Andreas Resch: Richard Pampuri

RICHARD PAMPURI
(Erminio Filippo)
(1897-1930)

ORDENSMANN
VOM HOSPITALORDEN DES
HL. JOHANNES V. GOTT
(BARMH. BRÜDER)

Heilig: 1. November 1989
Fest: 1. Mai

RICHARD PAMPURI wurde am 2. August 1897 als zehntes von elf Kindern des Innocente Pampuri und der Angela Campari in Trivolzio (Pavia), Italien, geboren und am darauffolgenden Tag auf den Namen Hermann Philipp getauft. Als er mit drei Jahren die Mutter verlor, kam er in die Obhut seines Großvaters und Verwandter mütterlicherseits in Torrino Pavese, einer ländlichen Gegend unweit seines Heimatortes. Von den Onkeln, die überzeugte Christen waren, erhielt er eine gediegene, tief religiöse Erziehung. Mit zehn Jahren verlor er 1907 auch den Vater, der bei einem Verkehrsunfall in Mailand ums Leben kam.

Mit 12 Jahren trat Hermann Philipp 1909 als Interner in die zweite Gymnasialklasse des Kollegs Sant’Agostino in Pavia ein, wo er bis zum Abschluss des Lyzeums mit 18 Jahren seine Zeit in einer von christlichem Geist getragenen, heilsamen und friedlichen Umgebung verbrachte. Derart vorbereitet wurde er zum Organisator, Animator, Sprecher und Katecheten und erwies sich dabei als ein echter Apostel der Jugend. Unter den jungen Leuten wählte er einige aus, die ihm als die edelsten Gemüter erschienen, um mit ihnen die sog. „eucharistische Gruppe“ zu bilden, deren Aufgabe es war, täglich das Allerheiligste zu besuchen.

Nach Abschluss des Lyzeums 1915 inskribierte Pampuri an der Medizinischen Fakultät der Universität Pavia, wo er mit seinem Verantwortungsbewusstsein und seiner Ehrlichkeit schon bald zum Vorbild des katholischen Laien wurde. Er trat der Italienischen Katholischen Studentenverbindung (FUCI) bei und bemühte sich, der positivistischen und materialistischen Atmosphäre seiner Zeit mit einem soliden Glauben und dem Zeugnis eines aktiven Katholizismus zu begegnen. Pampuri war Mitglied der Vinzenzkonferenzen und des Universitätszirkels „Severino Boezio“, wobei er durch sein Beispiel und sein makelloses Leben mehr Mitglieder anzog als durch Vorträge und sonstige Propagandaaktionen.

Am 1. April 1917 wurde der junge Student einberufen und als medizinische Hilfskraft in ein Feldspital im Kriegsgebiet von Ruda-Ville Vicentina beordert, wo er zunächst als Unteroffizier, dann als Offizier und Arztanwärter Sanitätsdienst leistete. Beim Rückzug aus Caporetto brachte er auf einem von einer Kuh gezogenen Karren in einem 24-stündigen Fußmarsch bei strömendem Regen das gesamte medizinische Material des kleinen Lazaretts ins Sicherheit, das Offiziere und Soldaten zurückgelassen hatten. Mit Aktionen ähnlicher Art erwarb er sich, neben einer Auszeichnung, vor allem das Vertrauen der Soldaten und Offiziere.

Nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst 1920 nahm Pampuri das Universitätsstudium wieder auf und legte am 20. März 1921 die Profess auf die Regel des Dritten Ordens der Franziskaner ab. Nach der Promotion in Medizin und Chirurgie am 6. Juli 1921 an der Universität Pavia, bei der er die Höchstpunktezahl erreichte, machte er ein Praktikum bei seinem Onkel, einem Arzt, und übernahm für kurze Zeit die Vertretung der Gemeindearztpraxis von Vernate. Gegen Ende des Jahres wurde Pampuri zum Gemeindearzt von Morimondo (Mailand) ernannt. 1922 absolvierte er mit Erfolg einen Fortbildungskurs am Institut für Geburtshilfe und Frauenheilkunde in Mailand und 1923 einen Kurs an der Universität Pavia, mit dem er die Befähigung zum Amtsarzt erwarb.

