Andreas Resch: Vinzenz Eugen Bossilkov

VINZENZ EUGEN BOSSILKOV
(1900-1952)

BISCHOF UND MÄRTYRER
DER KONGREG. VOM
LEIDEN JESU CHRISTI
(PASSIONISTEN)

Selig: 15. März 1998
Fest: 11. November

VINZENZ EUGEN BOSSILKOV wurde am 16. November 1900 als viertes der fünf Kinder von Alois Bossilkov und Beatrix Djantova, Bauersleute authentischer katholischer Tradition des lateinischen Ritus, im Dorf Belene, Bulgarien, geboren und noch am gleichen Tag auf den Namen Vinzenz getauft. Als Kind rutschte er beim Spielen einmal in die Donau und wäre fast ertrunken. Die Mutter versprach damals, ihn dem Herrn zu schenken, wenn er gerettet würde. Der kleine Vinzenz wuchs im Schoß der Familie heran und besuchte dann die Volksschule im Dorf. Am 16. August 1909 erhielt er die Firmung. 1911 wurde er, begleitet von seiner Mutter, unter die Zöglinge des Kleinen Seminars der Passionisten in Oresc aufgenommen, wo er zunächst weiterhin den Elementarunterricht besuchte und anschließend mit den Gymnasialstudien begann. Da er ein sehr aufgeweckter und unternehmungslustiger Junge war, hätte man ihn fast wieder nach Hause geschickt. Da man jedoch gewisse Zeichen einer Berufung an ihm entdeckte, sandte man ihn an das ebenfalls von den Passionisten geleitete Diözesanseminar nach Russe, dem Sitz des Bischofs von Nicopoli. Ein Jahr später, 1914, wurde Bossilkov in das Ausland geschickt, um zuerst in Kortrij, Belgien, und dann in Mook in Holland zu studieren, wo er bis 1919 das Lyzeum besuchte. In Holland wohnte er bei einer Familie in Sambeek, die ihm beim Studium unterstützte. Das Dorf Sambeek betrachtet ihn daher als Mitbürger und feiert sein Gedächtnis.

Bei Kriegsende kehrte Bossilkov nach Belgien zurück und trat am 28. April 1919 in das Noviziat der Passionisten in Diepenbeek ein, wobei er den Ordensnamen Eugen vom Heiligen Herzen annahm. Nach Beendigung des Noviziats mit Ablegung der Ordensprofess am 29. April 1920 begann er mit dem Theologiestudium. Am 23. April 1923 legte er – unter Einbezug des den Passionisten eigenen Gelübdes, ständig der Passion des Herrn zu gedenken – die ewige Profess ab.

1924 wurde Bossilkov aufgrund der Abspaltung der holländischen Passionistenprovinz von der belgischen nach Hause geschickt. Nach Abschluss des Theologiestudiums in Russe folgte am 25. Juli 1926 die Priesterweihe. Um sich im Studium der Ostkirche fortzubilden, kam er nach Rom, wo er bis 1929 das Päpstliche Orientalische Institut besuchte und Bakkalaureat sowie Lizenziat machte. Wieder in Bulgarien widmete er sich seiner Doktorarbeit mit ökumenischem Hintergrund unter dem Titel Über die Union der Bulgaren mit der Römischen Kirche in der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts und sammelte erste pastorale Erfahrungen. 1931 kehrte er neuerlich nach Rom zurück, um die Dissertation abzuschließen. Am 2. Januar 1932 erlangte er das Doktorat.

