Andreas Resch: Vinzenz Vilar David


VINZENZ VILAR DAVID
(1889-1937)

INDUSTRIEINGENIEUR

MÄRTYRER

Selig: 1. Oktober 1995
Fest: 14. Februar

VINZENZ VILAR DAVID wurde am 28. Juni 1889 als letztes von acht Kindern von Justo Vilar und Carmen David in Manises, Provinz Valencia, Spanien, geboren und am Tag darauf auf den Namen Vinzenz getauft. Das familiäre Umfeld war sehr christlich geprägt und zeigte große Sensibilität für die Situation des Nächsten.

Vinzenz besuchte die örtliche Volksschule und empfing mit neun bzw. zehn Jahren die Sakramente der Erstkommunion und der Firmung. Seine Sekundarstudien absolvierte er als Interner im Kolleg der Piaristen in Valencia. Nach dem Bakkalaureat mit 17 Jahren inskribierte er an der Hochschule für Industrieingenieurwesen in Barcelona. Er war ein aufrechter Student, dessen Tugenden weit über die eines guten Christen hinausgingen. Spirituell wurde er von einem Jesuiten betreut. Er zeichnete sich vor allem durch Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft und seine Besuche bei den Armen aus, die er unterstützte.

Vinzenz war sehr geschätzt, voller Frohsinn und Wohlwollen, mit einem starken inneren Glauben. Er nahm an der nächtlichen Anbetung teil und lehrte seine Kameraden, Verantwortung zu übernehmen. Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Industrieingenieur brillierte er durch technisches Wissen und Engagement bei der Umsetzung der Soziallehre der Kirche unter den Arbeitern und in der Unternehmensorganisation. Da seine Eltern frühzeitig starben, betrieb er gemeinsam mit drei Brüdern die in Familienbesitz befindliche Porzellanmanufaktur weiter. Besagte Fabrik war ein typisches Unternehmen von internationalem Ruf in der historischen und geschäftstüchtigen Stadt Manises.

Am 30. November 1922 heiratete er Isabella Rodes Reig, die beim später eingeleiteten Diözesanverfahren von Valencia als Hauptzeugin seines Martyriums auftrat. Sie starb 1993. Bevor die beiden den Bund der Ehe schlossen, dachten sie lange über die Bedeutsamkeit dieses Schrittes nach. Ihre Heirat erwies sich dann für die Pfarre von Manises als eine wichtige apostolische Hilfestellung. Das Hauptfeld ihres Apostolats war die Unternehmensführung der Firma, die sich seit dem Tod des Vaters „Gebr. Justo Vilar“ nannte. Durch seinen beispielhaften apostolischen und unternehmerischen Einsatz, vor allem unter sozialem Gesichtspunkt, versuchte Vinzenz, Harmonie in die Herzen der Menschen zu tragen, bei Meinungsverschiedenheiten zu beschwichtigen und auch in schwierigen Situationen einen Ausgleich zu erzielen. Im Umgang mit den Arbeitern in seiner Firma bewies er Respekt, Kultiviertheit, Nächstenliebe und Gerechtigkeit.

Neben der Arbeit für den Betrieb engagierte sich Vilar David auch im sozialen und kulturellen Bereich. Von 1923 bis 1930 war er Vizepräsident der Gemeindegenossenschaft von Manises. Nachdem in der damaligen Zeit die politischen Parteien in Spanien abgeschafft waren, hatte sich die Sitte verbreitet, derlei Verwaltungsaufgaben an politisch unbeteiligte Personen zu übertragen. In dieser Funktion diente Vinzenz dem Gemeinwohl, wobei er seine moralischen Überzeugungen stets hochhielt und zu Frieden und Ordnung beitrug.

Innerhalb der Firma haftete ihm das Image des perfekten Unternehmers an, des Freundes, der die Bedürfnisse der Angestellten vorbehaltlos unterstützte, eines Mannes, der ihre Bestrebungen nach sozialem Aufschwung zu teilen wusste. Seine Solidarität als Katholik und Arbeitgeber beschränkte sich jedoch nicht allein auf sein Unternehmen oder die Einführung und Verteidigung von Maßnahmen zugunsten seiner Belegschaft, sondern seine moralische Autorität hatte auch Einfluss auf die jungen Leute in den katholischen Studentenzirkeln, auf die Menschen in der Pfarre, im „Patronat für Soziales“, und verhalf zu einem guten Klima zwischen Firmenleitung und Arbeitnehmern. Seinen Arbeitern war er ein echter Freund, der sie besuchte, wenn sie krank waren, und dener er half, soweit es in seiner Möglichkeit stand. Dieser Geist der Nächstenliebe, seine Beharrlichkeit und Standhaftigkeit in seinen persönlichen Überzeugungen und seinem sozialen Verhalten brachten ihm auch einige Schwierigkeiten ein. Vilar David aber blieb gelassen und ließ sich nicht erschüttern. So lehnte er Vorschläge ab, durch die er sich von seinem apostolischen und sozialen Einsatz, an dem ihm so gelegen war, entfernt hätte. Dem Diözesanseminar von Valencia ließ er wiederholt finanzielle Unterstützung zukommen, indem er für die Seminaristen Stipendien einrichtete. Auch arbeitete er aktiv mit der Pfarre zusammen. Um dem religionsfeindlichen Vorgehen der Spanischen Republik von 1931 kulturell entgegenzuwirken, half er bei der Gründung des von der Pfarre getragenen Patronats für Soziales mit, das darauf abzielte, den Kindern und Jugendlichen eine katholische Erziehung zu gewährleisten. Andererseits sah er über jedwede Ungerechtigkeit ihm gegenüber hinweg, um die Lehre Jesu Christi in die Tat umzusetzen.
Manuel Azaña, einer der Väter der Zweiten Spanischen Republik, träumte von einem durch und durch laizistischen Staat. Zur Erreichung dieses Ziels war ihm jedes Mittel recht. Er wollte eine dem Staat unterstellte, von diesem dominierte und kontrollierte Kirche. Und wenn das nicht möglich war, musste man sie eben eliminieren – vor allem die katholische Kirche, die er als eine Bedrohung für die Gründung des neuen Staates ansah. Daher machten es sich die neuen Machthaber zur Aufgabe, jede öffentliche Regung der Kirche postwendend durch eine systematische Gesetzgebung im Keim zu ersticken. Den Anfang machte man mit der Aufhebung des Jesuitenordens, was als der bedeutendste Schritt angesehen wurde. In der physischen Vernichtung von Priestern, Ordensleuten und engagierten Laien durch die 1934 und 1936 durchgeführten Massaker von Asturien erreichte die Verfolgung den Höhepunkt im Spanischen Bruderkrieg.

