hatte, ohne nach ihrer Herkunft zu fragen. Sein Advokat erlaubte sich nach Verkündung des Freispruchs die Bemerkung: „Herr Richter: „el Pelé“ ist weder ein Dieb noch ein Betrüger, sondern der hl. Zephyrinus Giménez Malla, der Patron der Fahrenden.“

Wegen seiner Ehrlichkeit, Klugheit und herausragenden Persönlichkeit genoss Malla sowohl bei den Fahrenden als auch bei den übrigen Mitbürgern hohe Wertschätzung. Die Fahrenden betrachteten ihn als ihren „Anführer“. Dieses Ansehen und sein versöhnlicher Geist verliehen ihm die nötige Autorität, um bei Konflikten, die unter den Mitgliedern seines Volkes ebenso wie unter anderen Zeitgenossen auftraten, zu vermitteln. Seine Interventionen waren immer von Erfolg gekrönt. Tatsächlich reichten sich die Streithähne am Ende die Hand und wurden Freunde, wie verschiedene Zeugnisse bestätigen. Insbesondere wagte es niemand, in seiner Gegenwart unflätige Worte zu gebrauchen, und noch weniger, zu fluchen. Wenn jemand fluchte, mahnte ihn „el Pelé“: „Was hat dir Gott denn getan? Er hat dir das Leben gegeben. Nimm dich in Acht! In meiner Gegenwart will ich kein schlechtes Wort über Gott oder die Priester hören.“

Als Malla nach Ende des Ersten Weltkrieges durch einen Glücksfall mit dem Verkauf von Maultieren der französischen Armee zu Reichtum gelangte, konnte er das Haus, in dem er wohnte, endlich kaufen. Bald darauf fiel er aber wieder in Armut zurück, weil er, wie seine Nichten erzählten, mit allen zu großzügig war. Die Leute betrachteten ihn hingegen als Anwalt der Armen. So berichtet ein Augenzeuge, dass „er in seinem Haus Bettler empfing, sie mit ordentlichem Gewand und mit Geld ausstattete und dabei großes Wohlwollen und viel Mitgefühl an den Tag legte.“

Eine der Nichten bestätigte, dass Malla viele Werke der Nächstenliebe tat, und sie fügte hinzu: „Wenn es schneite, ging er durch die Dörfer, um zu sehen, was die armen Fahrenden brauchen könnten, so auch in Barbastro. Indem er sein Hab und Gut unter ihnen verteilte, rutschte er in den Ruin.“ Seine Frau beschimpfte ihn ob seiner exzessiven Großzügigkeit. Wenn er daher etwas gab, „blickte er immer um sich, um sich zu vergewissern, dass es seine Frau nicht hörte“, und er meinte: „Ich möchte keine Scherereien mit meiner Frau… wenn es geht, vermeide ich den Streit.“ Oder er sagte zu dem, dem er half: „Nimm das! Damit sie nichts davon erfährt!“
Dass seine Liebe zu den Armen aus einer tief religiösen Gesinnung heraus erfolgte, bezeugt die Tatsache, dass er keinen Unterschied machte zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern der Fahrenden. Er half ohne Unterschied.

Als seine Frau 1922 starb, vererbte Malla sein Haus an Pepita und nahm sich selbst eine Mietwohnung, wobei er mit seiner Nichte in ständigem Kontakt blieb. Sie heiratete und brachte sieben Kinder zur Welt – eine wahre Freude für den Großvater! Malla bildete sich inzwischen durch den Katechismus weiter, studierte das Leben der Heiligen und nahm am Religionsunterricht teil, sodass aus ihm ein seelsorglich überaus engagierter Laie wurde. Er gehörte sämtlichen religiösen Gruppierungen im Umkreis an und beteiligte sich mit Begeisterung an der Pastoral und den karitativen Werken der Diözese. Er war Mitglied der Nächtlichen Anbetung, der Eucharistischen Donnerstage und der Vinzenzkonferenzen. 1926 gründeten die Kapuziner in Barbastro den Dritten Orden des hl. Franziskus. Daraufhin nahmen der Bischof der Stadt und 114 Laien, unter ihnen auch Malla, das Kleid der Terziaren. Und sein Ansehen war so groß, dass er sogleich zum Ratsmitglied der Fraternität der Terziaren gewählt wurde.

