Andreas Resch: Petra vom hl. Joseph Pérez Florido


PETRA VOM HL. JOSEPH PÉREZ FLORIDO
(Anna Josepha)
(1845-1906)

GRÜNDERIN
DER KONGREGATION DER „MÜTTER DER VERLASSENEN UND DES
HL. JOSEPH V. BERG“

Selig: 16. Oktober 1994
Fest: 16. August

PETRA VOM HL. JOSEPH PÉREZ FLORIDO wurde am 7. Dezember 1845 als letztes von 19 Kindern des José Pérez Reina und der Maria Florido González in Valle de Abdalajís (Málaga), Spanien, geboren und am Tag darauf auf den Namen Anna Josefa getauft. Als sie mit drei Jahren ihre Mutter verlor, wurde sie Teresa Reina, der Großmutter väterlicherseits, zur Erziehung anvertraut, einer sehr frommen Frau, die sich um die Kleine wie um ihr eigenes Kind kümmerte. In der Dorfschule erhielt Anna die damals übliche Grundausbildung, wobei die Lehrerin staunte, wie rasch und unkompliziert sie alles erfasste. Schon damals fühlte sie sich berufen, ganz für Gott da zu sein und Barmherzigkeit gegen die Armen zu üben. „Ich war noch sehr klein, begeisterte mich aber bereits für alles, was mit Tugenden zu tun hatte, besonders für die Nächstenliebe. Wenn ein Armer kam und man ihm nichts gab, war ich genauso traurig wie er.“

1853 empfing Anna das erste Mal das Sakrament der Buße. Ihr Beichtvater war so überrascht von ihrer Glaubensstärke und den positiven Qualitäten, dass er ihr noch am gleichen Tag die Erstkommunion reichte. Anna ging in der Tat von Kindheit an allen jungen Mädchen des Dorfes stets mit gutem Beispiel voran.

Als junges Mädchen besuchte sie nachts zusammen mit ihrem Bruder Juan die ärmsten Familien des Dorfes, um ihnen etwas zu essen zu bringen. Den Armen gehörte ihr ganzes Herz, sie liebte sie, als wären es ihre eigenen Kinder: „Ich werde mich immer berufen fühlen, für die Armen Gutes zu tun.“ Ihnen – ob nun Kindern, Jugendlichen oder alten Leuten – widmete sie ihr ganzes Leben.

Mit 14 Jahren vollzog sich bei Anna eine Wandlung, sie lebte ihre Jugendträume. Es gefiel ihr, auszugehen, sich attraktiv zu machen, und so verliebte sie sich schließlich in den Studenten José Mir, der aus einer angesehenen und wohlsituierten Familie stammte. Beide Familien waren sehr erfreut darüber. Kaum war Anna 18 Jahre alt, war schon von Hochzeit die Rede. Sie aber machte damals gerade eine schwere Krise durch. „Ich lebte weder in Gott noch in sonst jemandem.“

Anna war sich völlig unschlüssig im Hinblick auf ihre Zukunft und führte einen inneren Kampf, ob sie nun heiraten oder sich Gott weihen solle. Es war eine schlimme Zeit und sie verlor zunehmend das Interesse an allem. „Ich fühlte mich nicht zur Ehe berufen und wollte auch keine Nonne werden, wo es in meinem Ort ja überhaupt keine Klöster gab und ich auch noch nie Nonnen gesehen hatte. Es hat auch niemand mit mir darüber gesprochen.“ Es kam der Augenblick, wo sie alles zurückwies, was man ihr anbot – ob nun unter Schmeicheleien oder mit Nachdruck. Aufgrund dieser ablehnenden Haltung wurde sie schroff behandelt, und da sie sehr sensibel war, dachte sie sehnsüchtig an Vieles, das sie in sich spürte. Eines Tages aber hörte sie in ihrem Herzen eine Stimme, die sagte: „Du wirst mir gehören.“ Von dem Moment an war sie überzeugt, dass sie dazu bestimmt war, für die Armen zu leben. Ein tiefer innerer Friede und die volle Bereitschaft, Gottes Willen zu tun, erfüllten ihr Herz. Annas Vater hingegen konnte ihr in ihren Wünschen nicht folgen, und so musste sie eine sehr harte Zeit durchmachen, hatte sie doch große Dinge vor und konnte diese nicht in die Tat umsetzen! Am Fronleichnamstag des Jahres 1872 schließlich gab ihr der Vater seine Erlaubnis: „Ich sehe, meine Tochter, dass du nicht verrückt bist und dass deine Entscheidung nicht bloß eine Laune von dir ist. Gott ist es, der dich will, und da deine ganze Freude nun einmal die Armen sind, so geh’ denn mit ihnen, wann immer du willst, aber richte es so ein, dass wir uns jeden Tag sehen können.“

