PAULA FRASSINETTI
(1809-1882)
GRÜNDERIN
DER KONGREGATION DER SCHWESTERN
VON DER
HL. DOROTHEA
Heilig: 11. März 1984
Fest: 11. Juni
PAULA FRASSINETTI wurde am 3. März 1809 als drittes Kind von Giovanni Battista Frassinetti und Angela Viale, einer tiefgläubigen Familie aus der bürgerlichen Mittelschicht, in Genua geboren. Bei der Taufe erhielt sie den Namen Paula Angela Maria. Im Schoß des Elternhauses verlebte Paula eine ruhige Kindheit. Während sie von der Mutter eine gediegene religiöse Erziehung bekam, erhielt sie vom Vater die ersten Anleitungen zum Lesen und Schreiben. Nach alter strenger Sitte wollte er es weder dulden, dass die Tochter zur Schule ging noch dass Lehrer zum Unterricht ins Haus kamen. Aufgrund ihres wachen und vielseitigen Geistes bildete sich Paula dann bis zu einem gewissen Niveau autodidaktisch weiter, wie ihre nachfolgende Arbeit als Erzieherin beweisen sollte.
Mit neun Jahren, am 6. Januar 1818, verlor Paula ihre Mutter, woraufhin sich glücklicherweise eine Tante um die Familie kümmerte, die jedoch drei Jahre später, 1821, ebenfalls starb. Nachdem die mittlerweile zwölfjährige Paula nunmehr das einzige weibliche Familienmitglied war, musste sie für alle häuslichen Belange aufkommen, für die Pflege des Vaters ebenso wie für ihre vier Brüder, vor allem die beiden jüngeren. Alle vier traten übrigens später in den geistlichen Stand. Das familiäre Umfeld, der Empfang der Erstkommunion und vor allem das Beispiel ihres Bruders Josef, der im September 1827 zum Priester geweiht und bald darauf der Pfarre von Quinto an der ligurischen Riviera zugeteilt wurde, trugen dazu bei, dass auch in ihr die Berufung reifte, sich Gott zu weihen, wobei sie allerdings bei verschiedenen Klöstern vergeblich anklopfte. Der Vater war darüber wenig erfreut und so nahm sich Paula vor, ihren Wunsch hintanzustellen, was sich jedoch dahingehend auswirkte, dass sich bei ihr im Alter von 19 Jahren Anzeichen von Müdigkeit und gesundheitliche Beschwerden bemerkbar machten. So ergriff schließlich ihr Bruder Josef die Initiative und lud Paula 1830 zu sich ein, in der Hoffnung, dass sich das günstigere Klima positiv auf ihre angeschlagene Gesundheit auswirken würde; inzwischen konnte sie ihm ja in der Seelsorge behilflich sein. Der um ihre Gesundheit besorgte Vater stimmte der Trennung schweren Herzens zu. In Quinto blühte Paula wieder auf und Josef, der ihre Qualitäten kannte, konnte dies zum Wohle der armen Kinder seiner Pfarrei nutzen. Er eröffnete eine Schule und übertrug Paula die Leitung. Durch ihre Freundlichkeit, die von Herzen kam, gewann sie nach und nach die Sympathien der Mädchen des Ortes. Jeden Sonntag gingen sie gemeinsam in den Wald, um über Gott zu sprechen. Paula enthüllte ihnen das Geheimnis eines gottgeweihten Lebens und entdeckte so ihre Begabung und Berufung zur Erzieherin.
Andere junge Frauen, denen es versagt blieb, die Schule zu besuchen, wollten sie kennenlernen und nachdem sie sie in ihrem Innersten erkannt und ihre Frömmigkeit und Tugenden schätzten gelernt hatten, wollten sie sich nicht mehr von ihr trennen. Das ging so weit, dass sie auf ihr Vorhaben, in Klausurklöster einzutreten, verzichteten, um sich dem aktiven Leben zugunsten der armen Mädchen zu widmen. Im Geiste entwickelte Paula bereits klare Vorstellungen von einem neuen Institut. Und dieses Ideal wurde, trotz Widerständen und Enttäuschungen, rasch Wirklichkeit. Sechs Gefährtinnen waren es, die die schwierige Anfangssituation bewältigten.