Als sich das kirchenfeindliche Klima in den Jahren zwischen 1931 und 1936 weiter verstärkte, übernahm Vilar David auf einfache und kompetente Weise zahlreiche verantwortungsvolle Aufgaben. Er war sich der damit verbundenen Gefahren voll bewusst, doch hätte er es als einen Verrat an seinen ureigenen Prinzipien und christlichen Ansprüchen betrachtet, wenn er seine echten Überzeugungen und sein Handeln verborgen gehalten hätte. So half er den Priestern bei der Überwindung ihrer Probleme in der seelsorglichen Arbeit, indem er im Bildungsbereich, bei der religiösen Unterweisung und verschiedenen anderen Aktivitäten der Pfarre seine Mitarbeit anbot.

In der gegebenen politischen Situation wurde er auch mit den tragischen Momenten der Revolution vom Sommer 1936 konfrontiert, als das in der roten Zone Spaniens verbliebene Valencia für wenige Monate Hauptstadt der Republik wurde und die Extremisten eine grausame antireligiöse Verfolgung vom Zaun brachen. Um Priester und Ordensfrauen vor den Revolutionären zu schützen, gewährte ihnen David Zuflucht in seinem Haus und versuchte, ihnen in ihrer schwierigen Lage Mut zu machen. Er hoffte inbrünstig, dass dieser so unmenschliche Augenblick nur von kurzer Dauer sei. Stets war er an der Seite des Pfarrers, der schließlich ermordet wurde. Gemeinsam versuchten sie noch, die Wertgegenstände in Sicherheit zu bringen, womit verhindert werden konnte, dass diese beim Brand der Pfarrkirche am 28. Juli 1936 ein Raub der Flammen wurden.

Vilar David wurde von seiner Aufgabe als Sekretär des Professors an der Berufsschule für Keramik nur deshalb entbunden, weil er ein glühender Katholik war. Er ging jedoch weiterhin seinen Weg, führte den Betrieb und einen Großteil der Arbeiterschaft. Wenngleich er um die Gefahr wusste, der er sich durch sein Verhalten aussetzte, hatte er keine Angst vor dem Gefängnis und versteckte sich nicht. Wenngleich er sich für unwürdig hielt, den Märtyrertod zu sterben, war er doch dazu bereit, wenn es die göttliche Vorsehung so wollte. So tat er weiterhin – bis an sein Lebensende – nur Gutes, auch seinen Verfolgern.

Die tödliche Gefahr kam in der Nacht. David befand sich in Begleitung zweier Soldaten, und als er in die Nähe seines Hauses kam, verabschiedete ihn seine Frau mit den Worten: „Bis morgen!“ Er gab zur Antwort: „Bis morgen oder im Himmel.“ Es war das letzte Mal, dass sie einander sahen. David musste vor Gericht erscheinen. Als man ihn vor die Wahl stellte, entweder seiner religiösen Überzeugung abzuschwören oder zu sterben, antwortete er entschlossen: „Was mir am meisten zur Ehre gereicht, ist, der zu sein, der ich bin und als solcher gelebt zu haben. Die Wahrheit verleugne ich nicht.“ Bevor er starb, vergab er noch allen, vor allem seinen künftigen Mördern. Minuten später hörte man ein paar Schüsse. Man schleppte David halb tot in eine nahe gelegene Gasse, wo man ihm fünf Minuten später den Gnadenschuss gab. Es war der 14. Februar 1937.

Zum Zeichen der Trauer schlossen die Arbeiter für drei Tage die Fabrik. Als die Behörden die Wiederaufnahme der Arbeit anordneten, widersetzten sie sich und bekräftigten, dass David für sie nicht nur ihr Arbeitgeber, sondern auch ein echter Vater gewesen sei.

1951 wurden seine sterblichen Überreste in die Pfarrkirche von San Juan Bautista nach Manises, Spanien, übertragen.

Am 1. Oktober 1995 wurde Vinzenz Vilar David von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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