Andreas Resch: Marian von Jesus Euse Hoyos


MARIAN VON JESUS EUSE HOYOS
(1845-1926)

DIÖZESANPRIESTER

Selig: 9. April 2000
Fest: 14. Juli

MARIAN VON JESUS EUSE HOYOS wurde am 14. Oktober 1845 als erstes von sieben Kindern des Pedro Euse und der Rosalía de Hoyos in Yerumal, Diözese Antioquia, Kolumbien, geboren und am darauffolgenden Tag auf den Namen Marian von Jesus getauft. Schon mit zwei Jahren empfing er das Sakrament der Firmung. Der Nachname Euse ist französischen Ursprungs, weil der Urgroßvater, Pedro Euse, aus der Normandie stammte.

Marians Eltern waren sehr religiös. Da sie der öffentlichen Schule misstrauten, die damals sehr sektiererisch und antikirchlich eingestellt war, wollten sie die Erziehung ihrer Kinder selbst in die Hand nehmen. Von ihnen lernte Marian gutes Benehmen ebenso wie lesen und schreiben und erste wissenschaftliche Grundlagen. Ihr Einsatz zeitigte Erfolg. So begann der Junge schon bald selbst damit, sein Wissen an andere Kinder des Dorfes weiterzugeben.

Da Marian seine Kindheit und Jugend auf dem Feld verbracht hatte, wirkte er in jungen Jahren wie ein echter Bauer. Mit Unterstützung seines Onkels, Don Fermin de Hoyos, einem fähigen Priester und wissenschaftlich gebildeten Mann, wurde er in die Schule „San José“ von Marinilla, Antioquia, eingeschrieben, wo er Bestnoten erzielte. In den Folgejahren blieb er ein treuer Weggefährte seines Onkels, zunächst in Girardota, dann in San Pedro de los Milagros. In beiden Pfarreien wirkte er als Sakristan und half mit beispielhafter Hingabe im Büro, wobei er die freie Zeit für sein Fortkommen in den Studien nutzte.

Mit 16 Jahren eröffnete er dem Onkel während seines Aufenthalts in Girardota, dass er Priester werden wolle. Da er seiner Berufung treu blieb, ersuchte er dann um Aufnahme in das neu eröffnete Seminar von Medellín, was ihm am 3. Februar 1869 gewährt wurde. Manuel Antonio López de Mesa, später Bischof von Antioquia, Gregorio Nazianceno Hoyos, später Bischof von Manizales, und Marco Fidel Suárez, der künftige Präsident der Republik Kolumbien, waren seine Mitschüler. Nach der Vorbereitungszeit wurde Marian am 14. Juli 1872 zum Priester geweiht.

Die erste Ernennung war die zum Kaplan seines Onkels in der Pfarre San Pedro, nachdem dieser den Diözesanbischof ausdrücklich darum gebeten hatte. Am 10. Januar 1873 wurde ihm der Titel eines Pfarrsubstituts eben jener Pfarre verliehen und am 30. Januar 1875, beim Tod des Onkels, wurde er zum Pfarrer ad interim ernannt. Unter seiner Schirmherrschaft wurde jenes grandiose Bauwerk begonnen, das heute den Rang einer Basilika besitzt.

