Andreas Resch: Pauline von Mallinckrodt

PAULINE VON MALLINCKRODT
(1817-1881)

GRÜNDERIN
DER SCHWESTERN DER CHRISTLICHEN LIEBE
TÖCHTER DER ALLERSELIGSTEN
JUNGFRAU MARIA
VON DER
UNBEFL. EMPFÄNGNIS

Selig: 14. April 1985
Fest: 30. April

PAULINE VON MALLINCKRODT wurde am 3. Juni 1817 als erstes von vier Kindern des protestantischen Oberregierungsrats Detmar von Mal­linckrodt und seiner katholischen Gemahlin Bernhardine von Hartmann in Minden, Westfalen, Deutschland, geboren. Sie wurde, nach damaligem preußischen Recht, der Konfession der Mutter entsprechend im katholischen Ritus getauft, die Brüder hingegen protestantisch nach der Konfession des Va­ters. Dieser hatte auch nichts dagegen einzuwenden, dass die tiefgläubige Ka­tholikin sowohl die beiden Mädchen als auch die beiden Jungen katholisch er­zog.

Der tiefe Glaube der Mutter bildete die Grundlage von Paulines Spiritualität und Sensibilität für die Not der Armen. Als die Familie 1826 nach Aachen übersiedelte, besuchten sämtliche Kinder die katholische Schule. Nach zwei­jähriger Ausbildung (1825 — 1826) in einer Privatschule am „Seilgraben“ be­suchte Pauline von 1826 — 1831 die öffentliche Schule St. Leonhard, wo sie die Dichterin Luise Hensel, eine konvertierte Lutheranerin, zur Lehrerin hat­te. Pauline zeichnete sich durch gute Führung und ein besonderes Interesse an Glaubensfragen aus, wobei sich die religiöse und soziale Orientierung in ihr vertiefte. Zu ihren bevorzugten Freundinnen an der Schule gehörte die Dienerin Gottes Klara Fey, Gründerin der Kongregation der Schwestern vom Armen Kinde Jesu.

Am 17. August 1834 starb die Mutter, und so musste die 17-jährige Pauline sämtliche Aufgaben übernehmen, die Regie des Hauses ebenso wie die Sorge um den Vater und die Geschwister, die Führung des Dienstpersonals wie auch die angesichts der Stellung und der vielen Beziehungen des Vaters anfallenden gesellschaftlichen Pflichten. Im August 1835 empfing sie die Firmung. Und bei dieser Gelegenheit beschloss sie auch, der Liebe zu einem Offizier, der ih­re Zuneigung erwiderte, endgültig zu entsagen. Gleichzeitig verspürte sie in ih­rem Innern den brennenden Wunsch, Gott an den Armen und Kranken zu die­nen. Mit 18 Jahren hatte sie schon eine klare Vorstellung von ihrem Leben: „Ich verspürte in mir ein unendliches Verlangen, Barmherzige Schwester zu werden.“ Quelle dieses Verlangens war die Eucharistie: „Entzünde in mir im­mer mehr ein Feuer der Liebe für Dein lobenswertes Allerheiligstes Sakra­ment. Durchdringe mich mit seiner Würde und Erhabenheit bis in die Tiefen meines Herzens und mach, dass dieses Feuer mich in meiner übergroßen Not, Fehlbarkeit und Ohnmacht jeden Tag erreiche, denn Du gibst mir Stärke und Kraft.“

Nach der Pensionierung des Vaters 1839 kehrte die Familie nach Paderborn zurück. Dort wurde Pauline Mitbegründerin des Frauenvereins für die Haus­pflege der Kranken. Sie selbst übernahm bereits im ersten Jahr mehr als 100 Nachtwachen.

1840 eröffnete sie eine Kleinkinderbewahrschule für arme Arbeiterkinder zwischen zwei und sechs Jahren. 1842 nahm sie dort auch zwei blinde Kinder auf und legte damit den Grundstein für eine kleine Blindenanstalt, die 1847 zur Provinzialblindenanstalt erhoben wurde.
Im April 1842 starb der Vater. Pauline war nun freier, ihrer Berufung zu folgen, die sie seit dem 18. Lebensjahr genährt hatte. Bevor sie sich von ihren Geschwistern trennte, unternahm sie noch eine lange Reise durch Deutsch­land und besuchte im Anschluss daran Österreich, Böhmen, die Slowakei, die Schweiz und Italien. „Für mich war es von allerhöchstem Nutzen, eine große Anzahl von Wohltätigkeitseinrichtungen besucht zu haben: Waisenhäuser, Blindeninstitute, Spitäler, Kinderheime, Nervenheilanstalten.“

Wieder in Paderborn wollte sie in die Tat umsetzen, wozu sie sich berufen fühlte. Nach Überwindung des Widerstandes seitens der Geschwister und dem gescheiterten Versuch, ihre blinden Kinder bei den Schwestern vom Armen Kinde Jesu bzw. den Barmherzigen Schwestern des hl. Vinzenz unterzubrin­gen, ließ sie sich bei ihrem Onkel in Paderborn nieder und widmete einen Großteil ihrer Zeit den Kindern, Armen und Blinden. Zur weiteren Vertiefung ihrer Berufung begab sie sich nach Paris und machte den Schwestern vom Sacre Coeure von Barat den Vorschlag, sich des Instituts von Paderborn anzu­nehmen, was von der preußischen Regierung jedoch abgelehnt wurde. Auf dem Heimweg traf sie in Köln Weihbischof Claessen. Dieser empfahl ihr die Gründung einer eigenen Kongregation: Dieser Rat traf sie völlig unerwartet, schreibt sie in ihrer Autobiographie, je mehr sie jedoch darüber nachdachte, um so mehr fühlte sie sich bereit, diesem Vorschlag zu folgen, und im tiefsten Winkel ihrer Seele wusste sie, dass es gut war und Gott gefallen würde. Nach­dem sie die Kraft und die Hilfe Gottes verspürte, machte sie den festen Vor­satz, das Werk in Angriff zu nehmen und alle Schwierigkeiten zu überwinden, die sich ihr stellen würden.