Paula war in ihrem Vorsatz felsenfest und begann ihr Werk im Zeichen des Kreuzes, das sie zu der Aussage veranlasste: „Je mehr sich jemand opfert, umso mehr liebt er.“ Sie beriet sich mit ihrem Bruder Josef, der die ersten Lebensregeln erstellte. So weihte am 12. August 1834 im Heiligtum S. Martino in Albano sieben Mädchen ihr Leben Gott. Die hl. Messe wurde von Don Josef gefeiert, der sie auf diesen wichtigen Schritt vorbereitet hatte. Die neue Kommunität gab sich den Namen Töchter vom heiligen Glauben und wählte als erste Unterkunft ein kleines Haus in Quinto. Ohne jede materielle Grundlage eröffneten sie eine Schule für die ärmsten unter den Kindern und mussten auch nachts arbeiten, um zu überleben. Zu tun gab es genug. Als sich in Genua die Cholera ausbreitete, waren die Töchter vom heiligen Glauben zur Stelle, um Hilfe und Trost zu spenden.
1835 ersuchte Don Luca Passi, ein Priester aus Bergamo und Freund von Don Josef, Paula darum, „das Fromme Werk der hl. Dorothea“ in ihr Institut aufzunehmen, das von ihm mit dem Zweck gegründet worden war, die allerärmsten Mädchen in ihrem unmittelbaren Arbeits- und Lebensumfeld zu erreichen. Paula erkannte in der Originalität des Werkes ihre erzieherische Linie wieder und zögerte nicht, dieses in die Tätigkeit ihres Instituts zu integrieren. Die Schwestern nannten sich fortan nicht mehr „Töchter vom heiligen Glauben“, sondern Schwestern von der hl. Dorothea (Abb.). Es war dies ein wichtiger Moment für die Kommunität, die miterlebte, wie sich die ursprüngliche Idee verwirklichte, nämlich „Gott voll und ganz zur Verfügung zu stehen für die Evangelisierung durch Erziehung, wobei den jungen und bedürftigsten Mädchen der Vorzug galt“. Am 4. März 1838 empfingen Paula sowie fünf Lehrerinnen und sieben Helferinnen mit Erlaubnis des Erzbischofs von Genua aus den Händen von Don Luca Passi das Ordenskleid der Dorotheerinnen.
Die Anfänge der Gründung gestalteten sich sehr schwierig, doch kamen Frassinettis Ausdauer und Klugheit gerade in schwierigen Momenten zur Geltung. Nachdem sie alles andere beiseitegeschoben hatte und sich nur mehr auf die Vorsehung verließ, ging sie mit vollem Einsatz an die Konsolidierung der neuen Ordensgemeinschaft mit dem Ziel der Erziehung der Jugend.
In Genua entstanden weitere Häuser und am 19. Mai 1841 begab sich Frassinetti in Begleitung zweier Novizinnen zur Eröffnung eines Hauses nach Rom. Bei dieser Gelegenheit wurde sie von Papst Gregor XVI. empfangen, der an den Dorotheerinnen Gefallen fand. Ansonsten war die Begegnung mit Rom ziemlich hart. In einem kleinen Zimmer über einem Stall begann sie damit, die Unscheinbaren und Entrechteten „zu Gott zu erziehen“, wobei sie von der traditionellen Linie abwich, besonders insofern als sie keinerlei Honorar verlangte, aber die allerärmsten Mädchen aufnahm. Gleichzeitig versuchte sie, das Fromme Werk der hl. Dorothea in verschiedenen Pfarreien zu verbreiten. In diesen weltlichen Hintergrund fügten sich die späteren religiösen Gründungen. 1842 hatte Frassinetti die Freude, die erfolgreiche Arbeit in einem Konvikt für junge Mädchen, einer Volksschule und einem Noviziat bei S. Maria Maggiore kennenzulernen.
Es folgten Jahre der Organisationstätigkeit. Frassinetti hielt sich abwechselnd in Rom, Genua und an anderen Orten auf, um zu stützen, zu ermuntern und Neugründungen in die Wege zu leiten. 1844 vertraute ihr der Papst die Leitung des Konservatoriums von S. Maria del Rifugio in S. Onofrio an. Sie drückte der Umgebung einen neuen Stempel auf. Mit ihrer Anwesenheit als Generaloberin wurde der Sitz von S. Onofrio zum Generalatshaus.
