Andreas Resch: Maria vom hl. Joseph Alvarado Cardozo


MARIA VOM HL. JOSEPH ALVARADO CARDOZO
(Laura)
(1875-1967)

GRÜNDERIN
DER
AUGUSTINER-REKOLLEKTINNEN
VOM HERZEN JESU

Selig: 7. Mai 1995
Fest: 2. April

MARIA VOM HL. JOSEPH ALVARADO CARDOZO wurde am 25. April 1875 als erstes von vier Kindern von Klemens Alvarado und Margherita Cardozo in dem an der Pazifikküste gelegenen Dörfchen Choroní in Aragua / Venezuela geboren und am 13. Oktober des Jahres auf den Namen Laura Evangelista getauft. Ihre Eltern waren nicht verheiratet, vielleicht weil der Vater, ein bescheidener Kaufmann, kein praktizierender Katholik war, vielleicht aber auch wegen des damaligen sozialen Umfelds in Venezuela, welches illegitime Verbindungen begünstigte. Der Vater stammte von den Kanarischen Inseln, während die Mutter aus Venezuela gebürtig war. Bereits im Alter von zwei Jahren wurde Laura gefirmt.

Lauras Mutter und Großmutter mütterlicherseits – beide tief religiös – brachten der Kleinen schon von Kindesbeinen an das Beten bei. So betete das Mädchen ab dem vierten Lebensjahr täglich mit der Großmutter den Rosenkranz und besuchte mit ihr die Armen und Kranken.

Um den vier Kindern eine gute Ausbildung zu gewährleisten, übersiedelte die Familie nach Maracay. Dort besuchte Laura ab dem fünften Lebensjahr die örtliche Schule; 1892 machte sie mit 17 Jahren den Abschluss: „vom fünften bis zum 17. Lebensjahr, als ich zur letzten Prüfung antrat… Diese glücklichen Jahre sind mir immer gegenwärtig und ich sehe sie ohne Sünde“. Da Laura schon früh durch Intelligenz und eine außergewöhnliche Herzensgüte auffiel, wurde sie den Mitschülerinnen als Beispiel empfohlen.

Zu einem unvergesslichen Erlebnis wurde für sie der Tag der Unbefleckten Empfängnis im Jahre 1888, als sie die erste hl. Kommunion empfing. In ihrem jugendlichen Alter gründete Laura damals in ihrem Elternhaus eine Schule für arme Kinder, die sie auch auf die Erstkommunion vorbereitete. Um der Familie nicht auf der Tasche zu liegen, kam sie für die Kosten durch eigene Arbeit auf.

Nach Abschluss ihrer Studien 1892 eröffnete sie ihrem Spiritual, P. Vicente López Aveledo, Pfarrer von Maracay, dass sie den brennenden Wunsch habe, sich als Klausurschwester dem Herrn zu weihen; dieser aber riet ihr zu warten. So legte sie zunächst am 8. Dezember 1892, im Alter von 17 Jahren, das Gelübde der Keuschheit ab und gab sich Jesus Christus zur Braut, „auf den alle Liebe gerichtet“ war. Um dem Herrn zu danken, nahm sie alljährlich zum Jahrestag des Gelübdes fünf Tage lang an Exerzitien teil. Laura wurde damals durch ihr Engagement in der Pfarre zu einer der treuesten Mitarbeiterinnen von P. Aveledo.

Ihr Wunsch jedoch war es, ihr Leben dem Herrn in einem geschlossenen Konvent zu weihen. Da sie keine Möglichkeit hatte, ihr Vorhaben umzusetzen, weil es in Venezuela keine derartigen Klöster gab, folgte sie der Einladung des Pfarrers zur Arbeit in einem kleinen Spital, das dieser am 3. November 1893 in Maracay eröffnet hatte, um den von einer Pockenepidemie heimgesuchten Einwohnern zu helfen, die vor allem unter den Armen Tod und Trostlosigkeit verbreitete. Laura widmete sich damals in diesem ersten Spital in Maracay ganz der Pflege der Kranken. Die Arbeit war beschwerlich, die Armut enorm, aber nichts brachte sie ins Wanken, war sie doch vom großen Ideal der Heiligung getragen: „Mein Jesus, Du bist mein Ideal und nur Dir folge ich, nichts macht mir Angst. Ich will heilig sein, wirklich heilig.“ Es war diese Erfahrung, die sie bei ihren zukünftigen Arbeiten und das ganze Leben hindurch motivierte.

Gemeinsam mit vier Freundinnen arbeitete sie nahezu neun Jahre lang unentgeltlich in dem Spital, zunächst unter Anleitung einer Lehrerin, einzig und allein von ihrer Liebe zu den Armen und der Hoffnung beseelt, eines Tages für sie und die Waisenmädchen ein Institut gründen zu können. Ihre Arbeit trug so reiche Frucht, dass sie am 5. Mai 1896 zur Leiterin ernannt wurde. Sie initiierte auch eine Gruppe freiwilliger junger Menschen mit der Bezeichnung „Samariter“, die ihrem Beispiel nachfolgen wollten. Am 31. Dezember 1899 starb der Vater, dem Laura bis zum Tod ihren Beistand gelobt hatte.

Am 11. Februar 1901 gründete sie gemeinsam mit P. López Aveledo eine Schwesternkongregation mit Namen „Augustiner Hospitalschwestern“, die sich der Pflege der Alten, Kranken und Waisen verschrieb. Mit der gebotenen Erlaubnis des Generalvikars von Caracas, Msgr. Juan B. Castro, nahm sie zusammen mit drei eifrigen jungen Frauen das Ordenskleid der Augustinerinnen und rief mit dem Beginn des Noviziats das neue Institut ins Leben. Msgr. Castro ernannte Laura zu dessen Oberin – ein Amt, das sie auf Wunsch der Schwestern bis 1960 innehatte.

Am 22. