Andreas Resch: Theodor Romza

THEODOR ROMŽA
(1911-1947)

BISCHOF u. MÄRTYRER

APOSTOLISCHER ADMINISTRATOR
VON MUKACEVE

Selig: 27. Juni 2001
Fest: 1. November

THEODOR ROMŽA wurde am 14. April 1911 in Velykyj Byčkiv in der Oblast Transkarpatien im damaligen österreichisch-ungarischen Kaiserreich geboren. Er war das Letzte der neun Kinder von Pál Romža und Maria Szemák und erlebte die schwierige Realität jener Region. Als gebürtiger Ungar wurde er dann tschechoslowakischer Staatsbürger und starb schließlich unter der Herrschaft des Sowjetregimes. Zu seinen Lebzeiten erfuhr seine Heimat mindestens fünfmal eine Namensänderung. Romžas Vater war Eisenbahner, während sich die Mutter mit viel Hingabe und Umsicht der Kindererziehung widmete.
Theodor besuchte die Volksschule seines Heimatdorfes und anschließend von 1922 bis 1930 mit großem Erfolg das wissenschaftliche Gymnasium in Huszt. Im zweiten Studienabschnitt glänzte er auch als guter Athlet und lernte neben Ungarisch die Grundbegriffe so verschiedener Sprachen wie Tschechisch, Latein, Französisch, Russisch und Ruthenisch.
Nach Abschluss des Gymnasiums wurde Romža an das Collegium Germanicum et Hungaricum nach Rom geschickt, wo er an der Päpstlichen Universität Gregoriana studierte. Dort belegte er neben den üblichen theologischen Fächern auch Kurse in Psychologie, Biologie, Chemie, Physik und Mineralogie und besuchte außer Philosophie als Hauptfach ebenso einen Kurs für Geschichte der russischen Philosophie. Nach dem Tod von Msgr. Péter Gebé, der seine Studien finanziert hatte, stand er ohne Unterhalt da und wandte sich in dieser Situation an seinen Diözesanbischof Alexander Sztojka, um die Erlaubnis zum Übertritt vom Germanicum in das Russicum zu erhalten. Dieser willigte ein unter der Bedingung, dass er in der Folge seinen Dienst in Russland und nicht bei den emigrierten Russen im Westen leiste. Der Übertritt zum Russicum erfolgte am 7. September 1934 ohne Unterbrechung der Studien an der Gregoriana. Zu Weihnachten 1936 wurde Romža in der Basilika Santa Maria Maggiore vom russischen Bischof Alexander Jevrejinov zum Priester geweiht.
1937 kehrte er in die Heimat zurück, um den Militärdienst zu absolvieren, und wurde von dem Augenblick an, als sich die Eparchie von Mukačeve im tschechoslowakischen Staat befand, als Schüler in die Prager Offiziersschule für Militärkapläne eingezogen. 1938 beendete er den Militärdienst und während er noch hoffte, die nötigen Mittel aufzubringen, um zum Studium an die Gregoriana zurückzukehren, wurde Romža zum Administrator der Pfarreien in den Dörfern Berezova und Alsòbisztra unweit seines Heimatdorfes ernannt. Mit der Ernennung zum Spiritual des Seminars von Ungvár und zum Professor für Philosophie an der theologischen Akademie 1939 musste er alle Hoffnung auf ein Weiterstudium in Rom aufgeben. Er hielt damals 12 Stunden Vorlesungen in Philosophie pro Woche und hatte 66 Kleriker unter seiner geistlichen Leitung.
Am 8. September 1944 wurde Romža zum Titularbischof von Appia sowie zum Weihbischof des Apostolischen Administrators von Mukačeve (Ukraine) ernannt; und am 24. September 1944 wurde er als damals jüngster Bischof der katholischen Kirche in der Kathedrale von Užhorod geweiht. Das hieß, in der Leitung der Diözese von Mukačeve die schwierigste Aufgabe zu übernehmen. In den Karpatischen Bergen wüteten schon die Kämpfe des Zweiten Weltkrieges. Es scheint, dass der junge Bischof die Situation bereits vorausahnte, als er kurz vor Ankunft der Roten Armee schrieb: „Die Grenze zwischen Užhorod und der Sowjetunion liegt nur 60 km entfernt… Es komme, was kommen muss. Mein Ziel ist es, meine apostolische Arbeit gerade unter ihnen zu machen. Ich habe keinerlei Absicht zu fliehen… Andererseits wäre es kein Unglück, wenn sie mich umbringen. Sterben für Christus heißt, in Ewigkeit leben.“

Als die Rote Armee im Oktober 1944 in der subkarpatischen Region einmarschierte, entstand eine für die Kirche bis dahin völlig unbekannte politische Situation. Vom ersten Tag der Besatzung an stand Bischof Romža nämlich der Forderung der sowjetischen Führung gegenüber, die Vereinigung der subkarpatischen Region mit der sowjetischen Ukraine zu unterstützen. Er erhielt sogar einen Höflichkeitsbesuch des Kommandanten, der ihn hinsichtlich der Zukunft „beruhigte“ und noch dazu zu einer Rede für die Feier des Jahrestages der russischen Revolution einlud. Der Text des Bischofs war verständlicherweise vorsichtig formuliert: So dankte er dem Herrn für das Ende des Krieges und empfahl der Bevölkerung, für einen soliden und dauerhaften Frieden zu beten. Die Sowjets jedoch, die sich damit nicht zufriedengaben, ließen in der Zeitung eine verfälschte Version der Rede veröffentlichen. Das war das Signal für die systematische Verfolgung.
Die Kirchen wurden besetzt und den Orthodoxen übergeben, die Priester gefangen genommen. Von Bischof Romža wurde eine öffentliche Erklärung zugunsten des neuen Regimes verlangt. Er lehnte dies ab und wurde daraufhin von den Generälen Petrov und Mechlis zur Berichterstattung über sein Handeln vorgeladen. Mechlis, der die Macht der Sowjets verkörperte, schrie ihm ins Gesicht, dass es nun an der Zeit sei, sich vom Papst zu lösen. Romža antwortete mit einem entschiedenen „Nein“.

