PIUS VOM HL. ALOISIUS CAMPIDELLI
(1868-1889)
PROFESSKLERIKER
DER KONGREGATION
VOM LEIDEN JESU CHRISTI
(PASSIONISTEN)
Selig: 17. November 1985
Fest: 2. November
PIUS VOM HL. ALOISIUS CAMPIDELLI wurde am 29. April 1868 in Trebbio, Fraktion Poggio Berni in der Romagna, Italien, als viertes von sechs Kindern der armen Bauersleute Josef Campidelli und Filomena Belpani geboren und auf den Namen Alois getauft. Mit fünf Jahren wurde er, wie es damals Brauch war, gefirmt.
Als Alois sechs Jahre alt war, starb der Vater an Typhus, was die Familie in eine ziemlich schwierige Situation brachte. Praktisch musste die Mutter nun für alle sorgen, wobei ihr die Hilfe eines im Haus wohnenden Onkels sehr zugute kam.
Alois, der sich schon von klein auf als ein braver Junge erwiesen hatte, der gern betete und lernte, begann recht bald, die anderen im Katechismus zu unterweisen. Über eine kleine Glocke, die er an einem Baum festgebunden hatte, versammelte er die Buben und Mädchen aus der Umgebung zum Unterricht. In Trebbio besuchte er zunächst die von Kaplan Angelo Bertozzi eröffnete Privatschule, wo er sogar Kenntnisse in Latein erwarb.
Anschließend wechselte er in die öffentliche Volksschule, wo er sich durch seinen Ernst und Einsatz hervortat. Oft sah man ihn die Steine von der Straße räumen, um die Vorbeigehenden vom Fluchen abzuhalten. Die Mutter, die das Verhalten ihres Sohnes, das weit über sein Alter hinausging, beobachtete, wandte sich um einen Rat an seinen Bruder, der Priester war. Gemeinsam kamen sie zum Schluss: „Gott wirkt im Herzen dieses Knaben und dieser reagiert darauf vorbildlich.“ Seine Schwester Emilia erinnert sich, dass er „vor allem für den Vater, die Verstorbenen und die Verwandten betete“. Und Bruder Attilio bemerkt: „Um in die Kirche zu gehen, nimmt er täglich 5 km Fußmarsch auf sich, auch wenn ihn die Schuhe drücken.“ Seine Lehrerin Maria Amati bezeichnet ihn als „aufmerksam, ehrfürchtig und gehorsam“. Und sie fügt hinzu: „Ich erinnere mich sehr gut an den zarten Jungen mit dem blassen Aussehen und den höflichen Manieren. Er gibt mir nie Anlass, ihn zu tadeln, vielmehr müsste ich ihn loben. Man sieht es ihm an, dass er ein kleiner Engel ist.“ Es ist bezeugt, dass sich Alois die ganze Zeit über, die er in der Familie und in seinem Heimatort verbrachte, stets durch Güte und Fleiß auszeichnete.
Als er anlässlich einer Volksmission in Poggio Berni und Torriana die Passionisten kennen lernte, verspürte er den Ruf des Herrn zu einem Ordensleben, und zwar in deren Kongregation. Gemeinsam mit seiner Mutter ging er, um sie anzuhören. Er war fasziniert und für ihn war klar, dass dies sein Leben war. Eine innere Stimme sagte zu ihm: „Ich möchte, dass du Passionist wirst.“ Der Obere, dem er seinen Wunsch sogleich mitteilte, betrachtete ihn wohlwollend, meinte aber unter Hinweis auf sein Alter: „Du bist noch zu jung, du musst mindestens bis zum 14. Lebensjahr warten.“ Zudem hatte er – das sagte er ihm aber nicht – Zweifel bezüglich seiner Gesundheit, wenn er die zarte Gestalt des Jungen sah. Man riet Alois, das Seminar zu besuchen. Seine Wahl aber warklar: „Priester ja, Weltpriester nein! Diese leben in einer Welt voller Verantwortung und voller Gefahren. Die Ordensleute in ihren Klöstern hingegen sind immer mit Gott zusammen und können sich auf vielerlei Art retten.“
Nach vollendetem 14. Lebensjahr begab sich Alois am 2. Mai 1882 in das Kloster der Passionisten nach Santa Maria di Casale nahe Sant’Arcangelo di Romagna. Seine Schwester Theresia erzählt: „Alle, einschließlich der Mutter, haben wir geweint, nur er war fröhlich, lächelte und sagte: Meinetwegen braucht ihr nicht zu weinen, ich bin wahrhaft glücklich.“
Am 27. Mai 1882 begann er das Noviziat, erhielt das Kleid der Passionisten und nahm den Namen Pius vom hl. Aloisius an. Zum Novizenmeister hatte er Michael von der Gottesmutter, einen Gefährten des hl. Gabriel von der Schmerzensmutter. Nachdem er sich mit Eifer und nicht alltäglichem Elan in das strenge Leben der Passionisten eingefügt hatte, wurde am 20. Januar 1983 das Noviziat nach Sant’Eutizio di Soriano al Cimino bei Viterbo verlegt. Hier verbrachte er sechs Monate, die einzigen fernab seiner Heimat, der Romagna, wobei er zwar das Noviziat abschloss, die Profess aber aufgrund seiner Jugend noch nicht gleich ablegen durfte.