Nach Rückkehr in die Heimat 1933 erhielt er seine erste Ernennung als Sekretär des Bischofs und Pfarrer der Kathedrale von Russe. Kurz darauf, 1934, wurde er, möglicherweise auf eigenes Ersuchen, als Pfarrer in das Dorf Bardarski-Gheran im Zentrum der großen Donauebene versetzt, wo er eine intensive seelsorgliche und kulturelle Tätigkeit entfaltete.
Bossilkov brachte den Bau der Kirche zu Ende und errichtete ein großes Pfarrhaus. Er betreute die Jugend, hielt Katechesen, besuchte die Kranken, kümmerte sich um den Religionsunterricht an den Schulen, widmete sich viermal in der Woche dem Kinder- und Jugendchor, gab täglich Musikunterricht und komponierte Musikstücke. Er gründete die Gemeinschaft der „Töchter Mariens“, in die ca. 50 junge Frauen eingeschrieben waren. Er förderte den Pfarrkindergarten, war Präsident des Fußball-, Volleyball- und Jagdklubs. Er erreichte die Erhebung des Dorfes zur Gemeinde und wurde selbst in den Gemeinderat gewählt. Neben all diesen Tätigkeiten war Bossilkov aber auch ein Mann des Gebets mit einem großen Hang zur Marienverehrung. Seine Pfarrei wurde zu einem Förderzentrum der Marienverehrung, die sich auf die gesamte Diözese ausdehnte.

Die breite Bildung, die seelsorgliche Kreativität, der stete respektvolle Dialog mit den Orthodoxen und den staatlichen Behörden machten ihn in ganz Bulgarien bekannt. Sein Haus war immer für alle offen: „Habt keine Angst, mich zu stören, ich bin hier, um dem Nächsten zu dienen.“ Viele nannten ihn seiner Bildung wegen einfach den Dr. Bossilkov. Er sprach 13 Sprachen, beteiligte sich mit wertvollen Beiträgen an der katholischen Zeitung Istina („Die Wahrheit“), war ein ausgezeichneter Apologet und einer der besten Redner Bulgariens. Aufgrund dieses seines Rufes wurde er 1938, anlässlich der 250-Jahrfeier des katholischen Aufstandes von Ciprovets gegen die Türken, zum offiziellen Redner bestellt. Doch die Zeiten änderten sich. 1940 wurde Bulgarien auf Seiten der Achsenmächte in den Zweiten Weltkrieg verwickelt. Unter deutscher Besatzung war das öffentliche Leben sichtlich gelähmt und die seelsorgliche Tätigkeit von Eugen Bossilkov erfuhr Einschränkungen. Es ist bekannt, dass er in der damaligen Situation „vielen Juden das Leben rettete“.

Mit der Invasion der Russen am 9. September 1944 verfinsterte sich der Himmel noch mehr. Nachdem die kleine kommunistische Partei Bulgariens mit entscheidender Unterstützung Russlands an die Macht gelangt war, führte sie eine blutige Säuberung durch und verbreitete ein Klima des Schreckens. 1946 starb plötzlich der Bischof von Nicopoli und P. Eugen wurde zum Apostolischen Administrator der Diözese ernannt. Als solcher verwirklichte er eine Idee des verstorbenen Bischofs, nämlich die Abhaltung einer Volksmission in der gesamten Diözese, „um den Gläubigen die wesentlichen Punkte der christlichen Lehre in Erinnerung zu rufen und sie im Glauben zu stärken“ – dies als Antwort auf die antireligiöse Propaganda der kommunistischen Regierung.

Nach der Ernennung zum Bischof am 26. Juli 1947 wurde Bossilkov am 7. Oktober desselben Jahres in der Kathedrale von Russe konsekriert. Er war der erste Passionistenbischof bulgarischer Nationalität der Diözese und der rechte Mann: gebildet, klug, mutig. Am folgenden 8. Dezember verfasste er seinen ersten Hirtenbrief, der die Grundsatzrichtung seines pastoralen Regierungsprogramms in einer Zeit großer Unsicherheit für die religiöse Zukunft des Landes enthielt. Am 3. August 1948 wurde von der Regierung die Schließung der katholischen Schulen verordnet und es begann die systematische religiöse Verfolgung, vor allem der katholischen Kirche, durch die Kommunisten.