Es wurden zwei Gesetze erlassen: eines über die Freiheit, ohne jede Formalität die Religion zu wechseln, und eines für die Konfiszierung der Güter der katholischen Pfarreien. Romža versuchte ein Eskalieren der Situation zu verhindern, doch angesichts der Tatsache, dass es für ihn zunehmend schwieriger wurde, mit den Priestern auch nur zu sprechen, unternahm er mit einer von Pferden gezogenen einfachen Droschke eine allgemeine Pastoralvisitation, die über einen Monat dauerte. Es war offensichtlich, dass Bischof Romža nicht daran dachte, den Übergriffen der Machthaber zu weichen.
Die Lage war alles andere als einfach. Die Sowjets versuchten einige Priester zu überreden, sich in eigenmächtiger Weise zu Bischöfen ernennen zu lassen, unter der Bedingung, dass sie mit dem Regime zusammenarbeiteten. Die Reaktion war einhellig empörte Ablehnung.
Am 29. Juni 1945 wurde die karpatische Ukraine der sowjetischen Ukraine angeschlossen. Die Situation verschlechterte sich. Die griechisch-katholische Kirche wurde fortan öffentlich verfolgt. Doch je stärker das Regime den Schraubstock anzog, umso mehr beharrte Bischof Romža auf seinen Pastoralmissionen. Er war unter Lebensgefahr in den Ortschaften präsent, um durch seine Gegenwart und mit seinen ermunternden Botschaften die Verteidigung der Interessen der Diözese zu organisieren und zu leiten. Die Organe des Regimes waren gezwungen, den mutigen Widerstand und die unerschütterliche Standhaftigkeit des Klerus und der Gläubigen anzuerkennen.

Nach Konsolidierung der Sowjetmacht in der Westukraine 1946 einschließlich der subkarpatischen Region und nach Inkorporation der griechisch-katholischen Diözesen von Galizien in das Moskauer Patriarchat verblieb als einzige griechisch-katholische Diözese die subkarpatische Region.
Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, waren die Feierlichkeiten zu Mariä Himmelfahrt, als 83.000 Pilger nach Mukačeve kamen, von denen lediglich 3.000 Orthodoxe waren, die übrigen Katholiken. Das war zu viel für die Sowjets, die dies nicht tolerierten, und so wurde im Herbst 1947 auf höchster politischer Ebene der UDSSR der grundlegende Beschluss gefasst, Bischof Theodor Romža zu liquidieren. Der damalige Parteisekretär in der Ukraine, Nikita Chruschtschow, ersuchte Stalin um die entsprechende Vollmacht. Als Romža, der bereits unter Beobachtung stand, darum bat, sich zur Konsekration der Kirche von Lavky in den Distrikt von Mukačeve zu begeben, erteilten ihm die Behörden die Erlaubnis, um ihn so im Zuge eines inszenierten Autounfalls eliminieren zu können.

Der Bericht über Romžas Ermordung scheint fast einem Horrorfilm entnommen. Am 27. Oktober 1947 befand sich der Bischof auf der Rückfahrt von der Einweihung der Kirche in Lavky. In seiner Begleitung befanden sich zwei Priester und zwei Kleriker. Entlang der Straße von Čerejivci und Ivanivci fuhr ein mit Soldaten und Polizisten beladener Lastwagen in voller Geschwindigkeit gegen die Droschke des Bischofs – in der unmissverständlichen Absicht, diese zum Umkippen zu bringen und den Tod des Bischofs als Unfall erscheinen zu lassen. Die Pferde waren auf der Stelle tot. Die Droschke zerbrach in tausend Stücke. Romža und seine Begleiter aber erlitten nicht einmal einen Kratzer. Daraufhin versuchten die Soldaten ihr Werk mit Hilfe von Eisenstangen zu vollenden. Sie schlugen so lange auf ihre Opfer ein, bis sich diese nicht mehr rührten und für tot gehalten wurden. In der Folge eilten einige Passanten zu Hilfe und brachten die Schwerverletzten in das Spital von Mukačeve. Die Priester und die Kleriker wurden nach einiger Zeit wieder entlassen. Bischof Romža hingegen, dessen Verletzungen schwerer waren, blieb weiterhin im Spital. Mit der Zeit besserte sich sein Zustand. Doch plötzlich wurden die Basilianerinnen, die ihn pflegten, abgezogen und durch eine Krankenschwester „des Vertrauens“ ersetzt. Sie war es, die am 1. November 1947 dem Bischof das tödliche Gift Curare injizierte. Er starb mit den Worten: „O Jesus….“ Am 4. November wurde er in der Kathedrale von Užhorod beigesetzt. Die griechisch-katholische Kirche in Transkarpatien wurde daraufhin noch heftiger verfolgt und 1949 offiziell aufgehoben.

Seit 1991 befindet sich die Kathedrale von Užhorod wiederum im Dienst der griechisch-katholischen Kirche. Die sterblichen Überreste von Bischof Romža konnten identifiziert werden und ruhen heute noch dort.

Am 27. Juni 2001 wurde Theodor Romža von Papst Johannes Paul II. in Lemberg seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 2001 – 2004. Innsbruck: Resch, 2015 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 6). XIV, 482 S., 110 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-099-5, Ln; EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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