Andreas Resch: Wilhelm Joseph Chaminade


WILHELM JOSEPH CHAMINADE

(1761-1850)

PRIESTER UND GRÜNDER DER
GESELLSCHAFT MARIAE (MARIANISTEN)
UND DES INSTITUTS
DER TÖCHTER VON
MARIA IMMACULATA
(MARIANISTINNEN)

Selig: 3. September 2000
Fest: 22. Januar

WILHELM JOSEPH CHAMINADE wurde am 8. April 1761 als Sohn von Blasius Chaminade und Katharina Béthon in Périgueux, Frankreich, geboren und noch am gleichen Tag auf den Namen Wilhelm getauft. Er war das 13. Kind einer sehr frommen Familie, von der außer ihm noch drei Brüder in den Priesterstand traten. In diesem familiären Umfeld wurde ihm, vor allem durch die Mutter, ein tiefer Geist des Glaubens vermittelt, lernte er zu beten und den Katechismus zu begreifen. Anlässlich der Firmung, mit neun Jahren, fügte er seinem Namen noch Joseph hinzu – aus besonderer Ehrerbietung dem heiligen Erzvater gegenüber.

In seiner kleinen Heimatstadt begann Wilhelm seine ersten Studien, die er mit zehn Jahren im Kolleg-Seminar von Mussidan, einer Ortschaft 35 km westlich von Périgueux, fortsetzte. Das Kolleg wurde von der Säkulargemeinschaft des hl. Karl geleitet, welche nach der Unterdrückung der Jesuiten deren Stelle einnahm. Am Institut unterrichtete auch sein Bruder Johann Baptist, der in der Gesellschaft Jesu die Gelübde abgelegt hatte, aber im Zuge der Aufhebung säkularisiert worden war. Er ließ den kleinen Bruder, der sich seiner geistlichen Führung anvertraute, ohne zu zögern, zur Erstkommunion zu. Daneben führte er ihn in die Praxis des geistlichen Gebets ein und erlaubte ihm, die Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams abzulegen. Während seiner Zeit als Student in Mussidan hatte Wilhelm durch einen Unfall beim Spazierengehen einen Knöchelbruch erlitten. Er wandte sich damals an die Allerseligste Jungfrau, woraufhin die Heilung dermaßen rasch eintrat, dass er es der Madonna ein Leben lang dankte. Nach Abschluss der Studien in Mussidan ging er zum Studium der Philosophie nach Bordeaux. Dort schloss er sich einer Gemeinschaft unter der Leitung des Priesters Natale Lacroix an, den er sich als geistlichen Begleiter auserkor. Ein einjähriger Aufenthalt in Paris beendete seine priesterliche und theologische Ausbildung.

1784 wirkte Chaminade in Mussidan als Ökonom des Kollegs, als Professor für Mathematik, Physik und Chemie sowie als Mitarbeiter seiner Brüder Johann Baptist, der Oberer wurde, und Alois, der Studienpräfekt war. 1785 wurde er in der Diözese Bordeaux zum Priester geweiht und kehrte unmittelbar darauf als Lehrer und Erzieher an das Kolleg des hl. Karl von Mussidan zurück. 1790, nach dem Beginn der Französischen Revolution, übersiedelte Don Chaminade nach Bordeaux, wo er den Großteil seines Lebens verbrachte.

1791 weigerte er sich, den Eid auf die Zivilkonstitution des Klerus von 1789 abzulegen, und übte sein Priesteramt fortan heimlich aus, indem er sich bald als Arbeiter, bald als Wanderhändler verkleidete. Daneben besuchte er, nicht selten unter Lebensgefahr, weiterhin die Kranken und spendete die Sakramente. Ein Darlehen des Priesters Langoiran, Sohn eines reichen Reeders, ermöglichte es ihm, am 10. Dezember 1791 ein Haus und einen Grund mit Namen Saint-Laurent zu erwerben, wo er seine Eltern unterbrachte und sich selbst zurückzog, als es am 16. Dezember 1793 in Bordeaux zu einem ersten blutigen Aufstand kam.

