Andreas Resch: Philipp Smaldone

PHILIPP SMALDONE
(1848-1923)

PRIESTER UND GRÜNDER
DER KONGREG. DER
SALESIANERINNEN
VON
DEN HLST. HERZEN

Selig: 12. Mai 1996
Heilig: 15. Oktober 2006

Fest: 4. Juni

PHILIPP SMALDONE wurde am 27. Juli 1848 als erstes von sieben Kindern des Ehepaares Antonio Smaldone und Maria Concetta De Luca in Neapel, Italien, geboren und am Tag darauf auf den Namen Philipp getauft. Seine Kindheit verbrachte er im Schoß der Familie, wo er zu einem soliden religiösen Leben erzogen wurde. Als er das Schulalter erreicht hatte, wurde er wissenschaftlich gebildetem Lehrpersonal anvertraut. Für seine spirituelle Ausbildung besuchte er die Cappella Serotina von S. Maria della Purità in der Via Loreto – eine Einrichtung, die 1729 vom hl. Alfons Maria von Liguori für Katechese und Abendgebet ins Leben gerufen wurde und wo jeder willkommen war: Kinder und Jugendliche ebenso wie Erwachsene und alte Menschen. Dort begegnete Philipp auch seinem Beichtvater und Spiritual, Don Biagio Giustiniani, der ihn ein Leben lang begleitete. Nach Abschluss der Grundschulausbildung bei einem Privatlehrer wurde Philipp von einem neapolitanischen Priester unterrichtet. Am Fronleichnamsfest 1858 durfte er zur ersten hl. Kommunion gehen – ein Tag, den er nie vergessen sollte. Das tiefe Einheitserlebnis mit Gott führte ihn schließlich zum Priesterberuf, und so verfasste er bereits mit 15 Jahren folgenden Brief an den Bischof: „Hochverehrter Herr Bischof! Philipp Smaldone, der sich zur Verherrlichung Gottes in den Priesterstand berufen fühlt, ersucht Euer Hochwohlgeboren untertänigst, ihn bei der nächsten Einkleidung zu Ostern in den neapolitanischen Klerus aufnehmen zu wollen. Er ist großer Hoffnung, dass ihm diese besondere Gnade zuteil werden wird. Der Bittsteller ist 15 Jahre alt, in Neapel geboren und wohnhaft in der Vorstadt von Loreto Nr. 164, Pfarre Sant’Archangelo all’Arena. Er ist der Sohn des Händlers Antonio Smaldone, Fabrikant von Majoliken und Ziegeln. Der Bittsteller lernt Griechisch und Latein beim Hochw. Herrn Ferdinando Iannantino und ist seit den ersten Jahren ein Beichtkind des Hochw. Herrn Biagio Giustiniani.“

Der Erzbischof von Neapel hatte die Zulassung zum Klerus seit 1847 rigoros geregelt. Folglich ließ die Antwort auf sich warten, vielleicht auch aufgrund der aktuellen historischen Situation. Erst am 27. September 1863 wurde Philipp zur Einkleidung im neapolitanischen Klerus zugelassen. Während seiner humanistischen, philosophischen und theologischen Ausbildung widmete er sich mit großem Einsatz wohltätigen Werken und vernachlässigte dabei seine Studien, sodass er bei einigen Prüfungen scheiterte und nicht zu den niederen Weihen zugelassen wurde, weil „der genannte junge Mann, nicht gerade mit Talenten gesegnet, anstatt auf dem Weg seiner klerikalen Ausbildung voranzuschreiten, sich – wenn vielleicht auch nicht willentlich – für die Weihe zunehmend untauglicher zeigte“, schrieb der Erzbischof in einem Brief.

Wie es bei göttlichen Berufungen häufig der Fall ist, erwies sich auch dieses Hindernis als ein Akt der Vorsehung, kam Smaldone dadurch doch schon ab 1869 mit der Taubstummenarbeit in Berührung, als er in Sant’Agostino alla Zecca wiederholt das „Haus der Barmherzigkeit für die Gehörlosen“ besuchte und dort in den Vorbereitungsklassen Katechismusunterricht erteilte. In der Zwischenzeit nahm er auch guter Hoffnung seine Vorbereitungen auf den Priesterberuf wieder auf. Der Erzbischof von Rossano Calabro hatte für den Fall dieses Klerikers Interesse gezeigt und so erhielt Smaldone 1869 vom Heiligen Stuhl die Inkardination in dessen Diözese. Der Ortsbischof, Msgr. Cilento, erlaubte ihm zudem, weiterhin in Neapel zu wohnen, um dort seine theologischen Studien unter der Leitung eines der Lehrer des berühmten Almo Collegio zu Ende zu führen, während er sich mit unveränderter Hingabe dem Dienst an den Taubstummen widmete. Nach der Diakonatsweihe im Alter von 22 Jahren und 8 Monaten musste er ohne Dispens von den kanonischen Vorschriften noch über ein Jahr bis zur Priesterweihe warten. Für eine solche Dispens bedurfte es der Bescheinigungen durch verschiedene Persönlichkeiten, so auch jener von Don Lorenzo Apicella, dem Gründer des Hauses der Barmherzigkeit: „Der Unterzeichnete bestätigt hiermit, dass Don Philipp Smaldone dieses Haus seit zwei Jahren als Lehrer für die Kinderklassen mit Fleiß, Ausdauer und großem Einsatz frequentiert, für seine Arbeit große Begabung besitzt und durch seinen Umgang zu unser aller Erbauung beiträgt.“