In Morimondo erwies sich Pampuri von Anfang an als ein eifriger Apostel und guter Samariter für die dortige Bevölkerung. Mitten unter den Menschen lebend, bekannte er offen und nachhaltig seinen Glauben, übte großzügig Werke der Barmherzigkeit und war ein wertvoller Mitarbeiter des Pfarrers. Er errichtete in der Pfarre einen Jugendzirkel der Katholischen Aktion und gründete eine Musikkapelle, die „Kapelle Pius X.“. Zudem war er Sekretär der Missionskommission der Pfarre. In der „Villa del Sacro Cuore“ der Jesuiten in Triuggio organisierte Pampuri, nicht selten auf eigene Kosten, Exerzitienkurse für die jungen Mitglieder des Zirkels sowie für Arbeiter und Bauern und lud auch Kollegen und Freunde dazu ein.

Als Arzt war Pampuri nicht nur äußerst dienstbeflissen und kompetent, sondern auch freundlich und großzügig. Zu jeder Tages- und Nachtzeit stand er zur Verfügung. In dem damals sehr unwegsamen Gemeindegebiet war er für seine Patienten jederzeit abrufbar, ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit. Die Kranken waren zum Großteil arm, und so versorgte er sie mit Medikamenten, Geld, Essen und Kleidern. Auch den Arbeitern und den Bedürftigen von Morimondo und aus den anderen Nachbardörfern ließ er seine Hilfe zukommen. Dem Pfarrer nannte er die Schwerkranken und bereitete sie selbst auf den Empfang der Sakramente vor; mit Freuden war er dabei, wenn es darum ging, den Sterbenden die letzte Wegzehrung zu bringen, wie es damals frommer Brauch war. So konnte der Pfarrer von Morimondo sagen, dass er sich nicht eines einzigen Patienten von Doktor Pampuri erinnerte, der ohne Sakramente gestorben wäre.

Ein solcher religiöser Einsatz gründete auf einer tiefen Wurzel, die der Beruf des Mediziners allein nicht hervorbringen konnte. Pampuri fasste daher immer mehr die völlige Hingabe an Gott ins Auge. Er ersuchte um Aufnahme bei den Jesuiten bzw. Franziskanern, doch wurde seine fragile Gesundheit als unüberwindliches Hindernis erachtet, und so musste er darauf verzichten. Ein befreundeter Priester, Don Ricardo Beretta, Sekretär des Missionsamtes von Mailand, mit dem Pampuri seelsorglich zusammenarbeitete, wandte sich an den Provinzial der Barmherzigen Brüder, berichtete ihm von der spirituellen Ausrichtung des Kandidaten und empfahl ihn als eine hervorragende Persönlichkeit, ohne die gesundheitlichen Probleme zu verschweigen. Der Provinzial antwortete auf nahezu prophetische Weise: „Sollte sich der junge Pampuri auch nur einen einzigen Tag als effizientes Mitglied unseres Ordens erweisen, so sei er willkommen: nachdem er uns auf Erden ein Grund zur Erbauung war, wird er uns im Himmel auch ein Schutzengel sein.“

Als Pampuri daher nach ca. sechs Jahren die Arztpraxis in Morimondo aufgab, um Ordensmann zu werden, war die Bestürzung über den Verlust des „jungen heiligen Doktors“ allseits groß, sodass sich sogar die lokale Presse damit befasste, war es doch sein Glaube, der ihn im Antlitz eines jeden Patienten Christus begegnen ließ. In einem Brief an seine Schwester Longina, die Missionsschwester in Kairo war und mit der er ein Leben lang einen besonderen Briefkontakt pflegte, schrieb er: „Bete, dass weder Hochmut, Egoismus noch sonst eine schlechte Angewohnheit mich je daran zu hindern vermögen, in meinen Kranken stets Christus zu sehen. Er ist es, der heilt; Er ist es, der tröstet.“