Im September 1948 erhielt er nach vielen Schwierigkeiten die Erlaubnis zum „Ad limina“-Besuch in Rom, wurde jedoch ständig von Agenten der Regierung beschattet. Er nahm auch die Gelegenheit wahr, um seine Mitbrüder, Freunde und die beiden betagten Wohltäterinnen in Holland zu besuchen, die ihn seit Beginn der Studienzeit unterstützt hatten. Am 17. September 1948 wurde Bossilkov von Papst Pius XII. zu einem langen, freundschaftlichen Gespräch empfangen. Viele rieten ihm, nicht mehr nach Bulgarien zurückzukehren. Doch er sagte: „ich bin der Hirte meiner Herde, ich kann sie nicht verlassen. Das, was die meinen erdulden, muss auch ich erleiden.“ Am 17. Oktober kehrte er nach Bulgarien zurück, wo die Lage immer schwieriger wurde. Die Verfolgung der katholischen Kirche ging bereits planmäßig vor sich: die religiösen Feste wurden abgeschafft, die kirchlichen Güter konfisziert, die Seminare beschlagnahmt, die katholischen Schulen geschlossen und die ausländischen Priester vertrieben. Die Apostolische Delegation wurde aufgehoben; eine Kirche zu besuchen war gefährlich; Klerus und Gläubige wurden überwacht. Bischof Bossilkov war gezwungen, verschlüsselt zu schreiben, führte jedoch seine Visitationen mutig weiter. „Ich habe keine Angst“, sagte er, „ich zögere keinen Augenblick und ich bereite mich auf das Schlimmste vor.“ Sein Kreuzweg hatte bereits begonnen.

1949 wurden aufgrund eines Gesetzes alle ausländischen Missionare vertrieben und die Güter der katholischen Kirche konfisziert, sämtliche religiöse Kongregationen aufgehoben und deren Mitglieder versprengt. Die Regierung arbeitete daran, die katholische Kirche Bulgariens von Rom loszulösen. Msgr. Bossilkov war der Jüngste und Einflussreichste. Man bot ihm an, Oberhaupt der Nationalkirche mit allen Privilegien zu werden, was er energisch ablehnte. In den Jahren 1950/51 zog sich die Zange der Verfolgung immer enger zu, bis er am 16. Juli 1952 im Haus im Gebirge in der Nähe von Sofia verhaftet wurde. Man brachte ihn heimlich ins Gefängnis, wo er auf dem bloßen Fußboden schlafen, brutale Folterungen, alle möglichen Beschimpfungen, Nahrungs- und Schlafentzug sowie zermürbende Verhöre über sich ergehen lassen musste. Am 20. September veröffentlichten die Parteizeitungen auf der ersten Seite die Anschuldigungen gegen ihn und vom 29. September bis zum 3. Oktober wurde ihm der Prozess gemacht, der mit dem Todesurteil wegen Aufwiegelung und Spionage endete. Den Verwandten wurde ein kurzer Besuch gestattet. Bossilkov trug an einem Bein und einem Arm eine Fessel. Als man ihm riet, um Gnade zu bitten, sagte er entschieden: „Nein… Ich sterbe gern für den Glauben… Sagt allen, dass ich weder die Kirche noch den Papst verraten habe.“ In der Nacht des 11. November 1952, um 23.30 Uhr, wurde Msgr. Eugen Bossilkov erschossen. Sein Leichnam kam in ein Massengrab und wurde nie mehr identifiziert. Die Behörden warteten über 20 Jahre bis zur offiziellen Verlautbarung. Schließlich ist ein Märtyrerbischof gefährlicher als ein lebendiger Bischof ! Pius XII. hingegen sprach vom Martyrium Bossilkovs in der Enzyklika Orientales Ecclesias vom 15. Dezember 1952.

Am 15. März 1998 wurde Vinzenz Eugen Bossilkov von Papst Johannes Paul II.. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at