Nachdem sie sich auch mit den lokalen Verantwortlichen beraten hatte, be­schloss sie im Ernst, eine neue Kongregation zu gründen, befürwortet vom Spiritual und vom Bischof von Paderborn, Mgr. Drepper, der diese auch mit dem Namen Kongregation der Schwestern der Christlichen Liebe bedachte. Später fügte Pius X. noch die Bezeichnung Töchter der Allerseligsten Jungfrau Maria von der Unbefleckten Empfängnis hinzu (Abb.).

Im September 1848 approbierte derselbe Bischof die zugehörigen Statuten; die staatliche Anerkennung folgte am 24. Februar 1849. Nach intensiver spiri­tueller und kultureller Vorbereitung erhielt die Selige zusammen mit drei Ge­fährtinnen am 21. August desselben Jahres in der Pfarrkirche von Busdorf, Paderborn, aus der Hand von Bischof Drepper das Ordenskleid. „Der Tag der Einkleidung,,, so schreibt sie, „war wahrhaftig ein Freudentag für mich“. Die kleine Kongregation hatte sich somit offiziell konstituiert. Am 4. November

1850 legte sie ihre ersten Gelübde ab, die dann am 16. Juli 1866 durch die Ewige Profess besiegelt wurden. Mittlerweile aber hatte sie mit Unterstützung des neuen Bischofs von Paderborn, Konrad Martin, am 13. April 1859 das De­cretum Laudis und am 21. Februar 1863 die päpstliche Approbation erhalten.

In der Zwischenzeit wirkte Pauline als Oberin und Novizenmeisterin. Vor allem als Oberin bewies sie ausgezeichnete Führungsqualitäten – stets bereit, die Schwestern zu ermuntern, entschieden und geradlinig in der Verteidigung der Belange des Instituts den öffentlichen Behörden gegenüber, vor allem als es galt, der Pflege und Unterweisung der blinden Kinder (die ursprüngliche und vorrangige Aufgabe der Kongregation, wofür sie die staatliche Anerken­nung erhalten hatte) noch die schulische Erziehung und Ausbildung der Ju­gend hinzuzufügen. Die berüchtigten Verfolgungsdekrete des Kulturkampfes zwangen sie nämlich zur Aufgabe sämtlicher in Deutschland eröffneten Schu­len. Trotz allem wuchsen, dank der Wiederaufnahme des Apostolats in den Schulen der Neuen Welt und der Ausweitung der großzügigen Hilfsdienste der Schwestern auch auf andere karitative Werke, die Gründungen auf 45. Von Deutschland aus verbreitete sich die Kongregation auch in die Nachbar­länder, darunter die Tschechoslowakei und Belgien. Der Bereich des Aposto­lats dehnte sich auf andere europäische Länder und schließlich auch auf den amerikanischen Kontinent aus, von wo Anfragen bezüglich Schwestern für die Schulen kamen. Die erste Gruppe reiste am 9. April 1873 von Bremen ab. Mutter Pauline kam am 24. Mai nach. Ihr Aufenthalt in Amerika dauerte zwei Monate. Nach ihrem Besuch dort brachen immer mehr Ordensschwestern in die Neue Welt auf und Mutter Pauline war bei deren Abreise stets anwesend. Auch Südamerika wurde zum Ziel der neuen Kongregation.

Nach 25 Jahren zählte das Institut zahlreiche Häuser und viele apostolische Werke. Im April 1876 reiste Pauline nach Rom, um an den Gräbern der Apos­tel zu beten und dem Papst ihre Aufwartung zu machen.
Zu Pfingsten 1879 wurde das erste Generalkapitel der Kongregation abge­halten, auf dem sie neuerlich einstimmig zur Oberin gewählt wurde. Im Ok­tober 1879 unternahm sie eine weitere Reise nach Chile, wo sie die Häuser der Kongregation besuchte. Am 21. Februar 1880 schiffte sie sich nach Nord­amerika ein, wo bereits 26 Häuser eröffnet worden waren.

Wieder in Deutschland, hatte sie schon den Tod vor Augen. Pauline von Mallinckrodt starb am 30. April 1881 im Mutterhaus in Paderborn, wo ihr Leichnam in der Warburgerstraße 2 ruht. Die Fortführung ihres Werkes der christlichen Nächstenliebe überließ sie den mittlerweile 420 Schwestern in 45 Häusern ihrer Kongregation.

Am 14. April 1985 wurde Pauline von Mallinckrodt von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 1). XII, 248 S., 56 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-070-4, Ln, EUR 24.60 [D], 25.44 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at