Andreas Resch: Thomas von Cori

THOMAS VON CORI
(Franziskus Antonius Placidus)
(1655-1729)

PROFESSPRIESTER
DES ORDENS DER MINDERBRÜDER
(FRANZISKANER)

Heilig: 21 November 1999
Fest: 11. Januar

THOMAS VON CORI (Franziskus Antonius Placidus) wurde am 4. Juni 1655 als Sohn von Natalis Placidi und Angela Cardilli in Cori, Provinz Latina, Latium, geboren und am gleichen Tag auf den Namen Franziskus Antonius getauft. Von klein auf zeigte er eine besondere Frömmigkeit. So besuchte er jeden Morgen den Gottesdienst im Heiligtum der Madonna del Soccorso.

Seine Kindheit war durch ein einfaches Leben geprägt. Die Eltern waren arm, aber nicht bedürftig und konnten ihn daher studieren lassen. Aber schon bald musste er mehr Verantwortung übernehmen, als ihm lieb war. Der frühzeitige Tod seiner Mutter und auch des Vaters – Franziskus war gerade einmal 14 Jahre alt – zwang ihn, das Studium aufzugeben und für die Ausbildung und den Unterhalt seiner beiden Schwestern zu sorgen. Zudem musste er sich noch um die kleine Herde des Vaters kümmern. Als Hirte lernte er die Weisheit der einfachsten Dinge kennen und so reifte sein persönlicher Lebensplan. Nachdem die Schwestern geheiratet hatten, konnte der junge Mann seiner Eingebung folgen, die er seit Jahren in den Tiefen seines Herzens bewahrte, nämlich im franziskanischen Ordensleben ganz Gott zu gehören. Er hatte die Minderbrüder im Konvent St. Franziskus in seinem Heimatdorf kennengelernt. Mit 22 Jahren trat er am 7. Februar 1677 mit der Einkleidung im Konvent der Allerheiligsten Dreifaltigkeit in Orvieto (PG) als Kleriker in den Franziskanerorden ein und nahm den Namen Bruder Thomas an. Nach Beendigung des Noviziats legte er am 8. Februar 1678 die Profess auf die Regel des hl. Franziskus ab.

Von 1678 bis 1683 war er beim Studium Generale von S. Maria del Paradiso in Viterbo Schüler des berühmten Lorenzo Cozza da San Lorenzo. Nach Abschluss der theologischen Studien wurde Thomas 1683 zum Priester geweiht und erhielt am 19. Juli desselben Jahres die Erlaubnis zum Predigen, unterschrieben vom Generalminister Pier Marino Sormano. Unmittelbar darauf wurde er zum Vize-Novizenmeister im Konvent der Allerheiligsten Dreifaltigkeit in Orvieto ernannt, da den Oberen seine Begabungen nicht verborgen geblieben waren. Doch Thomas blieb nicht lange in diesem Konvent.

Als er von den Klausen (Ritiri) erfuhr, die im Orden zu blühen begannen, und von der Absicht der Oberen der Römischen Provinz, eine solche auch im Konvent von Civitella (heute Bellegra) zu errichten, bat er darum, dorthin versetzt zu werden. Seine Bitte wurde erhört und so klopfte der junge Pater am 25. April 1684 an die Pforte des armen Konvents mit den Worten: „Ich bin P. Thomas aus Cori und komme, um mich zu heiligen!“ Tatsächlich zeichnete dieser Ort sein Leben und sein Leben zeichnete den Ort. Seinem Eifer, seiner Klugheit und seiner Nächstenliebe ist es zu verdanken, dass verschiedene Ordensleute auch aus anderen Provinzen des Ordens in die Klause eintraten, um die strenge Lebensform zu üben, die dort eingeführt worden war. Dank seines Beispiels und der Regeln, die auf ihn zurückgehen, wurde die Klause wirklich zu einer Schule der Heiligkeit, wie außer Thomas selbst auch sein Schüler, der hl. Theophilus von Corte, und die Seligen Marianus von Roccacasale sowie Diego Oddi beweisen. Zwei Jahre später, am 27. Mai 1686, wurde er mit nur 31 Jahren zum Guardian ernannt – ein Zeichen der Wertschätzung, das ihm die Oberen entgegenbrachten, aber auch eine schwere Bürde. Franz Anton von Parma, der über ein Jahr in Bellegra lebte, sagte, dass es viele „Dinge gab, um die sich P. Thomas verdient machte, bis hin zur Abschaffung weltlicher Gepflogenheiten, die dort gang und gäbe waren, wie Spiele und andere Verderbtheiten, ja, besonders darum, die schon begonnene rigorose Observanz aufrechtzuerhalten“. Es waren sehr schwierige Momente, vor allem am Anfang, sodass Thomas versucht war, die Klause zu verlassen. Mit der für Heilige typischen Hartnäckigkeit gelang es ihm jedoch, die Schwierigkeiten zu überwinden, und so wurde sie innerhalb kurzer Zeit zum Bezugspunkt von ganz Subiaco, wo er ein intensives und beständiges Apostolat ausübte.

1703 richteten die Oberen im Konvent von Palombara eine zweite Klause ein und bestimmten P. Thomas zu deren Guardian. Auch hier waren die anzugehenden Probleme, wie in Bellegra, nicht einfach. Schon viel zu lange hatten sich für eine Klause unpassende Gewohnheiten eingebürgert. So wurde die Klausur nicht beachtet, der Garten und der Wald beim Konvent waren zu einer Art öffentlichem Park geworden, zu einem Erholungsraum für die Männer und Frauen des Ortes. Thomas setzte diesen Missbräuchen ein Ende, doch war er dabei zu harten Entscheidungen gezwungen, die ihn unpopulär machten.