Am 24. Juli kehrte er nach Casale zurück, um dort in Vorbereitung auf das Priestertum mit seinen Gymnasial-, Philosophie- und Theologiestudien fortzufahren. Am 30. April 1884 schließlich, mit Vollendung des 16. Lebensjahres, so wie es damals die Norm war, legte Pius die Gelübde ab. Die Kommunität, die ihn einstimmig zur Profess zuließ, notierte seine „außerordentliche Bescheidenheit, die Genauigkeit und äußere Zurückhaltung als untrügliches Zeichen innerer Sammlung“. Der Novizenmeister bewahrte ihn in angenehmer Erinnerung. Einige Jahre später sagte er: „Nun, wo sind die Novizen der Passionisten hingekommen? Hier gibt es keine mehr. Pius, ja, Pius war noch ein echter Novize: gut, demütig, gehorsam, innerlich gesammelt, einer, der noch wirklich gebetet hat. Wenn ihr nicht Pius nachahmt, seid ihr keine echten Novizen.“
Das Leben von Pius vollzog sich in der Stille des Klosters, zwischen Augenblicken des Gebets, des Studiums, etwas Erholung und ausgedehnten Spaziergängen. Allen lebte er das Beispiel eines konsequenten und freudigen Lebens vor, wobei er sich durch eine besondere Verehrung für das Altarsakrament und den Gekreuzigten sowie durch seine Liebe zur Gottesmutter auszeichnete. Seine Schwester Theresia bestätigt, dass sie ihn bei ihren Besuchen immer äußerst zufrieden angetroffen habe. Die Mutter, die ihren Sohn vermisste, fragte ihn einmal, ob er denn nicht wieder nach Hause kommen wolle. Und er entgegnete darauf: „Nicht einmal um alles Gold in der Welt.“ Seine Entscheidung zum Ordensleben war eine echte göttliche Berufung.
Am 17. Dezember 1887 empfing Pius in der Kathedrale von Rimini die niederen Weihen. Seinen Weg zum Priestertum ging er mit außerordentlichem Einsatz. Alles schien gut zu laufen. Plötzlich aber, zu Beginn des Winters 1888, zeigten sich die ersten Symptome einer Lungentuberkulose. Pius, der sich der Schwere seiner Erkrankung wohl bewusst war, grämte sich trotz allem nicht, sondern empfahl sich dem Herrn. Als ihm ein Verwandter nahe legte, zur besseren Erholung doch in die Familie zurückzukehren, u. a. auch mit dem Versprechen einer reichen Erbschaft, antwortete er darauf erneut: „Nicht einmal um alles Gold in der Welt würde ich das tun.“ Seiner Mutter hinterließ er zur Erinnerung ein selbst gefertigtes Kruzifix.
Pius musste mittlerweile schon das Bett hüten, wo er stundenlang in der Betrachtung Gottes zubrachte und dabei leise Marienlieder summte.
Kurz vor seinem Tod noch eine besondere Hommage an seine Heimat, die Romagna: „Ich biete mein Leben für die Kirche, den Papst, die Kongregation, die Sünder, für meine geliebte Romagna.“ Und in einem Zustand der Ekstase, in dem seine tiefe mystische Verwurzelung zum Ausdruck kam, rief er aus: „Unendliche Weisheit meines Gottes! 0 unendliche Güte! 0 große, unermessliche Barmherzigkeit Gottes! 0 große Wahrheit! 0 unendliche Liebe! Ja, Gott ist die Liebe! Wie ist es möglich, eine so große Liebe zu beleidigen?“
Nachdem Pius den Tod vorausgesehen und seinen Sterbetag vorausgesagt hatte, versammelten sich alle Mitbrüder um sein Bett, wo Pius, kurz bevor er starb, seinen Blick an die Wand heftete und lächelnd meinte: „Siehe da, die Muttergottes kommt!“ Nachdem er seiner Mutter Filomena und den anderen versprochen hatte, dass sie ihn im Paradies wiedersehen würden, starb er im Haus von Santa Maria di Casale am 2. November 1889 im Alter von einundzwanzigeinhalb Jahren.
Pius wurde auf dem benachbarten Friedhof von San Vito begraben. 1923 wurden die sterblichen Überreste in das Heiligtum von Casale überführt, das während des Krieges am 23. September 1944 zerstört wurde. Nur das kleine Grabmal mit dem Bild und den Gebeinenen von Pius blieb unversehrt. 1969 fanden die sterblichen Überreste eine würdige Stätte im neuen Heiligtum der Madonna von Casale.
Während der sieben Jahre in der Kongregation war der Selige Pius vom hl. Aloisius für alle, ob jung oder alt, ein echtes Vorbild an Gläubigkeit, Sorgfalt und Eifer. In verschiedenen Zeugenaussagen wird er mit den jungen Heiligen Johannes Berchmans, Aloysius Gonzaga und Gabriel von der Schmerzensmutter verglichen.
Am 17. November 1985 wurde Pius vom hl. Aloisius Campidelli von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
Der junge Pius wird allen, besonders aber den Jungen, als ein Beispiel an Großzügigkeit, an Liebe zu den kleinen Dingen, an erfülltem inneren Leben nahegelegt. Das Heiligtum der Madonna von Casale ist auch zum Heiligtum des Seligen Pius Campidelli geworden.
RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 1). XII, 248 S., 56 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-070-4, Ln, EUR 24.60 [D], 25.44 [A]
Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at