Also sammelte Anna die alten verlassenen Leute in ihrem Heimatdorf ein und kümmerte sich um sie. Sie sorgte für deren persönliche Hygiene, als wäre sie ihre Tochter, und bettelte das Nötigste für ihren Unterhalt zusammen. Die Zeit verging und es verbreitete sich das Gerücht von Annas guten Taten. Die mutigste von den Frauen, die sich ihr anschlossen, war Frasquita Bravo Muñoz; dazu gesellten sich noch Frasquitas Schwester, Elisabeth, und Raffaella Conjo Jiménez.

Als am 11. Januar 1875 Annas Vater starb, war sie frei zu gehen, wohin sie wollte. So eröffnete sie auf Ersuchen des Bürgermeisters von Álora (Málaga) am 19. März 1875 ein weiteres kleines Haus für einsame alte Menschen, wenngleich sie keine Ordensschwester war; Unterstützung erhielt sie von den jungen Frauen aus Valle de Abdalajís, die sich ihr angeschlossen hatten. Das kleine Haus, in dem sie nun wohnen wollten, wurde „das Tor Bethlehems“ genannt. Es war dort, wo immer „der geheimnisvolle Mann“ auftauchte – geheimnisvoll, weil er seine Identität nie preisgab und auch all der Dinge wegen, die er in sich trug und nach und nach kundtat: die Liebe, die verloren gegangen war; Gratis-Brot für die Armen; das Gefühl der Verpflichtung, in dem Haus zu bleiben; herauszufinden, wen man aufnehmen sollte; was zu tun war, um glücklich zu sein. Man gab ihm nie einen Namen, sondern erlaubte sich lediglich, ihn „geheimnisvoll und groß“ zu nennen. Es war dies ein Erlebnis, das Anna nie vergessen sollte.

Die vier jungen Frauen, die alle den keineswegs alltäglichen Wunsch hatten, Gott und die Armen zu lieben, wollten alles tun, um näher zu Jesus zu kommen. Auf den Rat ihres Beichtvaters hin traten Anna und ihre Gefährtinnen am 2. November 1877 in das Noviziat der Mercedarierinnen von der Nächstenliebe ein, einer von D. Juan Nepomuceno Zegrí, einem Kanoniker aus Málaga, geleiteten Kongregation. Er beließ die Schwestern in dem kleinen Haus in Álora, doch war Anna nicht klar, warum sie trotz der bevorstehenden Einkleidung so maßlos traurig war. Nach ihrer Versetzung als Oberin in das Hospital von Vélez-Málaga wurde die Situation so schwierig, dass es das Beste war, mutig hinter sich zu lassen, was sie mit so wenig Überzeugung angegangen war.

