Andreas Resch: Stephan Vinzenz Frelichowski


STEPHAN VINZENZ FRELICHOWSKI

(1913-1945)

DIÖZESANPRIESTER

MÄRTYRER

Selig: 7. Juni 1999
Fest: 23. Februar

STEPHAN VINZENZ FRELICHOWSKI wurde am 22. Januar 1913 als Sohn von Ludwig Frelichowski und Martha Olszewska in Chełmża, Polen, geboren und am darauffolgenden 29. Januar auf den Namen Stephan Vinzenz getauft. Die Familie Frelichowski war sehr religiös. Die sieben Kinder wuchsen in einem von Frohsinn und gegenseitigem Wohlwollen getragenen Klima heran und wurden zur Achtung traditionell christlicher Werte erzogen. Nachdem Stephan das neunte Lebensjahr vollendet hatte, wurde er Ministrant, und hat – wie sich die Mutter erinnerte – bei der hl. Messe nie gefehlt.

Von 1919 an besuchte er die Volksschule in Chełmża. Ab dem 1. September 1923 begann er mit dem Studium am staatlichen Humanistischen Gymnasium. Mit 12 Jahren trat Stephan dem Päpstlichen Missionswerk vom Kinde Jesu bei und beteiligte sich später aktiv an den Zusammenkünften der Marianischen Kongregation, deren Präsident er am 19. Januar 1930 wurde. Nach der Reifeprüfung am 26. Juni 1931 trat Frelichowski im Herbst desselben Jahres in das Große Seminar der Diözese von Chełmno mit Sitz in Pelplin ein, womit gleichzeitig die innige Beziehung zu einem Mädchen in die Brüche ging und er sich die Aussicht auf eine weltliche Karriere verbaute.

Nach seiner Priesterweihe am 14. März 1937 wurde Frelichowski Sekretär des Bischofs, obwohl er sich eher zur Seelsorge berufen fühlte. Erst am 2. Juli 1938 schickte man ihn als Vikar in die Pfarre der Seligen Jungfrau Maria von Toruń. Der junge Priester gewann schon bald die Wertschätzung und das Vertrauen seines Pfarrers, der verlauten ließ, dass Frelichowski „als Vikar nicht nur der beste Mitarbeiter der Kapläne der Pfarrei der Seligen Jungfrau Maria, sondern sämtlicher Kapläne der Stadt Toruń“ sei. Aufgrund seiner Ausbildung als Pfadfinder wurde ihm die Seelsorge der Jugendgruppen anvertraut. „Er hatte – nicht zuletzt aufgrund seiner Erfahrungen als Pfadfinder – die besondere Gabe, mit den Jugendlichen Freundschaft zu schließen, und sowohl den Unterricht in der Schule als auch die Vorbereitung auf die Sakramente gestaltete er in verantwortungsvoller und sympathischer Weise, sodass ihm die jungen Leute gerne Folge leisteten.“ Die Jugendarbeit hinderte ihn jedoch nicht daran, ein Priester für alle zu bleiben, in Sorge um den Fortschritt des spirituellen Lebens der seiner Obhut anvertrauten Menschen.

Frelichowskis Eifer wurde jedoch schon bald von den Nazis unterdrückt. Am 7. September 1939 drangen die Truppen der Wehrmacht in Toruń ein und es begann die Zeit der Besatzung. Am 11. September wurden sämtliche Priester der Pfarrei der Seligen Jungfrau Maria verhaftet und in das Gefängnis der Stadt gebracht. Nach seiner kurz darauf erfolgten Freilassung wurde Frelichowski am 18. Oktober 1939 erneut festgenommen. Sein erster Bestimmungsort war die alte Befestigungsanlage in der Nähe von Toruń, genannt Fort VII, die bereits als echtes Konzentrationslager diente. Frelichowski bewahrte eine würdevolle Haltung. Den älteren Priestern zollte er Respekt und mit den jüngeren pflegte er einen vertrauensvollen Umgang. Schon in den ersten Tagen organisierte er ein gemeinsames Gebet und die Gottesdienste für die Priester und Laien, die in anderen Zellen untergebracht waren. Als klar war, dass diejenigen, die man zu den Verhören abholte, gleich darauf erschossen wurden, sorgte er dafür, dass sie die Möglichkeit zur Beichte hatten.

Am 10. Januar 1940 wurde Frelichowski, nach einem kurzen Aufenthalt im Durchgangslager von Nowy Port in der Nähe von Danzig, in das Konzentrationslager Stutthof nahe Danzig überführt. Auch dort organisierte er gemeinsame Gebete und Messfeiern unter Katakombenbedingungen. Es gelang ihm sogar, einige Hostien und etwas Wein zu besorgen. Mit dem Risiko, Repressalien zu erleiden, bzw. unter Todesgefahr organisierte er zwei hl. Messen, jeweils am Gründonnerstag und zu Ostern 1940. Von Anfang März bis zum 7. April 1940 wurde er zur Zwangsarbeit in den Gruben von Grenzdorf bestimmt.

Am 9. April 1940 wurde Frelichowski in das Konzentrationslager Oranienburg-Sachsenhausen vor den Toren Berlins deportiert. Der Empfang, der den eintreffenden Priestern im neuen Lager bereitet wurde, ließ keinen Zweifel daran, was den Häftlingen bevorstand. Vor Betreten des Lagers wurde den Gefangenen klargemacht, dass sie für jede religiöse Betätigung auch mit dem Tode bestraft würden. Trotz der Hinweise auf die Gefahren zeigte Frelichowski aber auch hier die Größe seiner Priesterseele.