Im Februar 1795 wurde ihm in einem Augenblick der Ruhe die heikle Aufgabe zuteil, jene Priester, die seinerzeit den Konstitutionseid geschworen hatten, sich jetzt aber wieder mit der Kirche versöhnen wollten, in die Diözese aufzunehmen. Zwei Jahre lang kam er dieser Aufgabe nach und förderte dabei die Wiedereinsetzung von 150 Priestern. Ab Oktober musste er sein Priesteramt erneut heimlich ausüben und sich auf Wanderschaft begeben. Damals übernahm er auch die geistliche Führung von Maria Theresa Carlotta de Lamourous (1754-1836), die viele Jahre eine seiner engsten Mitarbeiterinnen war und der Chaminade später bei der Gründung des Werkes der Barmherzigkeit in Bordeaux zur Unterstützung von in Not geratenen Jugendlichen zur Seite stand.

Im Februar 1797, zur Zeit des Direktoriums, sah er sich gezwungen, nach Saragossa in Spanien zu fliehen, wo er drei Jahre blieb. Um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, erlernte er die Kunst des Modellierens von Tonstatuetten. Und gerade bei dieser Tätigkeit, im Schatten der Jungfrau von Pilar, reifte seine Überzeugung hinsichtlich eines Apostolats auf marianischer Grundlage und er erhielt die Eingebung, eine Gemeinschaft aus Ordensleuten und Laien zur Verehrung Mariens zu gründen.

Im November 1800 konnte Chaminade nach Frankreich zurückkehren. Er ließ sich in Bordeaux nieder und machte sich dort sofort an die Verwirklichung der ihm von der Vorsehung inspirierten Pläne. Er begann sein Werk mit einigen Jugendlichen, für die er Marianische Bruderschaften errichtete mit dem Ziel, deren Mitglieder zu einer ernsthaften Spiritualität und einem aktiven apostolischen Einsatz zu erziehen. Die Bruderschaften waren schon bald für alle Kategorien von Gläubigen zugänglich: Knaben wie Mädchen, Väter und Mütter.

1801 wurde Chaminade vom Heiligen Stuhl zum Apostolischen Missionar ernannt, was für ihn die offizielle Anerkennung seiner Vorstellungen von Kirche bedeutete. Im gleichen Jahr gründete Maria Theresa Carlotta de Lamourous auf seine Anregung hin eine „Zufluchtsstätte“ für gestrandete Frauen sowie die Kongregation der Barmherzigen Schwestern, um die moralische und soziale Rückführung Ersterer zu gewährleisten. Ebenfalls 1801 machte sich Chaminade an die Verwirklichung seiner Mission, zu der er im Heiligtum von Pilar den Auftrag erhalten hatte, nämlich der „Allerseligsten Jungfrau, Bezwingerin aller Häresien, ein Heer zu geben, damit es unter ihrem Banner und Namen gegen die große Häresie der Moderne, die religiöse Gleichgültigkeit, kämpfe“. Auf diese Weise entstanden unter den Laien der Nachbarpfarreien marianische Bruderschaften, echte apostolische Zentren. Die Kirche St. Magdalena in Bordeaux wurde zur Wiege dieser Bewegung. Als einige ihrer Anhänger, die ihren Einsatz mit besonderer Intensität lebten, sich bereit erklärten, ihr Leben zum Heil der Seelen ganz Gott zu weihen und unter den Schutz und die Führung Mariens zu stellen, war Chaminade überzeugt, dass die Stunde der Vorsehung gekommen war.