Nach verschiedenen Konsultationen verließ sie die Mercedarierinnen am 23. September 1879 und unterstellte sich dem Bischof von Málaga, Msgr. Manuel Gómez-Salazar. Dieser wies Anna und ihre Gefährtinnen an, weiterhin im Spital von Vélez-Málaga Dienst zu versehen, weil er sie auf die Probe stellen wollte. Am 25. Dezember 1880 sagte er zu ihnen: „Meine Töchter, ihr seid mit dem Kinde Jesu geboren. Ich habe gezögert, euch meine Approbation zu geben, aber der Herr hat es gewollt. Haltet ihr die Bezeichnung „Madres de los Desamparados“ („Mütter der Verlassenen“) für die Kongregation für angemessen?

Am 2. Februar 1881 erhielten die jungen Frauen schließlich auf Initiative des Bischofs in der Kirche San Juan Bautista in Vélez Málaga das Ordenskleid der Kongregation der „Mütter der Verlassenen („Madres de los Desamparados“, Abb.), deren Gründerin Anna war, und legten ihre zeitlichen Gelübde ab. Anna nahm bei dieser Gelegenheit den Namen Petra vom hl. Joseph an, und auch die anderen wechselten den Namen. Mit der Profess versprachen sie in der Nachfolge Jesu Christi in Armut und Gehorsam zu leben, mit einem Herz voller Liebe für die Menschen.

Am 8. Januar 1883 erhielt Petra die Bestätigung von Seiten des Bischofs. 1891 hatte sie zudem die Genugtuung, dass ihr Werk von Papst Leo XIII. mit dem Breve vom 21. Juli anerkannt wurde. Am 15. Oktober des Jahres legte sie die ewigen Gelübde ab. Ihre große Liebe galt Jesus in der Eucharistie, der Allerheiligsten Jungfrau Maria und dem hl. Joseph. Letzterem widmete sie die von ihr gegründeten Häuser. Am 19. März 1901 eröffnete sie in Barcelona ein großes Heiligtum, genannt „San José de la Montaña“.

1903 rief sie die Zeitschrift La Montaña de San José ins Leben, um ihre Ergebenheit zum Ausdruck zu bringen. Aus diesem Grund fügte sie der Bezeichnung der Kongregation nachfolgend „San José de la Montaña“ („hl. Joseph vom Berg“) hinzu. In diesem Zusammenhang begab sie sich 1905 nach Rom, um Papst Pius X., der Mutter Petra persönlich kannte und herzlich empfing, ihre Verehrung für den hl. Joseph zu bezeugen.

Besonders empfänglich war Petra für die Hilferufe der Armen. Für ihre Bedürfnisse errichtete sie Kollegien, Waisenhäuser, Ordenshäuser und Missionen. Ausgezehrt vom ständigen Kommen und Gehen, von den Reisen und unermüdlichen Anstrengungen, bereitete sie sich schließlich auf ihre eigene letzte Reise vor: „Morgen, am Fest Mariä Himmelfahrt, möchte ich die Krankensalbung empfangen. Bereitet alles vor, dann wollen wir sehen, ob die Allerheiligste Jungfrau mich mitnimmt.“ Sie starb am 16. August 1906 im erwähnten Heiligtum von San José de la Montaña in Barcelona. Tausende Menschen zogen bis zur Bestattung auf dem Friedhof von Barcelona am 18. des Monats an ihrem Leichnam vorbei. Am 5. November 1920 wurden die sterblichen Überreste in das genannte Heiligtum übertragen, wo sie bis zum Spanischen Bürgerkrieg 1936 blieben; dann verschwanden sie.

Nach ihrer Wiederauffindung am 15. Juli 1983 im Gebiet von Puzol und nach deren Identifizierung durch die Heiligsprechungskongregation am 20. Mai 1984 wurden sie am 10. Juni in der Kapelle des Altars des hl. Joseph im Generalatshaus der Kongregation der „Madres de los Desamparados“, Avda. de San José de la Montaña, 15, Valencia, Spanien, beigesetzt.

Am 16. Oktober 1994 wurde Petra vom hl. Joseph Pérez Florido von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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