So erreichte Smaldone schließlich nach vielerlei Schwierigkeiten und Demütigungen sein so heiß ersehntes Ziel. Am 23. September 1871 wurde er vom Lazaristenbischof Msgr. Lorenzo Gallo in dessen Privatkapelle zum Priester geweiht. Nach der Priesterweihe gab es nur wenig Veränderung in Smaldones Leben: Er wohnte weiterhin im Haus der Eltern und setzte seine Arbeit zugunsten des Werkes für die Taubstummen fort. Darüber hinaus bot er verschiedenen Pfarren seine Mitarbeit an, vor allem der Pfarre der hl. Katherina in Foro Magno, wo er wegen seiner unermüdlichen Krankenbesuche in Kliniken, Spitälern und Privathäusern sehr gefragt war. Die seelsorgliche Betreuung der Taubstummen, denen er seine ganze Kraft widmen wollte, erwies sich großteils als frustrierend, nicht zuletzt, weil es dem Haus der Barmherzigkeit an einer Führung mangelte. An einem bestimmten Punkt angelangt – vielleicht auch, um seinem Priestertum einen direkten und konkreten Ausdruck zu verleihen – spielte Smaldone mit dem Gedanken, als Missionar nach China zu gehen. Sein Beichtvater aber, der ihn von Kindheit an begleitet hatte, sagte zu ihm: „Dein China ist hier in Neapel und deine Ungläubigen sind die Taubstummen. Gott braucht dich hier.“ Diese offene Antwort sah Philipp als sein Lebensprogramm und die Lösung aller Zweifel an. Er verstärkte daraufhin sein Apostolat unter den Gehörlosen und verließ das Elternhaus, um ständig bei seinen Schützlingen zu sein. Nun erkannte und schätzte auch der Kardinal von Neapel Smaldones Arbeit, sodass er den Bischof von Rossano sogar ersuchte, ihn dauerhaft in Neapel zu belassen, wo er 1876 reinkardiniert wurde.

Mit der Zeit erwarb sich Smaldone in seinem Bereich große pädagogische Kompetenz, und so war es kein Zufall, dass er im September 1880 am Ersten Internationalen Kongress für Gehörlosenerzieher in Mailand teilnahm. Nachdem er zum Vizedirektor der vier Häuser des Werkes – Neapel, Casoria und zwei in Molfetta – bestimmt worden war, widmete er sich mit ganzer Hingabe der Leitung der Helfer und Erzieher.

Den Höhepunkt an Großmut und Heldentum erreichte seine aufopfernde Haltung während der großen Pestepidemie in Neapel 1884, von der auch er betroffen war und die ihn an den Rand des Abgrundes brachte. Als er sich dem Tode nahe wähnte, legte er den Rosenkranz um sein Handgelenk und vertraute sich der Madonna von Pompeji an, die nach seiner wunderbaren Heilung ein Leben lang von ihm besonders verehrt wurde. Obwohl gesundheitlich noch geschwächt und mit einer großen Verantwortung und vielen Problemen belastet, wollte er ein Projekt in Angriff nehmen, von dem er sich die Lösung erhoffte, nämlich die Bildung einer Gemeinschaft von jungen Frauen, die sich ausdrücklich dem Apostolat unter den Taubstummen verschrieb. So entstand in der zweiten Hälfte des Jahres 1884 eine erste Gruppe von drei jungen Frauen, bestehend aus einer Neapolitanerin und zwei Frauen aus Molfetta, die er zum Konvent der Immacolata-Schwestern von Ivrea schickte, damit sie dort erste Erfahrungen für das Ordensleben sammelten. Auch hatte er für die neue Familie geweihten Lebens Regeln verfasst, die er am 30. November 1884 fertigstellte und festschrieb.

Als Smaldone am 25. März 1885 nach Lecce kam, um die schon seit langem geforderte Einrichtung zu eröffnen, hatte er möglicherweise keine Vorstellung davon, wie bedeutend sein Aufenthalt sein würde, um dem erstellten Plan Inhalt zu verleihen. Er berief die zuvor gebildete Gemeinschaft nach Lecce und gründete das Institut der Salesianerinnen von den Heiligsten Herzen (Abb.) zur Betreuung der Gehörlosen. „Das höchste Ziel dieses religiösen Instituts und der gesamten Unterweisung der Taubstummen muss deren moralische und kulturelle Bildung sein, um sie zu guten Christen und ehrlichen Bürgern zu erziehen, die sich selbst und ihren Familien nützlich sind, fähig zum freien Gebrauch der persönlichen Rechte und zur Erfüllung der persönlichen Pflichten.“

Von da an widmete sich Smaldone nahezu 40 Jahre lang mit ganzer Kraft der Konsolidierung und Vergrößerung des Instituts, der liebevollen und beständigen Pflege der taubstummen Mädchen und Jungen, später dann auch der Blinden und der verlassenen Kinder. In Lecce war er zudem als unermüdlicher Beichtvater bei Priestern, Seminaristen und verschiedenen religiösen Gemeinschaften sehr geschätzt. Er gründete die Eucharistische Liga der Anbetungspriester und -frauen und war Oberer der Kongregation der Missionare des hl. Franz von Sales.

Don Smaldone starb am 4. Juni 1923 in Lecce. Seine Gebeine ruhen in der Kapelle des Mutterhauses der Salesianerinnen, P.tta Mariotto Corso, 13, Lecce, Italien.

Am 12. Mai 1996 wurde Philipp Smaldone von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4), XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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