All diese Aktivitäten in den verschiedenen religiösen Gruppierungen waren ihm immer noch nicht genug und so begann er sich auch der Erziehung der Kinder, aus seinem Volk wie auch anderer, anzunehmen. Er begleitete sie auf die Felder, erzählte ihnen Geschichten aus der Bibel oder über das Leben der Heiligen und lehrte sie, die Natur in Ehren zu halten. Er sagte: „Die Vögel und die Blumen des Feldes müsst ihr achten; die Ameisen dürft ihr nicht zertreten, weil sie Geschöpfe Gottes sind.“ Sie selbst seien – so meinte er zu den Kleinen – „los huesecitos de Dios“ („die Knöchelchen Gottes“). Und alle Kinder mochten ihn, weil seine Frömmigkeit aus dem Herzen kam. „Obwohl er als Analphabet weder lesen noch schreiben konnte, besaß er eine große spirituelle Bildung. Das spirituelle Leben war ihm eingepflanzt“, gab ein Zeuge zu Protokoll.

Am 17. Juli 1936 brach in Spanien der Bürgerkrieg aus, der viele Märtyrer um des Glaubens willen forderte. Malla, damals bereits 75 Jahre alt, sah sich am 19. Juli 1936 mit einer offenkundigen Ungerechtigkeit konfrontiert, konnte sich nicht zurückhalten und rief zur Verteidigung eines jungen Priesters: „O Jungfrau, hilf mir! So viele Menschen gegen einen, der noch dazu unschuldig ist!“ Man ergriff ihn, durchsuchte und verhaftete ihn, weil er den Rosenkranz in der Tasche hatte. Er wurde zum Gefängnis geführt, das im Gemeindeamt eingerichtet war, und in eine Zelle von 5 x 5 Metern mit einem winzigen Fenster gesteckt. Im Verlauf von 24 Stunden füllte sich die Zelle mit etwa 15 Personen. Da er es ablehnte, den Rosenkranz auszuhändigen, wurde er zusammen mit anderen Priestern und Laien in den Konvent der Kapuzinerinnen verlegt, der zum Kerker umfunktioniert worden war, wo er zwei Wochen verbrachte. Die Situation spitzte sich immer weiter zu, dennoch weigerte sich Malla beständig, den Rosenkranz herauszugeben. Tagsüber betete er den Rosenkranz, und bekundete dadurch voller Stolz seinen Glauben. Vergeblich versuchte einer seiner Bekannten, ein Anarchist und Mitglied des Revolutionskomitees, ihn zur Herausgabe des Rosenkranzes im Tausch für seine Freiheit zu überreden. Nicht einmal das Datum seines Martyriums ist sicher. In der Nacht des 2. oder 9. August, von Samstag auf Sonntag, wurde er gegen 3.00 Uhr früh mit weiteren Gefangenen zum Friedhof gebracht und vor den Mauern erschossen, während er den Rosenkranz, das Symbol seines Glaubens, in Händen hielt und ausrief: „Es lebe Christus König!“ Nachdem man ihm alles genommen hatte, was er am Leib trug, warf man ihn zusammen mit den anderen in ein Massengrab, goss frischen Kalk darüber und schüttete das Ganze mit Erde zu. Am Ende des Krieges war es trotz aller Anstrengungen nicht möglich, Mallas Leiche zu identifizieren, um ihn neben seiner Frau zu bestatten.

Seine Nichte sagte in Erinnerung an ihn: „Alles, was Onkel Pelé gemacht hat, tat er aus Liebe. Überall verbreitete er Liebe.“

Am 4. Mai 1997 wurde Zephyrinus Jiménez Malla von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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