Andreas Resch: Umile von Bisignano

UMILE VON BISIGNANO
(Lukas Antonius Pirozzo)
(1582-1637)

PROFESSBRUDER
DES ORDENS DER MINDERBRÜDER
(FRANZISKANER)

Heilig: 19. Mai 2002
Fest: 26. November

UMILE VON BISIGNANO (Lukas Antonius Pirozzo) wurde am 26. August 1582 in Bisignano (Cosenza), Italien, als Sohn von Giovanni Pirozzo und Ginevra Giardino geboren. Bei der Taufe erhielt er den Namen Lukas Antonius. Schon von Jugend an wurde er wegen seiner außergewöhnlichen Frömmigkeit bewundert: er nahm täglich an der hl. Messe teil, empfing an allen Festtagen die hl. Kommunion und meditierte – auch während der Feldarbeit – die Passion des Herrn.

Als Mitglied der Bruderschaft der Unbefleckten Empfängnis wurde er der Gemeinschaft als ein Beispiel an Tugendhaftigkeit anempfohlen. Bei den kanonischen Verfahren verwies man darauf, dass – wer immer ihm auf dem öffentlichen Platz eine Ohrfeige gab – er diesem als Reaktion demütig auch noch die andere Wange hinhielt.

Um das 18. Lebensjahr verspürte Lukas Antonius den Ruf des Herrn zum geweihten Leben. Aus verschiedenen Gründen musste er sein Vorhaben allerdings noch mindestens neun Jahre aufschieben, währenddessen er aber ein von Strenge und großem Einsatz bestimmtes Leben führte. Mit 27 Jahren trat er schließlich in den Franziskanerorden ein und durchlief den gesamten Ausbildungsweg in den Konventen von Bisignano (Cosenza) und Mesoraca (Crotone), wo er das Noviziat machte. Bei der Einkleidung nahm er den Namen Umile von Bisignano an. Die Formation der Novizen oblag zwei heiligen Ordensmännern: Pater Antonio von Rossano als Novizenmeister und P. Cosimo von Bisignano als Oberem des Konvents. Schon als Novize zeichnete sich Umile durch spirituelle Reife und Eifer in der Observanz der Regel aus. Schwungvoll widmete er sich dem Gebet, Gott stand stets im Mittelpunkt seiner Gedanken. Umile war gehorsam, demütig, gefügig und teilte mit Freuden die verschiedenen Situationen im Leben der Kommunität. Nachdem er, im besonderen Vertrauen auf die Fürbitte der Allerseligsten Jungfrau Maria, nicht wenige Schwierigkeiten überwunden hatte, legte er am 4. September 1610 die Ordensgelübde ab und vertiefte daraufhin sein Bemühen um ein heiligmäßiges Leben. In schlichter Weise und präzise erledigte er die typischen Arbeiten eines Ordensbruders, wie das Almosensammeln, den Dienst am Tisch der Kommunität, die Pflege des Gartens und jede andere von den Oberen verlangte manuelle Arbeit. Er intensivierte die Kasteiungen, das Fasten und den Eifer im Dienst an Gott und an seiner Gemeinschaft. Durch seine Barmherzigkeit gewann er die Sympathien aller: der Mitbrüder, der Bevölkerung und der Armen, an die er alles verteilte, was die Vorsehung ihm bereitstellte. Auch die charismatischen Gaben, die er in Fülle besaß, verwandte er zur Verherrlichung Gottes, für den Aufbau des Reiches Christi in den Seelen und zum Trost der Bedürftigen.

Bereits von Kindheit an hatte Umile die Gabe immer wiederkehrender Ekstasen, sodass er „der ekstatische Bruder“ genannt wurde. Öffentlich bekannt wurde dies ab 1613, was ihm Gelegenheit für viele Prüfungen und Demütigungen bot, denen ihn die Oberen unterzogen, um sicherzugehen, dass sie tatsächlich von seiner Einheit mit Gott herrührten und nicht bloß vorgetäuscht waren. Nachdem er diese aber ertragen und glücklich bewältigt hatte, wurde sein Ruf der Heiligkeit nur noch größer, sowohl bei den Mitbrüdern als auch bei Außenstehenden. Zudem besaß Umile die seltenen Gaben der Herzensschau, der Prophetie und außerordentlicher Phänomene, vor allem aber der eingegossenen Weisheit. Obwohl Analphabet und ungebildet, gab er Antworten zur Heiligen Schrift und zu jedem Punkt der katholischen Lehre, die sogar herausragende Theologen in Staunen versetzten. Er wurde diesbezüglich von einer Kommission aus Welt- und Ordenspriestern unter dem Vorsitz des Erzbischofs von Reggio Calabria, von einigen Professoren aus Cosenza und in Neapel vom Inquisitor Msgr. Campanile in Gegenwart des Theatiners Benedetto Mandini und anderer mehrmals befragt, durch Vorbringen von Zweifeln und Gegenargumenten. Doch wusste Bruder Umile die Prüfer mit seinen Antworten stets zu verblüffen.

