Andreas Resch: Nikolaus Roland


NIKOLAUS ROLAND
(1642-1678)

PRIESTER UND GRÜNDER
DER KONGREGATION DER SCHWESTERN
VOM KINDE JESU

Selig: 16. Oktober 1994
Fest: 27. April

NIKOLAUS ROLAND wurde am 8. Dezember 1642 als erstes Kind aus der Verbindung des Händlers Jean Baptiste Roland mit Nicole Beuvelet in Reims, Frankreich, geboren. Wegen anfänglichen Widerstands des Großvaters mütterlicherseits wurde der Kleine zunächst formlos auf den Namen Nikolaus getauft; die feierliche Taufzeremonie folgte erst am 23. Juli 1643. Der Vater, ein Witwer, hatte in erster Ehe mit Maria Favart fünf Kinder, von denen die ersten vier bereits im zarten Alter gestorben waren. Einzig die kleine Adrienne war nun Teil der neuen Familie.

Einer Amme mit religiösen Qualitäten anvertraut, wuchs Nikolaus in einem tief christlichen Umfeld auf, wobei die Eltern, was Frömmigkeit anbelangte, mit gutem Beispiel vorangingen. Von lebhaftem Wesen und überdurchschnittlicher Intelligenz lernte er mit ca. fünf Jahren innerhalb weniger Monate lesen. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin und um seine Begabung zu fördern, schickte man ihn um das Jahr 1650 auf die sog. „petites écoles“ (Kleine Schulen). Bald darauf trat er in das seit 1608 in Reims bestehende Kolleg der Jesuiten am Place St-Maurice ein. In dieser Zeit hatte er Gelegenheit, sich als überdurchschnittlich intelligenter Student zu erweisen, und spirituell kam ihm auch das Klima der Frömmigkeit und Vertiefung der Glaubenswahrheiten sehr entgegen.

Von angenehmem Äußeren, bewegte sich Roland gerne in den angesehenen bürgerlichen Kreisen der Stadt und fand Gefallen an jeglicher Unterhaltung und weltlicher Zerstreuung.

Nach einer vermutlichen Enttäuschung in Liebesangelegenheiten unternahm er die ersten Reisen durch Frankreich, um Arbeitserfahrung zu sammeln und Kontakt mit Kunden und Lieferanten aufzunehmen. Nachdem er seine Unsicherheit hinsichtlich Berufung überwunden hatte, beschloss er, Priester zu werden. Also begab er sich im Jahre 1660 nach Paris und quartierte sich bei einem Handwerker ein, um die von der Universitätsordnung vorgeschriebenen zwei Jahre in Philosophie zu absolvieren, die für die Zulassung zum zweijährigen Theologiestudium erforderlich waren. Gleichzeitig nahm er an hitzigen Diskussionen teil, kam in Berührung mit den Freundeskreisen um P. Bagot, mit den Gründern des Instituts für Auslandsmissionen, besuchte die Seminare des Collège des Bons-Enfants des hl. Vinzenz von Paul, von S. Sulpizio des J.-J. Olier und des hl. Nicolas del Chardonnet, von A. Bourdoin, und schloss seine Studien schließlich mit dem Doktorat in Theologie ab.

1665 kehrte Roland als Kleriker nach Reims zurück, nachdem er sicher schon vor dem 3. März des Jahres das Diakonat erhalten hatte – jenem Tag, an dem er zum Kanonikus bzw. zum Prediger der Kathedrale von Reims ernannt wurde, in die er erst am darauffolgenden 12. August einzog. Das Priesteramt konnte nach den 1583 vom Konzil von Reims angenommenen Edikten des Konzils von Trient erst mit 25 Jahren verliehen werden; für Roland bedeutete dies: frühestens im Dezember 1667. Allerdings existieren diesbezüglich keine schriftlichen Unterlagen.

Priester, Kanoniker und Theologe – so also begann Roland sein neues Leben. Um sich über die Anwendungsmodalitäten der Weisungen des Konzils von Trient hinsichtlich Seminare und Priesterausbildung auf dem Laufenden zu halten, kehrte er nach Paris zurück, wo er neuerlich Kontakt mit den Auslandsmissionen, den Sulpizianern und den Lazzaristen aufnahm. Darüber hinaus verschloss er seine Augen auch nicht vor der Wirklichkeit und ergriff immer neue Initiativen; im Mittelpunkt aller karitativen Bemühungen, Hilfsaktionen und Bildungsarbeit standen dabei stets die Ausgestoßenen der Gesellschaft und die verlassenen Kinder.

Nach dem Wiedereinzug in Reims und dem Wüten der Pest, von der die Stadt im Sommer 1668 heimgesucht wurde, kannte Roland keine Ruhepausen. Neben den regelmäßigen Predigten in der Kathedrale organisierte er Konferenzen für den Klerus, unternahm häufig Missionen auf dem Lande und in anderen Lokalitäten, wobei er keine Anstrengungen, Unannehmlichkeiten und Gefahren scheute. Er befasste sich sehr erfolgreich mit der geistlichen Führung von Laien aller sozialen Schichten ebenso wie von Personen des geweihten Lebens. Sein Haus stand allen offen. Unter den Mitgliedern des von Roland geführten Klerus befand sich auch der Gründer der Christlichen Schulbrüder, der hl. Johannes Baptist de La Salle (1651–1719).