In diesem echten marianischen Enthusiasmus und apostolischen Eifer rief er 1816 zusammen mit Adelheid de Batz de Tranquelléon, die 1828 im Ruf der Heiligkeit starb, die Kongregation der Töchter von Maria Immaculata (Marianistinnen) ins Leben. Der Sitz des ersten Hauses war in Agen. 1817 gründete er die Gesellschaft Mariä (Marianisten), bestehend aus sieben Mitbrüdern: zwei Klerikern, drei Laien-Lehrern und zwei Handwerkern, die am 5. September 1818 die drei Gelübde ablegten, dem sie noch jenes der Stabilität hinzufügten, welches sie zum immerwährenden Dienst an der Mutter Gottes verpflichtete.

Die ersten Mitglieder der beiden Institute kamen aus den genannten Bruderschaften; sie hatten den Wunsch, dem Herrn durch die Weihe an die Allerseligste Jungfrau Maria eine großzügigere Antwort zu geben. In der Tat bestanden die ersten Aufgaben der neuen Ordensleute darin, sozusagen als „Herzensangelegenheit“, die Beständigkeit der Marianischen Bruderschaften zu pflegen, das gelebte Evangelium bis zu seinen äußersten Konsequenzen sichtbar zu machen und vor allem die jungen Generationen von Christen zum Glauben zu erziehen. Die Gesellschaft Mariae fügte dem in Folge noch die Missionen und geistlichen Exerzitien hinzu.

Die beiden Institute nahmen in Frankreich einen raschen Aufschwung und erhielten 1839 von Papst Gregor XVI. das Decretum laudis. Von dem Augenblick an, da der Unterricht zur unabdingbaren Notwendigkeit wurde, widmeten sich die Marianisten und Marianistinnen der Gründung und Leitung von Volks-, Mittel-, Kunst- und Berufsschulen, zunächst in Südwestfrankreich, dann in Zentralfrankreich und im Elsass. Chaminade träumte von einem ambitionierten Projekt von Lehrerbildungsanstalten zur Ausbildung christlicher Lehrer. Einige wurden auch gegründet, doch machte die Revolution von 1830 eine Weiterführung des Projekts unmöglich und zwang Chaminade schließlich, seinen Sitz von Bordeaux nach Agen zu verlegen, wo er sich der Konsolidierung und Ausbreitung der Kongregation widmete, ohne jedoch die Pflege der anderen bereits existierenden Werke zu vernachlässigen. Für das Werk der Barmherzigkeit in Bordeaux fand er sogar Zeit zur Überarbeitung der Konstitutionen. Zur Stärkung des Geistes und der Ordensdisziplin verfasste er eine Reihe von Schriften über spirituelle Führung: Handbuch der Führung (1829); Empfehlungen an einen Novizenmeister (1834); Bemerkungen zum Noviziat (1834); Briefe an einen Novizenmeister (1835-1836); Generalstatuten für das Noviziat von Saint-Laurent (1841); Schriften über die Gesellschaft Mariae, enthalten in Heft D (zwischen 1828 und 1838). In Frankreich kam es in Folge zur Gründung weiterer Niederlassungen, 1839 dann in der Schweiz und 1849 in den USA.

Die letzten zehn Jahre seines Lebens waren für Chaminade eine Zeit harter Prüfungen: Gesundheitsprobleme, Finanzprobleme, Weggang einiger Mitglieder, Unverständnis und Misstrauen anderer, die ihn 1841 zum Rücktritt als Generaloberer zwangen und ihm in den Jahren darauf seine Rechte als Gründer streitig machten. Chaminade begegnete den Schwierigkeiten mit großem Vertrauen auf Maria und in den providenziellen Charakter seiner Gründungen – getreu seinem Gewissen und in Treue zur Kirche.

Am 6. Januar 1850 verlor er infolge eines Schlaganfalls die Sprache, bewahrte sich jedoch die Klarheit des Geistes. Am 22. Januar 1850 starb er in Frieden in der Nähe der Chapelle de La Madeleine in Bordeaux. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof von Chartreuse, Bordeaux, Frankreich.

Am 3. September 2000 wurde Wilhelm Joseph Chaminade von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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