Andreas Resch: Michael Kozal

MICHAEL KOZAL
(1893-1943)

WEIHBISCHOF
VON WŁOCŁAWEK

Selig: 14. Juni 1987
Fest: 26. Januar

MICHAEL KOZAL wurde am 25. September 1893 in Nowy Folwark in der Pfarre Krotoszyn, Erzdiözese Poznan, Polen, als Sohn von Johann Kozal und Marianne Płaczek geboren und erhielt seine erste Erziehung im Schoß seiner armen, aber tief gläubigen Familie. In diesem Klima zeigte Michael schon von frühester Kindheit an eine Vorliebe für alles Sakrale. In der Volksschule in Kobierno und später dann in Krotoszyn erwies er sich als Musterschüler und erwarb sich die Sympathie und Wertschätzung von Lehrern und Mitschülern. Am 27. April 1905 ließen ihn die Eltern auf Empfehlung eines Lehrers in das Gymnasium von Krotoszyn einschreiben, das er neun Jahre lang besuchte und jeweils als „Klassenerster“ abschloss. Im Reifeprüfungszeugnis wurde er zudem als „in jedem Punkt mustergültig“ beurteilt.
Aus Protest gegen die Politik der Germanisierung der Schulen trat Kozal der geheimen katholisch orientierten „Thomasz­-Zan-­Gesellschaft“ bei, deren Präsident er in den letzten Gymnasialjahren war; die Mitgliedschaft in dieser Vereinigung hielt er für die Pflicht eines jeden polnischen Katholiken.

Nach der Reifeprüfung 1914 inskribierte sich Kozal am Seminar „Leonium“ in Poznan. Sein Einstand fiel mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges (1914-1918) zusammen, und die Kriegsereignisse wirkten sich auch auf sein Studium aus. Unter diesen Umständen war es ihm unmöglich, den dreijährigen theoretischen Kurs in Poznan abzuschließen, was er 1918 in Gniezno nachholte. Am 23. Februar 1918 wurde Kozal zum Priester geweiht.
Ursprünglich sollte er sein Spezialstudium fortsetzen, doch zwang ihn der plötzliche Tod des Vaters zum Pastoraldienst in der Diözese. Zunächst wurde er der Pfarre Koscielec zugeteilt und am 1. Oktober 1918 dem Vikariat von Pobiedziska, wo er eineinhalb Jahre in harmonischer Zusammenarbeit mit dem Pfarrer verbrachte, der über ihn schrieb: „Das ist mein erster Vikar, der nicht sich selbst sucht, sondern die Rettung der Seelen.“ Am 6. Juni 1920 begann Kozal mit der pastoralen Arbeit in Krostkowo als Administrator „in spiritualibus“. Frei von wirtschaftlichen Belangen, widmete er sich der Seelsorge und dem Privatstudium der Theologie und erzielte bei den Prüfungen optimale Ergebnisse.

Sein Eifer weckte das Interesse von Kardinal Edmund Dalbor, Erzbischof von Gniezno, der ihn am 29. September 1922 zum Präfekten des katholischen humanistischen Mädchengymnasiums von Bydgoszcz ernannte. Nach einem Jahr ersuchte Kozal um Rückkehr in die Seelsorge, was der Bischof jedoch ablehnte. Stattdessen wurde er am 13. Oktober 1927 zum Spiritual des Großen Seminars von Gniezno ernannt. Die Seminaristen ließ er damals wissen: „Ich stehe Ihnen Tag und Nacht zur Verfügung, Sie können jederzeit zu mir kommen.“ Seine Arbeit trug außergewöhnliche Früchte, weshalb er am 25. September 1929 zum Rektor des Instituts ernannt wurde, wenngleich er im Seminar der einzige Dozent ohne akademischen Grad war. Auch in dieser Funktion übte er mit seiner Besonnenheit und dem persönlichen Beispiel als Priester auf die Studenten großen Einfluss aus.

Am 12. Juni 1939 wurde Kozal zum Weihbischof von Włocławek und zum Titularbischof von Lappa ernannt. Dennoch blieb er bis zum Ende des akademischen Jahres resp. bis zum 6. Juli in Gniezno. Nach einer Zeit der spirituellen Vorbereitung wurde er in der Kathedrale von Włocławek am Sonntag, den 13. August 1939, zum Bischof geweiht. An den darauf folgenden Tagen bereitete sich Kozal auf die Funktion des Generalvikars und Beamten des bischöflichen Tribunals vor.

Am 1. September 1939 brach mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Polen der Zweite Weltkrieg aus, und so sah sich der Bischof mit unerwarteten Ereignissen konfrontiert. Er nahm Anteil am Leid der Bevölkerung, indem er Verwundete besuchte und Verzweifelten Trost zusprach. Viel Zeit verbrachte er im Beichtstuhl und beim Gebet. Seine Güte, Ruhe und Selbstbeherrschung sowie sein geistliches Wort entfachten bei den Menschen in dieser Zeit der Angst und Ausweglosigkeit einen Hoffnungsstrahl.

Als sich die Kampfhandlungen Włocławek näherten, drängten ihn die staatlichen Behörden und das polnische Militär, die Stadt zu verlassen. Kozal aber war nicht von der Stelle zu bewegen und betonte, dass er in seiner Eigenschaft als Seelenhirte den Klerus und die Gläubigen in einem so kritischen Moment auf keinen Fall im Stich lassen würde. Nach der Abreise von Msgr. Radonski am 6. September oblag ihm die Verwaltung der Diözese. Kozal teilte das Schicksal seines Volkes und erwarb sich so das uneingeschränkte Vertrauen von Priesterschaft und Gläubigen.