Rolands tiefer Wunsch nach spirituellem Fortschritt führte ihn 1668 nach Rouen, wo er in völliger Armut lebte, abseits aller materiellen Güter und Annehmlichkeiten. Dort traf er auf P. Nicolas Barré und jene Gruppe von Männern und Frauen, die sich um freie Schulen kümmerten. Diese Erfahrung gab den Ausschlag für seinen Entschluss, sich für die Gründung freier Schulen zur Ausbildung der Mädchen einzusetzen.

Wieder in Reims, ging Roland zwischen 1669 und 1670 daran, seine Idee von der Organisation einer ähnlichen Gemeinschaft wie jener in Rouen in die Tat umzusetzen. Unverzüglich bot er den Patienten des Hôtel-Dieu und einem Waisenhaus seine Hilfe an, was ihm Kritik und Zensur einbrachte. Daraufhin ersuchte er im Oktober 1670 die Gemeindevertreter offiziell, ihm die Verwaltung des Waisenhauses zu übertragen. Nach Erhalt derselben bemühte er sich sofort um den Erwerb eines neuen, größeren Gebäudes mit Garten.

Es war der 22. Dezember 1670. Genau fünf Tage später, am 27. Dezember, zogen – aus Rouen kommend – Sr. Francoise Duval und Sr. Anne Le Coeur ein, die damit in Reims den Grundstein für eine kleine Gemeinschaft legten. Am 8. Januar 1671 zelebrierte Roland im neuen, dem „Kinde Jesu“ geweihten Waisenhaus die erste hl. Messe. Nach einer gewissen Zeit wurden dort auch einige Klassen für den Unterricht der Mädchen eröffnet.

1672 traf Roland den hl. Johannes Baptist de La Salle, den künftigen Gründer der Christlichen Schulbrüder. Dieser wollte Roland dazu überreden, auf sein Amt als Kanoniker zu verzichten, um eine Pfarre zu übernehmen – jedoch ohne Erfolg.

Als am 16. Juli 1675 die Kapelle, die Roland für die Schwestern Duval und Le Coeur hatte errichten lassen, eröffnet und eingeweiht wurde, hatte die Gemeinschaft bereits Zuwachs bekommen. Die Gruppe bestand nun insgesamt aus zehn Mitgliedern, die in jeder Hinsicht ein gemeinschaftliches Leben führten, wobei sie sich vor allem Werken der Barmherzigkeit und der Seelsorge widmeten. Es kann dies als der Keim jener Kongregation betrachtet werden, die Roland vorgeschwebt war.

Um für sein Unterfangen auch die rechtliche Anerkennung zu erhalten, begab sich Roland zur Erledigung der dazu notwendigen Angelegenheiten neuerlich nach Paris. Seine Rückkehr nach Reims erfolgte am Karsamstag, den 7. April 1678. Am darauffolgenden 19. April erkrankte er schwer. Am 23. d. M. machte er sich im Beisein von Notaren an die minutiöse Abfassung seines Testaments, zu deren Vollstrecker er den Diakon Nicola Rogier und den Kanoniker Johannes Baptist de La Salle einsetzte. Letzterer fühlte sich von Rolands Form des Apostolats nicht besonders angezogen, konnte seinem Freund aber den Dienst nicht versagen, den dieser auf seinem Sterbebett von ihm verlangte: nämlich die Nachfolge in seinen Werken anzutreten und die Strukturierung der von ihm in Reims gegründeten Kongregation der Schwestern vom Kinde Jesu (Abb.) zu vollenden, und zwar auf der Linie von Rouen und Paris, jedoch mit einer Besonderheit, wie aus seinen Schriften hervorgeht.

Als Roland seine Gemeinschaft am Ende einer durch übermäßige Arbeit und Hingabe provozierten Krankheit seinem Freund La Salle anvertraute, meinte er in Bezug auf das Waisenhaus: „Es ist ein Haus Gottes; Er wird sich darum kümmern, wenn ich nicht mehr dazu in der Lage bin.“

Als Roland sein Ende herannahen spürte, verlangte er nach der Krankensalbung, die er mit großer Andacht empfing, was der Erbauung der Kanoniker diente, die an sein Sterbebett geeilt waren, um ihm beizustehen. Am 27. April 1678 entschlief er friedlich im Alter von 35 Jahren, vier Monaten und 19 Tagen und wurde in der Krypta der „Chapelle de Soeurs de l’Enfant Jésus“, 48, rue du Barbâtre, Reims, Frankreich, beigesetzt.

La Salle machte sich unverzüglich an die Arbeit. Am 9. Mai 1678 erhielt er die offizielle Approbation von Seiten des Königs; die größtenteils von Roland ausgearbeiteten Konstitutionen wurden am 12. November 1683 approbiert. Am 8. Februar 1684 legten die Schwestern das erste Mal die einfachen Gelübde ab. Zudem gründete La Salle, der die Intentionen Rolands verstanden hatte, daraufhin die Christlichen Schulbrüder.

Das Zeugnis von Nikolaus Roland, seine Schriften und Unterweisungen sind exemplarisch für all jene, die sich mit Grundschulausbildung und Katechese befassen.

Am 16. Oktober 1994 wurde Nikolaus Roland von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at