Als Letztes ließ er die Olivenbäume des Konvents ausgraben, weil sie für ihn Besitztum und einen Luxus darstellten, der sich für Ordensleute nicht ziemte, die sich nicht um das Morgen sorgen, sondern allein auf die Vorsehung vertrauen sollten. Die Dorfbewohner reagierten geschlossen und drohten damit, die Patres auszuhungern, indem sie ihnen Almosen verweigern wollten. Dennoch kehrte, ähnlich wie in Bellegra, auch in Palombara nach den ersten Stürmen Ruhe ein; die Milde und Güte von Thomas überwanden jede Befürchtung und das anfängliche Misstrauen. Die Leute verstanden den neuen Wind, der im Kloster wehte. Als Thomas die Sabina verließ, um nach Bellegra zurückzukehren, war er schon allen zum Vater geworden: den Mitbrüdern im Konvent ebenso wie den Priestern und den Bewohnern des Dorfes. Das einstige Murren hatte sich in Beweise der Zuneigung verwandelt, und so war der Schmerz groß, als er ging.

Zwischen 1708 und 1709 nach Bellegra zurückgekehrt, verbrachte Thomas dort den Rest seines Lebens – ein Zeitraum von zwanzig Jahren, in denen sein Ruhm im gesamten südlichen Latium stetig zunahm. Sein Wort zeitigte vor allem bei der Reform der öffentlichen Sitten und bei der Befriedung untereinander zerstrittener Personen seine Wirkung.

Sein Name bleibt jedoch in einzigartiger Weise mit dem großen Werk der „Klausen“ (Ritiri) S. Francesco in Civitella (heute Bellegra) und S. Francesco in Palombara Sabina verbunden. Die Konstitutionen der Klause, die noch handschriftlich im Archiv von Bellegra aufbewahrt sind, kosteten ihn 20 Jahre des Studiums, des Gebets und der Opfer. Sie erfuhren jedoch die Ehre, am 11. Januar 1706 von P. Cozza, dem damaligen Provinzial, approbiert und dann beim Generalkapitel von Murcia (1756) mit einigen kleinen Modifizierungen auf alle Klausen des Franziskanerordens ausgedehnt zu werden. Sein bedeutendster Schüler in diesem Bereich war zweifellos der hl. Theophilus von Corte (†1754), der die Klausen von Fucecchio in der Toskana und von Zùani auf Korsika gründete.

Die vielen Jahre, die Thomas in S. Francesco di Bellegra verbrachte, lassen sich in drei Punkten zusammenfassen:
Thomas war, wie es auch vom hl. Franziskus hieß, nicht so sehr ein Mann, der betete, als vielmehr ein Mann, der selbst ganz Gebet war. Diese Dimension inspirierte das gesamte Dasein des Gründers der Klause. Der hervorstechendste Zug seines spirituellen Lebens war, dass die Eucharistie im Mittelpunkt stand, von ihm bezeugt durch die intensiv miterlebte Feier derselben sowie durch das stille Gebet in den langen Anbetungsnächten der Klause nach dem um Mitternacht gefeierten Stundengebet. Sein Gebetsleben war gekennzeichnet durch eine ständige Trockenheit des Geistes. Das völlige Fehlen eines spürbaren Trostes im Gebet und in seinem Einheitserleben mit Gott zog sich über gut 40 Jahre hin, wobei man ihn stets heiter antraf, wenn er ausschließlich den Primat Gottes lebte.

Thomas schloss sich jedoch nicht in die Klause ein und vergaß das Wohl seiner Mitbrüder und den Kern der franziskanischen Berufung, der apostolisch war. Mit gutem Recht wurde er, wie schon erwähnt, „der Apostel von Subiaco“ genannt, hatte er doch bei der unermüdlichen Verkündigung des Evangeliums, bei der Spendung der Sakramente und den zahlreichen außergewöhnlichen Ereignissen, die ihn begleiteten, Städte und Dörfer durchquert. Seine Predigt war einfach und klar, überzeugend und stark. Er erklomm nicht die berühmtesten Kanzeln seiner Zeit: seine Persönlichkeit gab ihr Bestes in der engen Umgebung von Latium, indem er seine franziskanische Berufung in der Dimension des „Einfachen“ und in der konkreten Entscheidung für die Ärmsten lebte.

Im sozialen und karitativen Bereich war er ein Mann der Güte und des Friedens. Auf den Widerstand einiger Mitbrüder gegen seinen Reformwillen und die Radikalität im Leben des franziskanischen Ideals wusste Thomas mit Geduld und Demut zu antworten, wobei er sich in der Sorge um den Konvent auch allein befand. Er hatte klar erkannt, dass jede wahre Reform bei sich selbst beginnt. Die bemerkenswerte Korrespondenz, die uns überliefert ist, zeugt von seiner Aufmerksamkeit für die kleinsten Erwartungen und Bedürfnisse seiner Mitbrüder und der vielen Freunde und Beichtkinder, die sich um Rat an ihn wandten. Im Konvent bewies er seinen Geist der Nächstenliebe dadurch, dass er, wann immer nötig, zur Verfügung stand, selbst für die geringste aller Arbeiten.

Inzwischen setzten die physischen und geistigen Leiden, die ihn stets begleitet hatten, seinem Leben immer mehr zu. Am 11. Januar 1729 „starb er lächelnd und in großem Frieden und großer Freude“, wie der Chronist schreibt. Sein Grab befindet sich im Ritiro S. Francesco, via S. Francesco, Bellegra (RM), Italien.

Am 21. November 1999 wurde Thomas von Cori (Franziskus Antonius Placidus) von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen, nachdem ihn Papst Pius VI. am 3. September 1786 seliggesprochen hatte.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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