Andreas Resch: Philippine Duchesne

PHILIPPINE DUCHESNE
(1769-1852)

PROFESS-SCHWESTER
DER GEMEINSCHAFT VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU

Heilig: 3. Juli 1988
Fest: 18. November

PHILIPPINE DUCHESNE wurde am 29. August 1769 als Tochter von Pierre François Duchesne und Rosa Euphrosine Périer in Grenoble, Frankreich, geboren. Die Eltern waren tief religiös, was auch auf die Tochter ausstrahlte, die bei der Taufe am 8. September die Namen Philippine und Rosa von Lima erhielt. Erzogen wurde sie in erster Linie von der Mutter, einer energischen Frau, deren christlicher Geist das konkrete Leben der Familie bestimmte.

1780 trat Philippine als Zögling in das dem Konvent der Heimsuchung Ste Marie d’en Haut angegliederte Kolleg ein, das 1619 von Franz von Sales gegründet worden war. Hier machte sie sich den Lebensstil und die Frömmigkeitsübungen des Klosters zu eigen. Mit 12 Jahren empfing sie die erste hl. Kommunion. Das Ereignis fand in ihrem Innern einen so starken Widerhall, dass sie das Bedürfnis verspürte, sich ganz Gott hinzugeben und im Ordensstand mit Ihm zu leben. Es war dies der Keim der Berufung zum apostolischen Leben, die sich dann mit den Jahren zunehmend klarer abzeichnete. Als die Eltern von den Absichten der Tochter erfuhren, nahmen sie sie aus dem Kloster. Sie musste fortan zu Hause wohnen und auf Geheiß des Vaters gemeinsam mit ihren Kusinen Unterricht erteilen. Philippine gehorchte, ohne mit der Wimper zu zucken, im vollen Vertrauen darauf, dass Gott ihr helfen würde. Der Abschied vom Kloster bedeutete für sie nicht auch schon den Abschied von den religiösen Praktiken. Durch Gebet und Eucharistie nährte sie ihre Berufung, ohne mit den Eltern darüber zu sprechen, weil sie wusste, dass sie dagegen waren. Erst als ihr diese eine gute Partie zwecks Eheschließung vorschlugen, fand Philippine deutliche Worte und eröffnete ihnen, dass sie Ordensfrau werden wolle. Die Eltern sträubten sich nicht weiter, weil sie glaubten, die Tochter werde mit der Zeit schon zur Vernunft kommen.

1787, mit 18 Jahren, beschloss Philippine, in das Kloster der Visitantinnen einzutreten. Sie wurde von der gleichen Oberin eingeführt, die auch ihre Erzieherin gewesen war. Warum sich Philippine gerade für die Visitantinnen entschied, begründete sie mit dem Wunsch, sich dem Apostolat der Mädchen weihen zu wollen. Vom Tag des Eintritts an machte sie „den Vorsatz, niemals nachzulassen, auch nicht in einem einzigen Punkt der Regel“. So konnte sie am Ende ihres Lebens von sich behaupten: „Ich kann mich nicht erinnern, diese auch nur einmal übertreten zu haben.“

Nach Beendigung des Noviziats bereitete sie sich auf die Ablegung der Profess vor, doch scheiterte dies am Einspruch des Vaters. Inzwischen häuften sich die Vorzeichen der Französischen Revolution. Anfang 1791 wurde den Visitantinnen die Säkularisierung nahegelegt, ansonsten sie das Kloster zu verlassen hätten. Die Schwestern schickten ein Protestschreiben, das sofortige Vergeltung nach sich zog, und so beeilte sich der Vater, seine Tochter zurückzuholen. Von 1791 bis 1801 lebte Philippine dann in der Familie und widmete sich Werken der Nächstenliebe, um die von den Revolutionären verfolgten Priester zu unterstützen. Sie besuchte diese und verschaffte ihnen Unterkunft und Nahrung. Zur Befriedigung ihrer materiellen und spirituellen Bedürfnisse gründete sie den Verein der „Barmherzigen Frauen“. Ohne Rücksicht auf Gefahren geleitete sie die Priester zu den Sterbenden. Damals starb auch die von ihr innig geliebte Mutter.

