Andreas Resch: Rupert Mayer

RUPERT MAYER
(1876-1945)

PROFESS-PRIESTER
DER
GESELLSCHAFT JESU

Selig: 3. Mai 1987
Fest: 1. November

RUPERT MAYER wurde am 23. Januar 1876 als Sohn der wohl­habenden Kaufleute Rupert Mayer und Emilie Wehrle in Stuttgart, Deutsch­land, geboren und am 28. Februar auf den Namen Rupert getauft. Die sechs Kinder erhielten eine solide, verantwortungsbewusste Erziehung im Schoß der Familie, getragen vor allem vom Beispiel der Eltern. Am 13. April 1890 empfing Rupert die Erstkommunion. Ab 1892 besuchte er die Schule der Jesuiten in Ravensburg, wo er 1894 mit gutem Erfolg die Reifeprüfung be­stand. Auf seinen Wunsch hin, Jesuit zu werden, wurde ihm geraten, sich vorerst auf die Priesterweihe vorzubereiten und erst dann – sofern er noch wollte – in die Gesellschaft Jesu einzutreten. 1894/95 belegte er an der Uni­versität in Freiburg, Schweiz, Kurse in Philosophie, Geschichte, Französisch und Katechetik; 1895/96 studierte er Theologie an der Universität München und von 1896-1898 in Tübingen. Im September 1898 trat er in das Große Seminar in Rottenburg ein, wo er nach acht Monaten, am 2. Mai 1899, zum Priester geweiht wurde.

Am 10. Juni 1899 begann Mayer seine seelsorgliche Arbeit als Kooperator in der Pfarre von Spaichingen in Württemberg. Am 1. Oktober 1900 trat er in das Noviziat der Gesellschaft Jesu in Feldkirch-Tisis, Österreich, ein. Von 1901 bis zum Oktober 1904 vervollständigte er seine philosophischen und theologischen Studien im Scholastikat der Deutschen Provinzen der Je­suiten in Valkenburg, Holland, wo er am 2. Oktober 1902 die einfachen Gelübde ablegte. 1904/05 war er als Novizenmeister in Feldkirch-Tisis tätig und absolvierte anschließend 1905/06 das dritte Probejahr in Wijnandsra­de, Holland. Von dort wurde er wiederum nach Valkenburg versetzt, um als Volksmissionar zu arbeiten. Diese Tätigkeit setzte er ab 1908 von Feldkirch-­Tisis aus fort, wo er am 2. Februar 1911 als Koadjutor der Gesellschaft Jesu die Ewige Profess ablegte.

Im Januar 1912 wurde Mayer als Seelsorger für die Zuwanderer nach München versetzt. Das geistige Klima in der Stadt war damals sehr gespannt. Einige Atheisten erklärten die Ära Gottes sogar öffentlich für beendet und proklamierten gleichzeitig den Beginn des Zeitalters des Menschen. Mayer besuchte die Familien der Neuankömmlinge vom Lande und aus den Dör­fern, scharte Mitarbeiter um sich, hielt Vorträge vor den Arbeitnehmerverbänden, förderte Werke der Nächstenliebe und die Jugendhilfe in München, widmete sich der Marianischen Kongregation unter den Studenten und führ­te die Praxis der monatlichen Kommunion für die Jugend ein, die dann auch von den Männern wahrgenommen wurde und sich innerhalb kurzer Zeit auf alle Pfarreien der Stadt ausdehnte.

Am 29. Juni 1914 nahm er an der offiziellen Gründung der Kongregation der Schwestern von der Hl. Familie in München teil, für die er bis an sein Lebensende als Spiritual tätig sein sollte.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges meldete sich Mayer unverzüglich als Freiwilliger, um den Soldaten an der Front Trost und Beistand zu leisten. Vom 25. August 1914 bis zum 8. Januar 1915 wirkte er als Militärkaplan im Lazarett von Feld Nr. 2 des Ersten Korps der Bayrischen Armee. Am 8. Janu­ar 1915 wurde er als Militärkaplan in die 8. Division der Bayerischen Reser­ve berufen. So fand er sich auf den Schlachtfeldern in Frankreich, Galizien und Rumänien jeweils an vorderster Front, wo er den Soldaten heldenhaft zur Seite stand. Mayer erhielt verschiedene Auszeichnungen, darunter – als erster Feldgeistlicher der deutschen Armee – das Eiserne Kreuz 1. Klasse. In seiner pastoralen Arbeit war er unermüdlich. An einigen Sonntagen hielt er bis zu acht Gottesdienste. Am 30. Dezember 1916 wurde er in Val Sulta in Rumänien schwer verletzt, woraufhin ihm in mehreren Operationen das linke Bein bis über das Knie amputiert wurde.

Nach Kriegsende, ab November 1918, versuchte Mayer, den Menschen zu helfen, die sich kriegsbedingt und wegen der politischen Parteien, wel­che sich der Stadt München in der Nachkriegszeit bemächtigten, in großen Schwierigkeiten befanden. Am 28. November 1921 ernannte ihn Kardinal Faulhaber zum Präses der Marianischen Männerkongregation von Mün­chen, die unter seiner Führung von 3.800 auf 7.000 Mitglieder anwuchs, sich in 53 Pfarrverbänden organisierte und zum spirituellen und karitativen Zentrum Münchens wurde.

