PETER BONILLI
(1841-1935)
PRIESTER UND GRÜNDER
DES INSTITUTS DER SCHWESTERN DER HL. FAMILIE VON SPOLETO
Selig: 24. April 1988
Fest: 5. Januar
PETER BONILLI wurde am 15. März 1841 in San Lorenzo di Trevi (Perugia), Erzdiözese Spoleto, Italien, als erstes von vier Kindern von Sabatino Bonilli und Maria Allegretti geboren. Die Eltern waren Bauern und so pflegte man den Glauben in der Familie mit einer den Landbewohnern eigenen Hartnäckigkeit. Über Bonillis Kindheit ist kaum etwas bekannt. Er wuchs in einem gesunden Klima auf, das durch das didaktische Talent des Pfarrers, der religiöse und allgemeine Wissensvermittlung zu verbinden verstand, noch zusätzlich bereichert wurde. Nachdem Bonilli zum jungen Mann gereift war und im Hinblick auf sein weiteres Leben grundlegende Entscheidungen treffen musste, geriet er in eine tiefe Krise. So erzählt er selbst: „Meinen Eltern [die wollten, dass er die Landwirtschaft übernahm] missfiel der Eifer, mit dem ich meinen Studien nachging, worunter ich sehr gelitten habe.“
Im Alter von neun Jahren hatte er jedoch das Glück, im Kolleg Lucarini in Trevi einen Studienplatz zu bekommen, wo er mit Hilfe seines Onkels, der Priester war, mit durchweg gutem Erfolg vorankam. „1857“ – so schreibt er – „spürte ich die besondere Gnade der Berufung zum Priestertum. Damals lernte ich den Priester Alois Pieri kennen.“ Pieri war ein sehr spiritueller Mann und ein großer Seelsorger. Bis zu seinem Tod 1881 begleitete er Bonilli als dessen Spiritual. Die Begegnung war nicht nur für Bonillis Charakterbildung von entscheidender Bedeutung, sondern auch weil ihn Pieri die Verehrung der Hl. Familie lehrte, was für die Spiritualität des Seligen bestimmend wurde.
Am 28. Januar 1857 erhielt Bonilli die Klerik, besuchte aber nicht das Seminar, sondern setzte sein Studium auf eigene Faust fort. Er war arm, und im Seminar wurde nur aufgenommen, wer auch die Spesen dafür tragen konnte. Am 12. November 1860 ging er schließlich in das Seminar nach Spoleto.
Während der Studienzeit schuf Bonilli auch die kulturellen und theologischen Grundlagen, die es ihm später erlaubten, eine innovative Pastoral zu praktizieren und Vorhaben von hohem kirchlichen und sozialen Wert in die Tat umzusetzen. In erster Linie ging es ihm um eine Erneuerung der christlichen Familien, in denen wiederum eine Atmosphäre einkehren sollte, wie sie Jesus, Maria und Josef gepflegt hatten – eine beständige Verbindung mit Gott und dem Nächsten, dem gesellschaftlichen Umfeld und der Arbeitswelt.
Am 19. Dezember 1863 wurde Bonilli aufgrund der Vakanz des Bischofssitzes von Spoleto in Terni zum Priester geweiht und unmittelbar darauf mit der Leitung der Pfarre von Cannaiola di Trevi (Perugia) betraut, einer ärmlichen Ortschaft in der umbrischen Tiefebene. Am 31. Dezember 1863 hielt er seinen feierlichen Einzug in die Pfarre, die seit geraumer Zeit verwaist war, weil sich niemand die „Wohltat“, in einer so ungesunden, sumpfigen, von Stechmücken und Malaria heimgesuchten Gegend zu arbeiten, antun wollte.
Bonilli, der 35 Jahre dort verbringen sollte, machte sich sofort mit der ihm eigenen Zähigkeit und Zielstrebigkeit ans Werk, wobei er sein Leben von nun an auf zwei starke Grundpfeiler stellte: die Verbreitung der Verehrung der Hl. Familie und die Sorge um die verlassene Jugend. Um den Kult der Hl. Familie zu fördern, organisierte Bonilli mehrere Feste, wobei er vor allem ein Auge darauf hatte, dass die Gläubigen bei diesen Gelegenheiten die hl. Sakramente empfingen. Jeder Familie gab er ein Bild der Hl. Familie, um es an der Innenseite der Haustür anzubringen. Darüber hinaus gründete er in seiner Pfarre unter dem Titel der Hl. Familie oder des hl. Joseph Verbände von Männern, Frauen, Burschen und Mädchen.
Die alte Pfarrkirche wurde von Bonilli praktisch von den Grundfesten auf restauriert und erweitert. An die Kirche wurde das Pfarrhaus angebaut. Auf Vorschlag Pieris und einiger Priester aus der Diözese Spoleto beteiligte sich Bonilli 1872 an der Gründung der Gesellschaft der Missionare der Hl. Familie. Diese Bewegung, die auf die Bildung einer christlichen Gemeinschaft nach dem Beispiel der Familie von Nazareth abzielte, sollte wie der Franziskanerorden drei Zweige umfassen: Missionare, Schwestern und Laienmitarbeiter. Die Idee hatte Pieri 1869/70 zur Missionierung vor allem der Landbevölkerung geboren, der Ausführende sämtlicher Vorhaben aber war Bonilli. 1873 wurde die Gesellschaft der Missionare kanonisch errichtet. Schon von Anfang an schlossen sich ihr auch Priester aus anderen Teilen Italiens an. Die Vereinigung fusionierte später mit jener des Jesuiten Francoz, dessen Anliegen es damals war, die Verehrung der Hl. Familie auf internationaler Ebene zu fördern. Bonilli wurde zum Leiter der Bewegung in Italien ernannt.