Nachdem der Sturm der Revolution abgeflaut war, erkannte Philippine, was der Herr von ihr wünschte: nämlich sich der ärmsten, verlassensten und hilflosesten Kinder anzunehmen. Als die Ordensleute nach dem Konkordat von 1801 in ihre Klöster zurückkehren konnten, trat auch Philippine wieder in das Kloster Ste Marie ein. Es war der Abend des 14. Dezember 1801. Die Oberin und die übrigen Schwestern kehrten in der Passionswoche 1802 zurück. Für Philippine begann eine harte Zeit. Nur wenige Visitantinnen unterstützten sie darin, dem Kloster Leben einzuhauchen, weil sie sich an das Leben dort nicht gewöhnen konnten, und so ließen sie Philippine in ihren Bemühungen völlig allein. Gott war ihre einzige Zuflucht und Hoffnung.

Als alles zusammenzubrechen drohte, hörte Philippine von einer neuen Kongregation, der Gemeinschaft vom Heiligsten Herzen Jesu, die sich der christlichen Erziehung der Jugend widmete, und sie beschloss, sich und das Kloster deren Gründerin Magdalena Sofia Barat anzubieten. Die Verhandlungen zogen sich hin. Inzwischen stellten sich im Kloster der Heimsuchung in Grenoble, wo man das Gemeinschaftsleben wieder aufgenommen hatte und sich der Erziehung der Mädchen widmete, neue Berufungen ein.

Am 13. Dezember 1804 kam Barat zusammen mit drei Schwestern nach Ste. Marie, nahm das Kloster in Besitz und Philippine und ihre Gefährtinnen als Novizinnen in die Gemeinschaft auf. Dies war der Beginn einer langen und tiefen Freundschaft zwischen den beiden Frauen, und für Philippine begann gleichzeitig eine neue Existenz. Sie schrieb: „Die Ankunft von Mutter Barat bedeutete für uns alle den Beginn eines besseren Lebens. Ab sofort konnten wir mit geschlossenen Augen in ihrem Schlepptau voranschreiten, und zur hellen Freude, unter ihrer Führung zu wandeln, gesellte sich das glückselige Empfinden, miterleben zu dürfen, wie unsere lang gehegten Wünsche langsam Gestalt annahmen und Wirklichkeit wurden, von denen wir hoffen, dass sie zur Ehre Gottes gereichen und wachsen mögen.“

Am 31. Dezember wurde das Noviziat eröffnet. Philippine erklärte, dass dieser Tag für sie und ihre Mitschwestern den Start in ein neues Leben bedeutete, dem sie sich weihten. Nach Beendigung des Noviziats 1805 legte sie in der Gemeinschaft vom Heiligsten Herzen Jesu die Profess ab. Danach verspürte Duchesne in ihrem Innern zunehmend den bereits seit ihrer Jugend vorhandenen Ruf, in die Mission zu gehen. Am 10. Januar 1806 vertraute sie diesen Wunsch Mutter Barat an, die sie dazu ermunterte, sich würdig darauf vorzubereiten, den Willen Gottes zu erfüllen. Entscheidend war die Nacht des Gründonnerstags desselben Jahres, wie Philippine in einem Brief an Mutter Barat schreibt, in dem sie dieser die ihr in jener Nacht während der Anbetung vor dem Allerheiligsten zuteil gewordene spirituelle Erfahrung mitteilte: „Die ganze Nacht über war ich auf dem neuen Kontinent… brachte an jeden Ort meinen Schatz (das Allerheiligste Altarsakrament)… Ich hatte auch mit dem Gedanken zu kämpfen, was ich alles würde aufgeben müssen: eine Mutter, Schwestern, Verwandte, die Berge … Wenn Sie zu mir sagen: ‚Ja, ich entsende Sie‘, wird meine Antwort ohne Zögern lauten: ‚Ich gehe!‘“ Durch diese Erfahrung gewann Philippine die Gewissheit, dass es göttlicher Wille war, dass sie in die Mission ging. Mutter Barat verweigerte jedoch ihre Zustimmung.