Im Frühjahr 1923 erklärte Mayer auf einer von den Nationalsozialisten organisierten öffentlichen Versammlung im Münchner Bürgerbräukeller freimütig, dass ein gläubiger Katholik niemals Nationalsozialist sein könne; und nach der gescheiterten Revolution der Nationalsozialisten am 9. No­vember desselben Jahres bot er den Sterbenden und Verwundeten seinen geistlichen Beistand an. Am 21. Mai 1925, anlässlich einer Audienz Papst Plus‘ XI. für eine Gruppe von Mitgliedern der Marianischen Kongregation von München, würdigte der Papst das heldenhafte priesterliche Wirken von P. Rupert Mayer.

Von 1933 an erwies sich P. Mayer als unerschrockener Verfechter der Rechte der Katholischen Kirche gegen die Angriffe der Nationalsozialisten, die in Deutschland am 30. Januar des Jahres die Macht ergriffen hatten. Um dem Volk näher zu sein, zelebrierte er die Sonn- und Feiertagsmessen in einer großen Bahnhofshalle. Der ersten Messe um 3.10 Uhr morgens folgten sechs weitere. Am 8. Mai 1936 wurde er wegen seiner Predigten von der Gestapo verwarnt; am 16. Mai 1937 erhielt er öffentliches Redeverbot, pre­digte jedoch weiter. Am 28. Mai wurde er mit Predigtverbot belegt; Mayer aber hielt sich nicht daran, stand dieses Verbot doch in krassem Gegensatz zu dem zwischen dem Hl. Stuhl und dem Reich am 20. Juli 1933 geschlos­senen Konkordat.

Auch die Zelebration der Messe in der Bahnhofshalle wurde ihm unter­sagt. Am 5. Juni 1937 wurde P. Rupert Mayer verhaftet und in der Folge we­gen Verstoßes gegen das Predigtverbot sowie staatsgefährdender Aktivitäten unter Anklage gestellt. Im Anschluss an die öffentliche Gerichtsverhandlung vor dem Sondertribunal in München wurde P. Mayer am 23. Juli 1937 zu sechs Monaten Freiheitsentzug verurteilt. Nachdem er sich lediglich aus Ge­horsam Kardinal von Faulhaber gegenüber weiterer Predigten enthielt, er­folgte seine sofortige Enthaftung. Am 16. November legte Kardinal Eugen Pacelli, Staatssekretär von Pius XI., bei der Reichsregierung gegen Mayers illegitime Verhaftung und Verurteilung Protest ein. Am 26. Dezember 1937 nahm P. Mayer mit Erlaubnis der kirchlichen Oberen seine Predigertätig­keit wieder auf, wurde aber am 5. Januar 1938 erneut festgenommen und in das Gefängnis von Landsberg gebracht. Nach seiner Freilassung am 3. Mai 1938 im Zuge einer Generalamnestie kehrte er nach München zurück, hielt aber aus Gehorsam keine Predigten mehr. Am 2. September dessel­ben Jahres wurde P. Mayer aufgrund seiner rhetorischen Begabung, seiner großen Tugendhaftigkeit und seines christlichen Heldenmutes zu den vier feierlichen Gelübden zugelassen. Am 3. November 1939 wurde er neuerlich von der Gestapo verhaftet, diesmal unter dem Vorwand, der Polizei nicht gemeldet zu haben, dass während seiner priesterlichen Tätigkeit Personen an ihn herangetreten seien, welche die Absicht hätten, in Bayern wieder die Monarchie zu errichten. P. Mayer lehnte es ab, über angebliche Gespräche, die er als Priester geführt hatte, Auskunft zu erteilen, und so wurde er am darauf folgenden 22. Dezember in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht und von dort aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes und aus Angst, sein Tod würde als Martyrium gewertet, am 5. August 1940 mit Eskorte zuerst nach Berlin, dann nach München geleitet. Vom 6. August 1940 bis zur Besetzung des Gebietes durch amerikanische Truppen Anfang Mai 1945 lebte P. Mayer, von der Außenwelt praktisch völlig abgeschlossen, an seinem Verbannungsort in der Abtei Ettal. Am 6. Mai 1945 hielt er in der Klosterkirche eine Predigt über den Sinn der christlichen Vergebung. Am 11. Mai kehrte er nach München zurück, um in der von Bomben zerstörten Stadt seine seelsorgliche Tätigkeit wieder aufzunehmen.

P. Mayer war aber inzwischen physisch erschöpft, weshalb er am 3. Ok­tober 1945 das Amt des Präses der Marianischen Kongregation niederlegte. Am 1. November erlitt er während der Predigt bei der 8-Uhr-Messe in der Kirche St. Michael einen Schlaganfall. „Der Herr… der Herr… „ waren seine letzten Worte. Wenige Stunden später, um 11.00 Uhr, starb P. Rupert May­er im Josephinum in München. Am 4. November wurde er in Anwesenheit von Tausenden von Gläubigen auf dem Friedhof der Jesuiten in Pullach bei München beigesetzt.

Am 23. Mai 1948 wurden die sterblichen Überreste in die Krypta der Münchner Bürgersaalkirche überführt, wo sein Grab heute noch von unzähligen Gläubigen besucht wird.

Am 3. Mai 1987 wurde P. Rupert Mayer von Papst Johannes Paul II. in München seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

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