Andreas Resch: Petrus To Rot


PETRUS TO ROT
(1912-1945)

KATECHET

MÄRTYRER

ERSTER SELIGER DER UREINWOHNER OZEANIENS

Selig: 17. Januar 1995
Fest: 7. Juli

PETRUS TO ROT wurde 1912 in Rakunai, einem Dorf in Papua-Neuguinea, damals eine Insel von „Neubritannien“, geboren. Das genaue Datum ist nicht bekannt, weil während des Zweiten Weltkrieges sämtliche Geburts- und Taufdaten der Missionsstation von Rakunai von den Truppen der japanischen Armee konfisziert und nicht wieder gefunden wurden. Selbst das Geburtsjahr stützt sich auf Zeugenaussagen. Außerdem gab es in der melanesischen Kultur bis vor wenigen Jahrzehnten weder den alltäglichen Usus einer gedächtnismäßigen Aufzeichnung noch irgendeine Form historischer Archivierung von Quellen, Beweisstücken oder Einwohnerzahlen. Die Eltern von Petrus waren Angelus To Puia und Maria la Tumul.

Als am 29. September 1882 die ersten Missionare vom Heiligsten Herzen Jesu, die Patres André Navarre, Théophile Gramaille und der Bruder Mesmin Fromm, in Matupit (damals Neubritannien) landeten, hatten die Methodisten in diesem Gebiet schon zehn Jahre Missionsarbeit betrieben, wobei sie sich entlang der Küste Neubritanniens ausbreiteten und 1893 die Mission von Malaguna gründeten.

1898 begab sich Angelus To Puia, der große Häuptling von Rakunai, einem Dorf auf den Hügeln um Rabaul, überraschend zu den Herz Jesu-Missionaren und erklärte, dass der Großteil seines Volkes lieber katholisch als methodistisch sein wolle. Bei dieser Gelegenheit wurde der Vater von Petrus To Rot gemeinsam mit anderen einflussreichen Stammesführern in einer feierlichen Zeremonie getauft, die hiermit den Kern der ersten Generation von Katholiken in der Region bildeten. Im Kirchenbuch des Pfarrers, P. Carl Laufer, ist zu lesen: „1898 kam es zu einer spektakulären Tauffeier. Die ersten Erwachsenen aus Rakunai wurden in den Schoß der Kirche aufgenommen und erlebten im Sakrament der Taufe ihre geistige Wiedergeburt.“

Angelo To Puia war es auch, der das Dorf Rakunai dem Glauben und der Zusammenarbeit mit den Missionaren öffnete. Er bemühte sich ernsthaft darum, das christliche Leben in seinem Dorf, dem er 40 Jahre lang vorstand, zu hegen und zu pflegen. Er wollte, dass seine Familie offen für die Armen sei, im Besonderen für die Waisen, die in seinem Haus Aufnahme fanden. Dies alles zeugt vom außergewöhnlichen geistigen und menschlichen Eifer, in dem Petrus To Rot heranwuchs.

Mit der Taufe von To Rot nahm die zweite Generation der jungen Kirche von Papua-Neuguinea ihren Anfang, gereift unter der mutigen Führung der Herz Jesu-Missionare. Bereits von Jugend an zeigte Petrus eine starke Neigung zur Frömmigkeit und zum Gehorsam, so dass sein Pfarrer, P. Emil Jakob, der Ansicht war, der Junge sei zum Priester berufen. Der Vater von Petrus hielt eine solche Wahl aber für verfrüht. Er erlaubte jedoch, dass Petrus zum Katecheten ausgebildet wurde, weil er die Begabungen seines Lieblingssohnes kannte und davon überzeugt war, dass dieser den Vorschlag zum Besuch der Katechetenschule mit Begeisterung aufnehmen würde.

1930, mit 18 Jahren, schrieb sich Petrus in die Schule des hl. Paulus ein, an der Katecheten für die Zusammenarbeit mit den Missionaren ausgebildet wurden. Die Schule hatte einen sehr anspruchsvollen Studienplan, doch bestand Petrus sämtliche Kurse mit Auszeichnung und erhielt 1933 schließlich das Diplom zum Katecheten. Ein Zeugnis verweist auf den Geist seines Einsatzes: „Er war bescheiden, Eitelkeiten ob seiner Herkunft oder seiner Talente waren ihm fremd. Er ließ es geschehen, dass ihn die fähigsten Katecheten bei seiner Arbeit anleiteten und akzeptierte deren Ratschläge. Dennoch überstrahlte er sie alle und wurde von ihnen schon bald als Führer anerkannt, wenngleich er der Jüngste war. Und doch änderte sich seine Einstellung nicht und er blieb, wie gewohnt, bescheiden und liebenswert.“

Nach Abschluss der Studien wurde Petrus der Missionsstation seines Heimatdorfes Rakunai zugeteilt. Es folgten Jahre intensiver Arbeit, um im Dorf die Katechese zu organisieren, Kinder und Erwachsene für den Unterricht und das Gebet einzuteilen und sich ein Bild von der reellen Lebenssituation der Menschen zu machen. Diejenigen, die ihn zum Katecheten hatten, erinnern sich an seine direkte und eindringliche Art, in der er sie unterwies. Die Bibel war sein ständiger Begleiter, er trug sie immer bei sich und zitierte sie angemessen und ohne Umschweife. Er hatte ein besonderes Gespür dafür, seelische Probleme offenzulegen, die Schwierigkeiten im Leben der andern auszumachen und ihnen in echter Teilnahme zu begegnen.

