Andreas Resch: Savina Petrilli


SAVINA PETRILLI
(1851-1923)

GRÜNDERIN
DES INSTITUTS DER SCHWESTERN
DER ARMEN
VON DER
HL. KATHARINA VON SIENA

Selig: 24. April 1988
Fest: 18. April

SAVINA PETRILLI wurde am 29. August 1851 als zweites von acht Kindern der Eheleute Celso Petrilli und Mathilde Vetturini in Siena, Italien, geboren. Bei der Taufe erhielt sie den Namen Savina. Die Familie lebte in bescheidenen Verhältnissen und die Eltern erzogen ihre Kinder in christlichem Sinne. Aufgrund einer schweren Erkrankung empfing die kleine Savina im September 1852 die Firmung.

Ihre Kindheit verbrachte Savina in mehr oder minder kränkelndem Zustand. Dank der mütterlichen Fürsorge konnte sie jedoch im Alter von neun Jahren die Schule der Töchter der Nächstenliebe von San Girolamo besuchen, wo sie ein ihren starken religiösen Neigungen entsprechendes Umfeld fand. Ihre Lehrerin bestätigte, dass Savina als junges Mädchen nichts anderes kannte „als das Zuhause und die Schule, sie lernte und lehrte den Katechismus in der Pfarre von S. Pellegrino und daheim“. Aus diesem Grund wurde ihr erlaubt, mit etwa zehn Jahren die Erstkommunion zu empfangen; danach war sie so in Gedanken versunken, dass die Schwestern sie erst beim Namen rufen mussten, damit sie aufstand, um mit den anderen hinauszugehen. „Kaum hatte ich Jesus empfangen“, schrieb sie später, „war mir, als wäre ich in ihn eingetaucht; mein Herz schlug so heftig, dass ich glaubte, es müsste zerspringen vor überschäumender Freude.“ Es war genau an dem Tag, dass Savina die Berufung verspürte, in den Ordensstand zu treten, um zur Ehre Gottes eine Aufgabe zu vollbringen.

Mit 15 Jahren trat sie in die Marianische Kongregation ein, weihte sich der Unbefleckten Empfängnis und wurde unmittelbar darauf zur Präfektin ernannt. Von da an hielt sie Katechismusunterricht in der Pfarre und auch in der Familie, wobei sie vor allem die Straßenkinder um sich versammelte, um ihnen eine bessere religiöse Bildung zu vermitteln. Am 31. Mai 1868 legte sie das private Gelübde der Keuschheit ab.
Als Pius IX. am 7. Juli 1869 eine Gruppe aus Siena zur Audienz empfing, sagte er zu ihr: „Wandle in den Spuren der hl. Katharina von Siena und folge ihrem Beispiel.“ Die noch nicht einmal achtzehn­jährige Savina hatte dem Pontifex nichts über ihre Pläne verraten, doch betrachtete sie seine Worte als Ausdruck dessen, was der Herr von ihr erwartete. Einige Tage später, am Fest Mariä Himmelfahrt, bekräftigte sie das Gelübde der Keuschheit formell vor ihrem Beichtvater.

Als sie die Zeit für gekommen hielt, um sich an die Arbeit zu machen, suchte sie Unterstützung bei ihren Gefährtinnen und fand in der Marianischen Kongregation jene Mitstreiterinnen, die ihr bei der Gründung des Instituts halfen.

Ihr erstes Augenmerk widmete die Gruppe den verlassenen Mädchen; man traf sich eine Zeit lang in Savinas Elternhaus zum gemeinsamen Gebet und zur Arbeit. Als sich 1872 die Gelegenheit bot, eines dieser einsamen Geschöpfe bei sich aufzunehmen, fragte Savina vorher den Erzbischof von Siena, Msgr. Heinrich Bindi, um Rat. Seine Antwort war: „Nehmt das Mädchen auf. Es ist dies ein Zeichen für das, was der Herr von euch erwartet.“

Nachdem sie die Erlaubnis erhalten hatte, gründete Savina mit 22 Jahren bei sich zu Hause die Kongregation der Schwestern der Armen von der hl. Katharina von Siena (Abb.) Am 15. August 1872 legten die vier jungen Frauen die Gelübde ab, lebten aber weiterhin im Kreise ihrer Familien. Die konkrete Arbeit begann mit der kleinen Nazarena Cancogni, die verlassen, halb erfroren und weinend in einem Raum unter einer Treppe aufgefunden wurde. Nach Erhalt der ersten diözesanen Approbation am 4. August 1873 konnten die Frauen im Haus der Gründerin ihr Gemeinschaftsleben aufnehmen.

Da es für Savinas Familie schwierig wurde, all die Leute im Haus zu haben, suchte sie mit ihren treuen Gefährtinnen Giuseppa Niccolini und Fortunata Medici eine Unterkunft, wo sie zusammenbleiben und sich Werken der Nächstenliebe widmen konnten. Mit Hilfe des Erzbischofs und anderer Personen gelang es Savina 1873, sieben Zimmer eines Hauses zu erwerben. Diese Errungenschaft war ein sehr wichtiges Ereignis in ihrem Leben: Damit konkretisierten sich ihre Hoffnungen, dass ein lange gehegter und beharrlich verfolgter Traum Wirklichkeit werde. Im gleichen Jahr verfasste sie einfache, aber klare Regeln, die später überarbeitet und erweitert wurden.