Mit dem Einfall der deutschen Truppen in der Stadt, am 14. September 1939, wurden die kirchlichen Tätigkeiten nach und nach systematisch eingeschränkt. Die Diözese wurde dem sog. Warthegau einverleibt, auf dessen Territorium u. a. die Konfessionspolitik Hitlers Fuß fassen sollte. Die Einstellung der katholischen Presse, die Beschlagnahme der zu Kirchen und kirchlichen Einrichtungen gehörenden Gebäude und die Inhaftierung von Priestern waren die ersten Schritte dieser Politik. Angesichts solcher Umstände protestierte Kozal, der sich durch die von den Deutschen verbreitete Schreckensherrschaft nicht einschüchtern ließ, energisch gegen derlei kirchenfeindliche Akte. Doch stießen seine Interventionen bei der Obrigkeit der Besatzungsmacht auf taube Ohren. Stattdessen erhielt er Mitte Oktober den Befehl, im Gestapobüro vorstellig zu werden. Auf diese Weise wollte man das kirchliche Leben offiziell der Überwachung durch die Polizei unterstellen. So wurde Kozal u. a. aufgefordert, die Homilien in Deutsch zu halten, was er jedoch ablehnte. Da er mit seiner baldigen Verhaftung rechnete, beauftragte er seine Haushälterin, einen kleinen Koffer mit dem Allernötigsten bereitzuhalten. Am 7. November 1939 wurde Kozal in Haft genommen und zusammen mit anderen Priestern in das Kommunalgefängnis gesperrt. In einer Einzelzelle untergebracht, wurde er von den Gefängnisaufsehern misshandelt. Kozal blieb dort bis zum 16. Januar 1940, als er mit anderen Priestern und Seminaristen in das Institut der Salesianer nach Lad gebracht wurde. Von diesem Hausarrest aus unterhielt er geheime Kontakte mit der Diözese und reorganisierte die Aktivitäten des Seminars, das nach der Deportation der Dozenten vorübergehend geschlossen worden war. Ende April 1940 wurden in Lad zwei Abgesandte des Apostolischen Nuntius von Berlin vorstellig, die ihm mitteilten, dass man ihn zum Administrator von Lublin ernannt hatte. Mit dieser Nominierung hoffte der Heilige Stuhl, die Freilassung Kozals zu bewirken, der die Authentizität der Botschaft angesichts der herrschenden Umstände bezweifelte. Abgesehen von den Nachrichten, die ihn erreichten, sah er nämlich vom Fenster aus immer wieder endlose Schlangen von Deportierten vorbeiziehen. Angesichts dieses Anblicks reifte in ihm der Entschluss, dem Herrn zur Rettung der Kirche und des Vaterlandes sein Leben darzubieten, und er teilte dies „sub secreto“ dem Rektor des Seminars mit. Am 15. August 1940 begann die Gestapo mit der Zwangsverlegung der Internierten in die verschiedenen Konzentrationslager. Kozal blieb zusammen mit sieben Priestern und einem Diakon in Lad zurück. Am 3. April 1941 wurden auch sie zunächst in das Konzentrationslager von Inowroclaw gebracht, wo sie Misshandlungen und Folterungen ausgesetzt waren; Kozal trug Verletzungen an den Beinen und am linken Ohr davon. Anschließend kamen sie in das Konzentrationslager von Dachau, wo sie am 25. April 1941 eintrafen. Kozal erhielt die Nummer 24544 als Zeichen seiner Identität als männlicher Gefangener, Bischof und Pole. Die Behandlung war grausam: Hunger, Misshandlungen, Folterungen, insbesondere der polnischen Priester. Kozal ertrug alles in unverrückbarem Glauben und versuchte, die anderen zu trösten. Im Zuge einer im Lager ausgebrochenen Typhusepidemie erkrankte Kozal schwer. Bei der Nachricht über die Niederlage in Stalingrad sagte er zu den Priestern und Seminaristen: „Bald bricht die Freiheit an und ihr werdet mich nicht mehr brauchen.“

Am 25. Januar 1943 wurde Kozal zusammen mit seinem Cousin, Pater Ceslao Kozal OMI, in die als „Revier“ bezeichnete Krankenbaracke verlegt. Am 26. Januar wurde er von einem Arzt und dem dortigen Chefsanitäter besucht. Dabei fielen u. a. die Worte: „Jetzt wird ihm der Weg in die Ewigkeit gleich leichter fallen.“ Dann gab ihm der Sanitäter eine Injektion in den rechten Arm, woraufhin Bischof Michael Kozal nach wenigen Minuten verstarb. Dieses Zeugnis wurde von P. Ceslao Kozal überliefert, dem es gelang, sich eine Kopie der Autopsie zu verschaffen. Nicht bekannt ist jedoch, um welches Gift es sich handelte. Am 30. Januar 1943 wurde der Leichnam Kozals im Krematorium des Lagers von Dachau eingeäschert.

Am 14. Juni 1987 wurde Michael Kozal von Papst Johannes Paul II. in Warschau, Polen seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

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