Es ist verständlich, mit welcher Wertschätzung man ihm allgemein begegnete. Pater Benigno von Genua, Generalminister des Ordens, nahm ihn als Begleitung zur kanonischen Visitation der Franziskaner von Kalabrien und Sizilien mit. Umile genoss das Vertrauen der Päpste Gregor XV. und Urban VIII., die ihn nach Rom riefen und, nachdem sie ihn dem Geiste nach streng hatten prüfen lassen, sich seiner Gebete und Ratschläge in Bezug auf die Führung der Kirche bedienten. In Rom hielt er sich mehrere Jahre auf, wobei er einige Monate im Konvent Sant’Isidoro degli Irlandesi verbrachte und dann aus Gesundheitsgründen in den Konvent San Francesco a Ripa übersiedelte, wo er eine gute Pflege erhielt. Er kannte Pater Bernardo, dem er das Jahr voraussagte, in dem dieser Generalprokurator des Ordens werden würde, was genau 40 Jahre nach Umiles Tod geschah. Für kurze Zeit wohnte er auch im Konvent Santa Croce in Neapel, wo er sich für die Verbreitung des Kultes des Seligen Johannes Duns Scotus einsetzte, der in der Diözese von Nola besonders verehrt wurde.
Um 1628 ersuchte Umile darum, in die Missionsgebiete gehen zu dürfen, um dort zu „leiden“. Als er von den Oberen eine abschlägige Antwort erhielt, fuhr er fort, dem Reich Gottes unter seinen Leuten zu dienen, indem er sich der Schwächsten, der Ausgegrenzten und der Vergessenen annahm.

Das Leben von Bruder Umile war „ein unaufhörliches Gebet für die gesamte Menschheit“. Seine Gebete waren einfach, doch kamen sie von Herzen. Als ihn Pater Dionisio da Canosa, der viele Jahre hindurch sein Beichtvater und sein erster Biograf war, einmal fragte, was er denn vom Herrn in so vielen Stunden des Gebets erbitte, erwiderte er: „Ich mache nichts weiter als zu Gott zu sagen: ,Herr, verzeih mir meine Sünden und gib, dass ich Dich so liebe, wie ich verpflichtet bin, Dich zu lieben; vergib der ganzen Menschheit ihre Sünden und mach, dass alle Dich lieben, wie sie verpflichtet sind, Dich zu lieben.‘“

So war das Geheimnis seines Lebens das Geheimnis eines Gottes, der große Dinge tut in der Kreatur, die an ihn glaubt und sich ganz seiner Liebe anvertraut, indem sie alles, Gegenwärtiges und Zukünftiges, in seinen Händen heiligt und sich ausschließlich in seinen Dienst stellt. Dieses Leben, in dem der Glanz der Heiligkeit Gottes aufleuchtete, war auch das Geheimnis der Bereitschaft Bruder Umiles, der in seiner tiefen und überzeugten Demut, unablässig wiederholte: „Alle Geschöpfe loben und preisen den Herrn, ich allein beleidige ihn.“

Von Christus eingeladen, alles aufzugeben und alles zu wagen für das Reich Gottes, verspürte er den Zauber der Seligpreisungen der Bergpredigt und willigte ein, sich in den Dienst von Gottes Plan zu stellen, indem er sich bemühte so zu leben wie der hl. Franziskus von Assisi, „in Gehorsam, ohne Eigentum und in Keuschheit“ (Franz von Assisi, Regola bollata, 1:FF 75).

Die Armen nämlich sind, ähnlich wie Maria, die ganz den Willen des Vaters getan hat, befreit von all den Bindungen an die vergänglichen Dinge und den Ambitionen, die nur bittere Enttäuschung hervorrufen, und sie haben einen viel offeneren und freieren Geist. Ein wahrhaft armer Geist sorgt sich nicht, regt sich nicht auf, verliert sich nicht in unzähligen Dingen, sondern weiß nach oben zu blicken und lässt sich von Gott, vom Evangelium seines Sohnes, bezaubern, wie sein Gebet zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit beweist: „O Vater , o Sohn, o Heiliger Geist, o ewiger Vater, o Sohn, Weisheit des Vaters, o Heiliger Geist, Liebe und göttliches Feuer, ertränkt mich in diesem Meer der Liebe, taucht mich ein in diesen Strudel und versenkt mich in diesen Abgrund der Liebe und der Heiligen Vervollkommnung. O Allerheiligste Dreifaltigkeit, verbrennt und verzehrt mich in diesem glühenden Ofen eurer Liebe. O heiligste Menschheit meines Jesus, bete für mich als Mensch und gib mir als mein Schöpfergott und Erlöser diese Heilige Liebe.“

So tat Bruder Umile, wenngleich von allen geschätzt, nichts anderes, als sich vor Gott zu demütigen, indem er sich für einen Sünder hielt. Während „alle Geschöpfe Gott loben und preisen, bin ich der Einzige, der Ihn beleidigt“, sagte er zu Gregor XV. und fragte ihn nach einem Ort, an dem er Gott in absoluter Verborgenheit dienen könne. Um 1627, zehn Jahre vor seinem Tod, wurde Bruder Umile im Gehorsam verpflichtet, seine biografischen Daten, die von Pater Dionisio da Canosa gesammelt wurden, zu bestätigen.

Als ihn Urban VIII. schweren Herzen entlassen musste, sagte er zu den Anwesenden: „Fürwahr, dieser Mensch ist vom göttlichen Geist erfüllt.“ Schwer krank aus Rom zurückgekehrt, wurde Bruder Umile im Konvent seines Heimatdorfes Bisignano aufgenommen, wo er seinen Weg als Franziskanerbruder begonnen hatte und wo er nach dem Empfang der Eucharistie am 26. November 1637 mit einem friedlichen Lächeln im Herrn entschlief. Sein Grab befindet sich im Konvent Sant’Umile da Bisignano, Piazza Riforma, Bisignano, Italien.

Am 19. Mai 2002 wurde Umile von Bisignano von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, nachdem ihn Papst Leo XIII. am 29. Januar 1882 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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