Am Vorabend von Mariä Geburt, dem 7. September 1874, übersiedelte die kleine Ordensgemeinschaft aus Savinas Elternhaus in die neue Wohnstätte. Petrilli betrachtete dieses Datum als die Geburtsstunde der Kongregation, während der 8. Dezember 1873 für sie das Datum der Konzeption des neuen Instituts bedeutete. Nach der erfolgreichen Gründung des Instituts bemühte sich Savina mit unglaublicher Hartnäckigkeit um eine Verbesserung der Situation der Schwestern, die am Anfang ein Leben voller Entbehrungen ertragen hatten.

Oft konnte Savina abends nicht einschlafen, weil sie nicht wusste, wie sie am nächsten Tag die Schwestern und die Mädchen versorgen sollte, wo sie doch mittellos waren. Sie tröstete sich mit dem Gedanken, dass sie die Vorsehung noch nie im Stich gelassen hatte. So empfahl sie auch ihren Mitschwestern, die Liebe zur Armut zu hegen und großes Vertrauen in die göttliche Vorsehung zu setzen. Sie legte ihnen auch nahe, dass sie – bevor sie sich zu Tisch setzten – ein Auge darauf haben sollten, dass es den Kindern an nichts mangelte, und – sollte doch einmal etwas fehlen – sich auch des Allernotwendigsten entledigten, um es den Kleinen zu geben.

Nach Eröffnung des ersten Hauses 1874 wurden die Regeln im Jahr darauf von der Diözese approbiert. 1899 folgte die päpstliche Approbation der Konstitutionen, weshalb Savina Petrilli und einige Gefährtinnen am 8. Dezember 1900 die Gelübde „auf Zeit“ ablegen konnten.

Das Werk machte rasche Fortschritte und umfasste sämtliche Bereiche, in denen Armut und Schmerz sich in Form von Ignoranz, körperlicher wie seelischer Behinderung, Alter, Einsamkeit, Verwahrlosung, Krankheit und Gottlosigkeit kundtaten.

Die endgültige apostolische Approbation der Konstitutionen des Instituts im Jahre 1906 war für Savina von großer Bedeutung. Bei der Abfassung der Regeln hatte sie sich stets von einem Kriterium äußerster Strenge leiten lassen, war sie doch überzeugt, dass man den Bedürfnissen der Armen und Verlassenen nur in einem wirklich engagierten und selbstvergessenen Leben ausreichend entgegenkommen könne. So war sie etwas überrascht, als der in Rom mit der Prüfung der Konstitutionen beauftragte Konsultor die von ihr intendierte Strenge beseitigen wollte, und sie setzte durch, dass die Kongregation einen anderen Konsultor ernannte, der ihrem Wunsch nach absoluter Strenge nachkam.

„Die echte Armenschwester“ – pflegte sie zu sagen – soll an ihrer Zeit sparen, nicht an sich selbst. Die Schwester der Armen, Gleiche unter Gleichen, arbeitet viel und scheut keine Mühen. (…) Ein gutes Herz gewöhnt sich weder an den Anblick von Armut, noch wird es müde, diese zu bekämpfen. Wo auch immer sie Armut antrifft, verbeugt sie sich vor ihr.“

Diese Offenheit entsprang ihrem impulsiven, starken und entschlossenen Charakter, der sie nicht selten zu harten Vorwürfen verleitete. Unter der weisen Führung ihres Spirituals gelang es ihr allmählich, ihr Temperament zu zügeln; sie nahm mütterliche Züge an und ertrug auch die verschiedensten körperlichen Leiden, die immer offener zutage traten. Savinas Gesundheit war von Anfang an labil gewesen. So wurde sie bereits unmittelbar nach der Geburt getauft und erhielt, wie erwähnt, im Jahr darauf die Firmung, weil man ihr Leben bedroht glaubte. Sie hatte nicht nur von Geburt an einen deformierten Fuß, sondern wurde ab 1890 fast dreißig Jahre lang von multiplen Fibromen am ganzen Körper geplagt. Trotz dieser Beschwerlichkeiten zeichnete sich Mutter Savina in ihrer Funktion als Generaloberin (ein Amt, das sie 30 Jahre lang ausübte) stets durch eine äußerst vielseitige Tätigkeit aus. Von 1911 an lebte sie in völliger Hingabe an Gott.

In ihren letzten Jahren führten die im Brustbereich sich ausbreitenden Fibrome, ein Abszess im Mundraum sowie ein Tumor unter dem Arm zu einer allgemeinen Infektion, die sie an den Rand des Todes brachte. Savina Petrilli starb am 18. April 1923 in Siena. Sie wurde unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Friedhof der Erzbruderschaft der Barmherzigkeit der Kapelle des Instituts beigesetzt und dann am 20. April 1925 in die Heimsuchungskirche von Siena in der Via de’ Rossi überführt.

Trotz des herrschenden Antiklerikalismus und der politischen Schwierigkeiten der damaligen Zeit erfuhr das Institut starken Zuwachs und verbreitete sich in verschiedenen Teilen der Welt.

Am 24. April 1988 wurde Savina Petrilli von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

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