Pampuri widmete sich im Hospitalorden vom hl. Johannes von Gott (Barmherzige Brüder) ganz dem religiösen Leben, um dem Weg der Vervollkommnung in der Einheit mit Christus intensiver folgen und gleichzeitig den Arztberuf im Dienst am leidenden Nächsten fortsetzen zu können. Am 22. Juni 1927 trat er in Mailand in den Orden ein und ersuchte darum, sich im Gedenken an seinen Wohltäter, Don Riccardo, der ihm den Weg ins Kloster gebahnt hatte, „Bruder Richard“ nennen zu dürfen. Nach dem Noviziatsjahr in Brescia legte er am 24. Oktober 1928 die Gelübde ab. Diese volle Hingabe an Gott bei den Barmherzigen Brüdern brachte seinen Herzenswunsch zur Fülle der Weihe und Treue: Gott und dem Nächsten im Ordensleben zu dienen, ohne seine Aufgabe an der Seite der Kranken zu vernachlässigen.

Nach der Ernennung zum Leiter des Zahnambulatoriums, das die Barmherzigen Brüder im Spital der hl. Ursula in Brescia betrieben und das vornehmlich von Armen und Arbeitern aufgesucht wurde, setzte sich Bruder Richard unermüdlich und in bewundernswerter Hingabe zur Linderung ihrer Leiden ein, womit er sich die Wertschätzung der gesamten Bevölkerung sicherte.

Der damalige Ordensprovinzial, Pater Zaccaria Castellini, erinnerte sich, dass sich Bruder Richard im Hinblick auf das Gelübde der Gastfreundschaft und der Krankenpflege als Erster sowohl für einfache als auch für gehobenere Tätigkeiten zur Verfügung stellte: der Erste, der den Besen nahm, die Nachttöpfe und Spucknäpfe leerte und bei Abwesenheit des medizinischen Leiters oder des Primars auf Einladung des Oberen selbst in den weißen Kittel schlüpfte und die Arztvisiten durchführte. Die Verehrung, die das Volk dem „jungen Doktor“ gegenüber hegte, war so groß, dass ihm die Mütter sogar ihre Kinder brachten, damit er ihnen die Hände auflegte und sie segnete. Sein Wirken, das eben erst begonnen hatte, sollte sich jedoch als von sehr kurzer Dauer erweisen.

Bereits von Kindheit an schwächlich, wurde Pampuri wegen des neuerlichen Akutwerdens einer Brustfellentzündung, die er sich während des Militärdienstes zugezogen hatte und die in eine spezifische Lungenentzündung ausartete, am 18. April 1930 von Brescia nach Mailand gebracht, wo er am 1. Mai 1930 im ordenseigenen Spital S. Giuseppe im Alter von 33 Jahren im Ruf der Heiligkeit starb und „dabei die Erinnerung an einen Arzt hinterließ, der den eigenen Beruf in eine Mission der Nächstenliebe umzuwandeln verstand, sowie eines Ordensmannes, der sich als ein echter Sohn des hl. Johannes von Gott erwies“. Tatsächlich war Pampuri in seinem kurzen Leben für alle ein Vorbild an Vollkommenheit und Nächstenliebe: für die Kranken ebenso wie für das Assistenz- und Hilfspersonal, für die Ärzte, die Mitbrüder und alle anderen, die ihm begegneten. Nach dem Tod verbreitete sich sein heiligmäßiger Ruf, der ihm im Leben vorausgeeilt war, in ganz Italien, in Europa und auf den übrigen Kontinenten.

Bis 1951 ruhten seine Gebeine auf dem Friedhof von Trivolzio, wurden dann in das Baptisterium der dortigen Pfarrkirche überführt und werden heute in der ihm geweihten Kapelle von Pilgern aus ganz Italien und darüber hinaus verehrt.

Bei der Seligsprechung am 4. Oktober 1981 durch Papst Johannes Paul II. sagte dieser: „Er ist eine außergewöhnliche Gestalt, uns nahe in der Zeit, noch viel näher aber unseren Problemen und unserem Empfinden… Das kurze, aber intensive Leben von Bruder Richard Pampuri ist ein Ansporn für das gesamte Gottesvolk, vor allem jedoch für die Jugend, die Ärzte, die Ordensleute.“

Am 1. November 1989 hat ihn derselbe Papst heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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