Am 15. April 1876 wurde Hoyos als Kaplan nach Angostura versetzt. Der dortige Pfarrer, Don Rudesindo Correa, war ein betagter Mann, dessen Gesundheit Anlass zur Sorge gab. In der Erfüllung seiner Aufgaben als Kaplan bemerkte Don Marianito, wie er liebevoll genannt wurde, schon bald das Ausmaß der Schwierigkeiten, mit denen er konfrontiert werden würde – allen voran der Bau der Pfarrkirche, der zwar begonnen worden war, dann aber aus technischen Gründen eingestellt wurde, und die Gefahr des Bürgerkriegs, die der Region drohte. Trotz einjähriger Unterbrechung konnte er mit Ausdauer und Geduld alle Probleme bewältigen und das Bauwerk zu Ende führen. Eine weitere leidvolle Erfahrung erlebte er, als dann in Kolumbien der Bürgerkrieg ausbrach und die Verfolgung des Klerus begann. Die vielen Gegensätze führten dazu, dass die ohnehin fragile Gesundheit des Pfarrers weiter untergraben wurde, der sich, zu Hause eingesperrt, unentwegt für die Belange der Kirche und des Vaterlandes aufopferte. Don Marian hingegen kämpfte ohne Unterlass und griff zu allen möglichen Mitteln, um der Probleme Herr zu werden. Er forcierte das Gebet und unterzog seinen Leib einer strengen Disziplin und häufigem Fasten. Zuweilen musste er sich in einem Keller verstecken, der ihm auch als Kapelle, Wohnung und Küche diente. Man sah ihn oft im Dorf und auf den Feldern oder von Haus zu Haus gehen, wo er die einen unterwies, den anderen beistand und alle tröstete.

Ende 1878 wurde er zum Pfarrer von Sabanalarga in Antioquia bestellt. Dort blieb er nicht einmal drei Jahre, weil er am 21. Januar 1882 die Ernennung und den Titel des Pfarrers von Angostura erhielt. Hier stand er bis zu seinem Tod im Dienst des Evangeliums und im intensiven Bemühen um das Wohl der Seelen, die seiner pastoralen Sorge anvertraut waren. Nichts konnte seinen Eifer bremsen: weder die Hindernisse von Seiten der staatlichen Behörden, die damals der Kirche gegenüber sehr feindselig eingestellt waren, noch die Schwierigkeiten von Zeit und Ort. Sein beständiges und effizientes Apostolat brachte reichlich Frucht und hinterließ im Volk eine tiefe, positive Wirkung und eine lebendige Erinnerung.

Don Marian verstand es, sich vollkommen in das Leben der Bevölkerung einzugliedern, indem er deren Freuden und Ängste teilte und allen ein fleißiger Vater, Meister, vertrauensvoller Berater und ein treuer Zeuge der Liebe Christi war. Die Armen, die er „die Adeligen Christi“ nannte, lagen ihm besonders am Herzen. Mit Freuden setzte er all seine Habe zur Linderung ihrer Not und Bedürfnisse ein. Regelmäßig besuchte er die Kranken und stand ihnen zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung. Mit großem Einfühlungsvermögen bemühte er sich um die Kinder und Jugendlichen, um sie auf den Weg der guten Sitten und der Weisheit zu geleiten.

Besondere Sympathie hegte er für die Bauern, in Erinnerung daran, dass er bis zum 16. Lebensjahr selbst einer von ihnen gewesen war. Er hatte stets ein offenes Ohr für ihre spirituellen, sozialen und wirtschaftlichen Belange.

Da Don Marian seine Schäfchen gut kannte, konnte er offen zu ihnen sprechen; daher waren seine Predigten sehr einfach, aber auch äußerst wirksam. Er verbreitete die Hl. Schrift und unterwies alle – Arme und Reiche, Kinder und Erwachsene, Männer und Frauen – in der christlichen Lehre. In seiner Pfarrei förderte er religiöse Praktiken: die Teilnahme an der heiligen Messe an Festtagen, das Rosenkranzgebet im Kreis der Familie, die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu, die katholischen Vereine, das Gebet um Berufungen.

Er setzte auch Verschiedenes konkret um. So errichtete er neben der Pfarrkirche noch das Pfarrhaus, den Glockenturm, die Kapellen der Madonna auf dem Berg Karmel und des hl. Franziskus sowie den Friedhof. All diese Arbeiten stellten einen großen Beitrag für das christliche Leben der Bevölkerung dar, die so die mütterliche Fürsorge der Kirche erfuhr.