1946 wurde Italien von einem antireligiösen Geist ergriffen, der schließlich zu einer politischen Bewegung ausartete. Auch die Dorotheerinnen in Genua wurden zur Zielscheibe. Frassinettis Schwestern erlebten die ersten sehr leidvollen Stunden. Das Gewitter entlud sich auch über Rom. So musste Pius IX., der auf Gregor XVI. folgte, nach Gaeta fliehen. Frassinetti blieb allein an der Spitze einer großen Kommunität zurück. Mit Glauben und Mut überstand sie die Gefahren der Erstürmung von 1849, der sie auch dank einer Intervention von Giuseppe Mazzini zu ihren Gunsten entkam. Nachdem sich der Sturm 1850 gelegt hatte, erhielt Paula die ersehnte Audienz bei Papst Pius IX. in Gaeta, der für sie wie ein Vater war.
Es begann nun die Zeit der großen Expansion, zumal das Institut seine Arbeit auf den Rest Italiens und in der Welt ausdehnte. So entstanden in Rom verschiedene Erziehungseinrichtungen und Frassinetti begann mit Verhandlungen zur Eröffnung eines Hauses in Neapel, eines Konvikts in Bologna und eines Waisenhauses in Recanati. Nach der päpstlichen Approbation von 1863 schwärmten die Dorotheerinnen von Rom 1865 nach Brasilien und ein Jahr später nach Portugal aus, gestützt durch den Leitspruch ihrer Gründerin: „Seid wie brennende Fackeln und lodernde Flammen, die überall, wo sie hingelangen, das Feuer der Liebe entzünden!“ Und sie fügte hinzu: „Der Herr will, dass wir uns allein auf ihn stützen – und hätten wir nur etwas mehr Glauben, um wie viel gelassener wären wir selbst inmitten der Drangsal!“
1875 unternahm Frassinetti selbst eine Reise nach Portugal. Sie hatte prophezeit, dass das Opfer dieser neuen Gründungen sich für das Institut als am fruchtbarsten erweisen werde, was sich bewahrheiten sollte. Auf dem ersten Generalkapitel von 1876 wurde sie als Generaloberin bestätigt. Und wenn es einerseits stimmt, was Pius XI. anlässlich ihrer Seligsprechung sagte, nämlich dass sie „auf Zehenspitzen mitten unter den Menschen wandelte“, weil sie in ihrer tiefen Bescheidenheit stets in stiller Zurückgezogenheit lebte, so leitete sie doch auf der anderen Seite als Generaloberin der Kongregation auf Lebenszeit die Ausbildung der Schwestern mit solcher Umsicht und Entschiedenheit, dass die Dorotheerinnen von lokalen und nationalen Regierungen, die ihre Häuser vor den Repressionen der damaligen Zeit bewahrten, mit Anerkennung überhäuft wurden.
Frassinettis Spiritualität war in der Tat von einer Geschäftigkeit getragen, die auf die Vorsehung vertraute und der Liebe zum Leid ergeben war: „Ich bitte den Herrn, mir jedwede Strafe aufzuerlegen, nur nicht jene, mir die Last des Kreuzes zu erleichtern… dass die Drangsal von mir weiche: etwas unverblümt heißt das, dass Gott sich von mir entfernt.“ So lebte sie die völlige Hingabe an den göttlichen Willen, „die einzige Perle, die wir suchen müssen“, weil sie das Paradies verkörpert. „Der Wille Gottes, mein Paradies“, pflegte sie zu sagen. Von daher auch ihre Großzügigkeit und Bereitschaft zum Opfer, was bis heute die Mission der Dorotheerinnen in Europa, Amerika, Afrika und Asien auszeichnet.
Schließlich spürte Frassinetti, dass sich ihr mit Arbeit ausgefülltes irdisches Leben dem Ende zuneigte. Geschwächt von den Anstrengungen und nach zwei Schlaganfällen rief sie, gestärkt durch die Sakramente der Kirche, die selige Jungfrau Maria an, die sie zeitlebens verehrt hatte: „Selige Jungfrau, erinnere dich daran, dass ich deine Tochter bin.“ Am 11. Juni 1882 entschlief sie im Herrn im Generalatshaus ihrer Kongregation in Rom. Ihr unverwester Körper ruht sichtbar unter dem Altar der Kapelle der Dorotheerinnen, Via di S. Onofrio, 38, Rom.
Am 8. Juni 1930 wurde Paula Frassinetti von Papst Pius XI. seliggesprochen und am 11. März 1984 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen.
RESCH, ANDREAS: Die Heiligen Johannes Pauls II. 1982 – 2004. Innsbruck: Resch, 2012 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 5). XIV, 480 S., 109 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-094-0, Ln, EUR 48.60 [D], 49.90 [A]
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