Die Ausbreitung ging wechselhaft vor sich. Es gab Schwierigkeiten seitens des Bischofs von Spoleto, Marian Pagliari, und sogar von Seiten Pieris, auch aufgrund einiger in den Schriften geäußerten Gedanken, die zur Verehrung der Hl. Familie beitrugen. 1883 kam es schließlich zur Aufhebung. Die Gesellschaft wurde dann vom gleichen Bischof wiedererrichtet und 1894 erneut aufgehoben, als Leo XIII. das „Universelle Zentrum der der Hl. Familie geweihten Familienverbände“ ins Leben rief, in das der Bischof von Spoleto auch die Gesellschaft der Missionare der Hl. Familie integriert glaubte. Nach dem Tod des Bischofs wurde die Bewegung unter Beteiligung der noch lebenden Missionare, allen voran Bonilli, am 8. Dezember 1907 vom neuen Bischof wiedererrichtet, mit Approbation der von Bonilli revidierten und verbesserten Statuten, der die Gesellschaft von 1907 bis 1921 leitete.
In der Zwischenzeit kümmerte sich Bonilli in besonderer Weise um die Ausbildung der im Stich Gelassenen. Am 8. September 1884 gründete er zu diesem Zweck das Werk der Hl. Familie und im Mai 1886 das Institut von Nazareth für die blinden und taubstummen Waisen. Er war einer der Ersten, der den Nutzen einer guten Presse erkannte: „Die Presse ist die Waffe der Zeit.“ So schrieb und übersetzte er Bücher und rief Zeitschriften ins Leben; es gelang ihm sogar, im Pfarrhaus eine kleine Druckerei einzurichten.
Um all diese Werke durchzutragen und den dringenden karitativen und pastoralen Bedürfnissen, speziell der Unterstützung der Waisen, Taubstummen und Blinden, gerecht werden zu können, ersuchte er einige Institute, ihm Schwestern zu schicken, doch ohne Erfolg. Daher beschloss er, das Institut der Schwestern der Heiligen Familie (Abb.) zu gründen. Am 13. Mai 1888, dem offiziellen Gründungsdatum, begab sich der Erzbischof von Spoleto nach Cannaiola, um den ersten vier Schwestern persönlich das Ordenskleid zu überreichen. Das zarte Pflänzchen hat sich mittlerweile zu einem stolzen Baum entwickelt, der in Italien und in anderen Teilen der Welt das Charisma des Gründers verbreitet. Das Belobigungsdekret aus Rom erfolgte 1911, die endgültige Approbation 1932.
Nach 35 Jahren Pfarrseelsorge wurde Bonilli 1898 nach Spoleto versetzt, weil er auf Vorschlag einflussreicher Persönlichkeiten, die das von ihm in Cannaiola begonnene Werk in Spoleto wissen wollten, zum Beichtvater der Dompfarre ernannt worden war. 1905 folgte die Ernennung zum Rektor des Seminars, obwohl das von ihm gegründete Institut, das sich kontinuierlichen Zulaufs erfreute, weiterhin unter seiner Leitung stand. Seiner Aufgabe als Beichtvater der Kathedrale kam er mit viel Fleiß nach. Der Beichtstuhl, das Seminar und das Institut waren seine bevorzugten Betätigungsfelder. Er besaß die Gabe, all jene, die sich in Schwierigkeiten befanden oder bereits geraume Zeit von Gott entfernt hatten, um sich zu versammeln.
Als Blindheit und die Last der Jahre es ihm 1929 unmöglich machten, seinen Aktivitäten weiter nachzukommen, fügte er sich dem gottergeben und mit großer Freude. Wiederholt pflegte er zu sagen: „Alles geschehe aus Liebe zum Herrn: das Alter, die Unpässlichkeiten, die Blindheit, die Erniedrigungen […]. Diese Worte müsste man mittels eines großen Orchesters in Musik umsetzen und unaufhörlich bis in alle Ewigkeit immer wieder neu vertonen, um Gott unsere Hingabe an Ihn auf das Erhabenste zum Ausdruck zu bringen.“ Tatsächlich hatte Bonilli, trotz nicht zu verleugnender Tröstungen, mit vielerlei Beschwerden, Hindernissen und Unverständnis zu kämpfen, was er immer als sicheres Zeichen dafür wertete, dass es an der Hilfe Gottes nicht mangeln würde. Als es dem Ende zuging, empfing er die Sterbesakramente bei voller geistiger Klarheit und nahm den Tod demütig an.
Bonilli starb in Spoleto am 5. Januar 1935 um 7.30 Uhr, indem er leise vor sich hin sprach, was er schon so oft wiederholt hatte: „Jesus, Joseph und Maria, mit euch scheide in Frieden meine Seele!“ Sein Grab befindet sich in der Pfarrkirche von Cannaiola di Trevi (PG).
Am 24. April 1988 wurde Peter Bonilli von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]
Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at