Im ständigen Gebet und in der Askese fand er zu den Wurzeln seines Amtes und seines priesterlichen Lebens. Don Marian war ein großer Verehrer der Eucharistie, der Muttergottes, der Engel und der Heiligen. Vor allem aber liebte er Gott, zu dessen Ehre er lebte und arbeitete; daraus entsprangen seine Liebe zu den Pfarrkindern und der Wunsch, deren Seelen zu retten.

Don Marian besaß auch genug Charisma, um versprengte Schafe wieder in den Stall zurückzuholen. Er betete mit Inbrunst und ließ für die Bekehrung der Sünder beten. Auch war er ein eifriger Missionar. Seine Katechesen für Kinder und Erwachsene und seine Lehrreden strotzten nur so von Wahrheiten und nützlichen Anekdoten. Ein besonderes Anliegen war ihm die würdevolle Gestaltung des Gotteshauses. Auf dieser Grundlage entstand ein Großteil der heutigen Kirche.

Eine seiner bevorzugten Beschäftigungen war das Beichthören. Unzählige Stunden am Tag und zuweilen bis tief in die Nacht hinein verbrachte Don Marian im Beichtstuhl. Aus allen möglichen, auch weit abgelegenen, Orten kamen reuige Sünder jeden Alters und Standes, um bei ihm zu beichten oder sich seiner geistlichen Führung anzuvertrauen. Seine unerschütterliche Geduld und sprichwörtliche Liebenswürdigkeit zusammen mit pastoralem Geschick und in Augenhöhe mit den Problemen derer, denen er die Beichte abnahm und die er führte, sorgten dafür, dass sich unzählige Menschen an ihn wandten, einzeln oder in Gruppen, unaufhörlich und kräftezehrend. Er besaß in der Tat eine außerordentliche Fähigkeit zur beratenden Hilfestellung und Diskretion. Dazu gesellten sich großes Verständnis und viel praktische Erfahrung, was es ihm ermöglichte, sofort das ganze Vertrauen der Reumütigen zu gewinnen, ohne Unterschied in Beruf, Alter oder gesellschaftlichem Rang; das galt auch für jene, die ihn noch kaum kannten. Sie gingen auf eine sehr natürliche Weise auf ihn zu, wie auf einen gutherzigen Großvater: die Kinder, die Verschlossensten und Unzugänglichsten unter den Jugendlichen, ohne jede Angst und ohne Misstrauen – dies dank seiner liebevollen und väterlichen Aufnahme, der Wärme seines sanften Blickes und seines unentwegten Lächelns wegen.

In all den Jahren seines Apostolats erfreute sich Don Marian guter Gesundheit. Gerne übte er Selbstkasteiung mittels Buße und Fasten. Schließlich holte ihn eine schwere Infektion ein, die ihn von Mitte Juni 1926 an ans Bett fesselte. Am 12. Juli erlitt er eine Darmentzündung. Seine Armut war so groß, dass man an die Freigebigkeit seiner Leute appellieren musste, um den Kranken versorgen und Maßnahmen für seine Pflege treffen zu können. Er selbst meinte: „Ich habe schon lange genug gelebt, und mein größter Wunsch ist die Vereinigung mit Jesus.“

Don Marian starb am 14. Juli 1926 im Alter von 80 Jahren. Seine Beisetzung erfolgte unter Anteilnahme der Gesambevölkerung in der Kapelle der Madonna vom Karmel, die er selbst hatte erbauen lassen. Am 11. September 1936 wurden seine sterblichen Überreste, die man mumifiziert vorgefunden hatte, in die Pfarrkirche von Angostura in Kolumbien überführt. Am 30. Juli 2001 wurde die Pfarrkirche Nuestra Señora de Chiquinquirà zum Nationaldenkmal und historischen Erbe erklärt.

Am 9. April 2000 wurde Marian von Jesus Euse Hoyos von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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