1815 wurde Duchesne zur Generalsekretärin gewählt, was sie zwang, von nun an in Paris zu leben. Sie war darüber nicht erfreut, weil sie vermutete, dass man ihr jede missionarische Perspektive nehmen wolle. Sie schrieb: „Ich habe diese Sache sehr bedauert, weil ich befürchtete, dass man mir damit jedes Mittel nehmen wollte, um meine Absichten zu verwirklichen.“ Mutter Barat machte ihr klar, dass es im Moment unmöglich war, und sie fügte hinzu: „Und verlangen Sie nichts von mir!“ Philippines vornehme Antwort war: „Ich verlange wirklich nichts von Ihnen; ich bitte Sie nur um ein Wort: Abreisen!“

Von den Aufgaben der Gemeinschaft entbunden und nach Erhalt der Erlaubnis von Mutter Barat wurde Philippine 1818 nach Louisiana geschickt, um dem Aufruf des Bischofs Folge zu leisten, der eine Kongregation von Erzieherinnen suchte, die ihm halfen, bei den Indianern und den jungen Franzosen seiner Diözese das Evangelium zu verkünden. Im März 1818 reiste sie gemeinsam mit zwei Gefährtinnen, Oktavia Berthold und Eugenia Audè, aus Bordeaux ab und kam am 29. Mai in der Nähe von New Orleans an. Nach ihrer Ankunft kniete sie nieder und küsste den Boden, um anschließend nach Saint-Louis (Missouri) weiterzureisen. Den Schwestern wurde eine Baracke zugeteilt. Sofort richteten sie dort eine Kapelle ein. Extreme Armut und Personalmangel zwangen sie aber, 1819 an einen Ort in den Bergen namens Florissant zu übersiedeln, wo sie 22 Schülerinnen aufnehmen konnten. 1820 eröffneten sie westlich des Mississippi die erste Gratisschule. Ein Noviziat für amerikanische Berufungen wurde aufgebaut; Gründungen an anderen Orten folgten. 1828 standen für die Aufnahme der Jugendlichen aus Missouri und Louisiana bereits sechs Häuser bereit. Philippine wechselte zwischen den Kommunitäten, um die Mitschwestern zu unterstützen, zu trösten und zu ermutigen.

In Bezug auf ihre Schülerinnen schonte sich Duchesne in keiner Weise, wenngleich sie einen Großteil der Verantwortung an andere Schwestern abtreten musste, weil es ihr nicht gelang, hinreichend Englisch zu lernen. So reservierte sie für sich die Aufgabe, die Gewänder der Schwestern und die Kleidung des Dienstpersonals auszubessern. Bei den Mädchen genoss sie hohes Ansehen, und diese stellten schon bald fest, dass von ihrem Gesicht nach der Kommunion oft ein Leuchten ausging.

1841 ging Duchesne mit drei Gefährtinnen nach Kansas City, um eine Gründung bei den Potowatomi-Indianern vorzunehmen, und sie versuchte auch, die indianische Sprache zu erlernen, doch wiederum erfolglos. So beschloss sie, acht Stunden täglich schweigend vor dem Allerheiligsten Altarsakrament zu verweilen, wobei die Indianer die Botschaft der „Frau, die immer betet“, schon bald durchschauten. 1842 kehrte sie nach Saint Charles, Missouri, zurück.

Amerika blühte, religiös gesehen, auf. Es wurden Kirchen, Seminare, Schulen, Kollegien gebaut, und Philippine war an diesem „Aufbruch“ mitbeteiligt. Die Zahl der Missionare war mittlerweile von 22 auf 1100 gestiegen und die Katholiken hatten die zwei Millionen überschritten. Die Gemeinschaft vom Heiligsten Herzen Jesu war in dem weiten Gebiet so stark verbreitet, dass man dieses in zwei Vikariate unterteilen musste.

Aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes musste Philippine mittlerweile das Bett hüten. Am Morgen des 18. November 1852 bat sie um die Krankensalbung. Gegen Mittag starb sie. Sie war 83 Jahre alt, von denen sie 47 Jahre im Orden und 34 Jahre in der Mission in Amerika verbracht hatte. Ihre sterblichen Überreste ruhen im Heiligtum Saint Rose Philippine Duchesne in Saint Charles, Missouri, USA.

Am 12. März 1940 wurde Philippine Duchesne von Papst Pius XII. seliggesprochen und am 3. Juli 1988 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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