Am 11. November 1936 – das einzig sichere Datum aus seinem Leben – heiratete Petrus To Rot die junge Katholikin Paula La Varpit aus dem Nachbardorf. Die Hochzeit wurde in der Kirche gefeiert, unter Einbezug vieler lokaler Traditionen. Die neue Lebenssituation brachte es mit sich, dass Petrus die Verantwortung für den Unterhalt der Familie übernahm. Aus der Verbindung mit Paula gingen drei Kinder hervor: Andreas, der nach dem Krieg starb; ein Mädchen namens Rufina; das dritte Kind (dessen Name nicht bekannt ist) wurde 1945, nach Petrus’ Tod, geboren, und starb bald darauf.
Ein Dorfhäuptling lieferte folgende Beschreibung von To Rots Familie: „To Rot war wahrhaftig eine große Persönlichkeit. Er geriet nie aus der Fassung. Seine Taten und seine Worte waren bewundernswert. Natürlich galt seine ganze Aufmerksamkeit der Kirche. Seine Ehe betrachtete er als etwas Heiliges, die Auflösung anderer Ehen lehnte er unumwunden ab.“

To Rots unerschütterliches Bekenntnis zur Monogamie war einer der Streitpunkte mit den Behörden der japanischen Polizei, mit einigen Dorfhäuptlingen und sogar mit seinem Bruder Joseph. Diese hatten auf den Vorschlag der Besatzer hin beschlossen, zu den Ursprüngen zurückzukehren und die Vielehe zu legalisieren.

Als nach der Besetzung durch die Japaner 1942 sämtliche Missionare und das Personal der Mission in ein Konzentrationslager gesperrt wurden, war es Petrus, der durch seine stete Anwesenheit dafür sorgte, dass Gottesdienste abgehalten wurden, der Katechismus unterrichtet und den Kranken und Sterbenden die Kommunion gebracht wurde. Da die Hauptkirche zerstört wurde, errichtete er als Treffpunkt für die katholische Gemeinde eine Kirche aus Zweigen und Laubwerk. Dem folgten das Verbot des christlichen Kultes und die Verordnung, dass die Tolais zu ihrer früheren Praxis der Polygamie zurückkehren müssten. To Rot widersetzte sich entschieden. Er hatte keine Angst, diesbezüglich auch offen gegen seinen Bruder aufzutreten. Bei dieser Gelegenheit geriet er sogar in Streit mit dem japanischen Polizeibeamten Meshida und – noch schlimmer – mit dem eingeborenen Polizisten und Methodisten To Metapa, der ein Auge auf eine verheiratete Katholikin und entfernte Verwandte von Petrus geworfen hatte. Rachegelüste veranlassten To Metapa, Petrus zu beschuldigen, er habe die Eheschließung eines Pärchens aus einem anderen Dorf vollzogen. Im April / Mai 1945 wurde To Rot verhaftet. Als er bei dem von dem Beamten Meshida geleiteten Verhör bezüglich religiöser Feiern die Frage, ob er denn nicht wisse, was verboten sei, bejahte, schlug ihn Meshida mit einem Stock auf den Kopf, gegen die Rippen und den Hals. Anschließend internierte er ihn in einem Konzentrationslager, das um eine Höhle herum errichtet war, und verbot ihm, seine Zelle zu verlassen. Ein ebenfalls inhaftierter Gefährte berichtete: „Er wurde im Gefängnis oft von seiner betagten Mutter und von seiner Frau besucht, die ihm jeden Tag das Essen brachten. Bei einem ihrer letzten Besuche erzählte To Rot seiner Mutter: ,Die Polizei hat mir gesagt, dass sie einen japanischen Arzt erwartet, der mir eine Medizin bringen soll. Ich habe den Verdacht, dass das Ganze ein Schwindel ist. Ich bin in Wahrheit gar nicht krank und weiß nicht, was das alles zu bedeuten hat.‘“

Nach Eintreffen des Arztes musste der Gefangene To Bunabak Petrus zu ihm bringen. To Bunabak, der einzige Augenzeuge des Martyriums, beobachtete das weitere Geschehen aus einem Versteck: Der Arzt verabreichte Petrus eine Injektion und gab ihm etwas zu trinken. Zum Schluss stopfte er ihm Verbandswatte in die Ohren und die Nasenlöcher. Dann musste er sich hinlegen. Bald darauf wurde Petrus von Krämpfen geschüttelt und es schien, als wollte er erbrechen. Der sog. „Arzt“ hielt ihm jedoch den Mund zu. Die Krämpfe hielten eine kurze Zeit an, während Petrus festgehalten wurde. Er verlor das Bewusstsein und tat schließlich den letzten Atemzug.

Der Familie teilten die Japaner mit, er sei an einer Krankheit gestorben. Seine Leiche wurde freigegeben. Die Menschenmassen, die trotz Anwesenheit der japanischen Polizei an seinem Begräbnis teilnahmen, trugen dazu bei, dass er unverzüglich als Märtyrer anerkannt wurde. Sein Grab befindet sich in der an die Kirche von Petrus To Rot anschließenden Kapelle in Rakunai, East New Britain, Papua Neuguinea.

Am 17. Januar 1995 wurde Petrus To Rot von Papst Johannes Paul II. in Port Moresby, Neuguinea, seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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