Am 13. Dezember wurde Stephan Frelichowski schließlich mit einer Gruppe von Priestern in das Konzentrationslager Dachau in der Nähe von München in Bayern überführt, wo er entsprechend den immer begrenzteren Möglichkeiten weiterhin seiner Aufgabe als Priester nachkam. Wenngleich die Lagerkapelle von Dachau erst am 21. Januar 1941 geöffnet wurde, war es Frelichowski insgeheim schon einen Monat vorher gelungen, an das Allerheiligste Altarsakrament zu gelangen, um dieses vor allem den Sterbenden im Lager zu reichen. Und dank der Bekanntschaft mit einem polnischen Arzt, der ihn wegen eines Tuberkulosekranken passieren ließ, gelang es ihm, sich schon bald im Krankensaal einzurichten, sodass er seinen pastoralen Dienst auch dort ausüben konnte.

Von April 1940 an genossen die Priester in Dachau für die Dauer von ca. sechs Monaten eine bessere Behandlung als die übrigen Insassen. Sie konnten auch von der für sie eingerichteten Kappelle Gebrauch machen. Nach dieser Zeit verlangte man von ihnen den Verzicht auf die je eigene Nationalität sowie den gesellschaftlichen Stand. Eine Eintragung in die sog. „Deutsche Volksliste“ hätte auch die Freilassung bewirken können. Gemeinsam mit den anderen lehnte es Frelichowski jedoch ab, auf Staatsbürgerschaft und Identität als Priester zu verzichten, was eine grausame Unterdrückung seitens der Lagerbehörden nach sich zog.

Als der Gebrauch jedweden religiösen Zeichens, die Gebetspraktiken und die Verwendung der Kapelle verboten wurden, „organisierte“ Frelichowski die tägliche Kommunion, indem er die Eucharistie besorgte und unter den Priestern und Laien austeilte; dabei riskierte er jeweils die denkbar schwerste Bestrafung. Er war von der Universalität seines priesterlichen Dienstes zutiefst überzeugt und daher auch immer bereit, all jenen zu Hilfe zu eilen, die es am meisten nötig hatten, wie Kranke, Leidende, Betagte und Jugendliche.

In den Jahren 1943/44 besserte sich die Situation im Lager. Es war möglich, von Seiten der Angehörigen Lebensmittelpäckchen zu empfangen. Frelichowski setzte sich mit seiner Familie in Polen in Verbindung, beschaffte sich auf diesem Wege Hostien und Wein und organisierte in den einzelnen Blocks geheime Messfeiern. Es gelang ihm sogar, im Block Nr. 28 die sogenannte „Caritas“ zu organisieren, um einen Teil der eingetroffenen Lebensmittel unter jenen zu verteilen, die von niemandem Hilfe bekamen.

In den ersten Monaten des Jahres 1944 brach im Lager epidemisches Fleckfieber aus. Die Zahl der Blocks die im sogenannten „Revier“ untergebracht und vom Rest des Lagers getrennt waren, nahm zu. Trotz absoluten Kommunikationsverbots mit dem isolierten Teil des Lagers kletterte Frelichowski über den Stacheldrahtzaun und brachte den Sterbenden, die völlig sich selbst überlassen waren, ein Stück Brot, wobei er die Gelegenheit wahrnahm, seine priesterlichen Funktionen der Versöhnung und Tröstung auszuüben.

Während sich die Epidemie ausbreitete und eine immer größere Zahl an Opfern forderte, gelang es ihm, eine Gruppe von Priestern zu organisieren, und er bemühte sich um die Zugangserlaubnis zum isolierten Teil des Lagers. An die 30 Priester, überwiegend Polen, suchten daraufhin die isolierten Blocks auf, um inmitten der Sterbenden ihr priesterliches Amt auszuüben, solange bis sie sich selbst mit Typhus angesteckt hatten, was angesichts der dort herrschenden Lebensumstände unvermeidlich war.

So traf es auch den jungen Frelichowski. Dazu gesellte sich noch eine Lungenentzündung. Sein durch die physische und moralische Anstrengung des pastoralen Einsatzes noch zusätzlich geschwächter Organismus hielt dem nicht lange stand. Am 23. Februar 1945, wenige Wochen vor der Befreiung des Lagers, starb Stephan Frelichowski, dahingerafft von der Krankheit des Lagers, nachdem er gebeichtet und die Kommunion empfangen hatte. Seine Gefährten, Bekannten und die übrigen Häftlinge wurden von seinem Tod schmerzlich getroffen, der als „schön und wertvoll im Angesicht Gottes“ bezeichnet wurde, weil er ein Leben krönte, das ganz von der Liebe zu Gott und dem Nächsten inspiriert war.

Die Lagerbehörden erteilten die Erlaubnis zur öffentlichen Aufbahrung des Leichnams. Ein Augenzeuge erinnert sich: „Schweigend und in feierlicher Verinnerlichung im Gebet bewegte sich der Zug der Gefangenen in der Leichenhalle. Junge wie Alte, Polen wie Ausländer zogen am Leichnam vorbei. Alle kannten ihn. In diesem Augenblick wurden viele innige Gebete für ihn an den Schöpfer gerichtet, unzählige Tränen rollten über die Gesichter. Ein geliebter und heiligmäßiger Priester war von ihnen gegangen. Es war ein Mensch gestorben, der sein Leben auf dem Altar der Liebe und Barmherzigkeit dem Nächsten gegenüber geopfert hatte.“ Seine sterblichen Überreste wurden möglicherweise im Ofen des Krematoriums verbrannt oder aber in einem Massengrab beigesetzt.

Am 7. Juni 1999 wurde Stephan Frelichowski von Papst Johannes Paul II. in Toruń, Polen, seliggesprochen.

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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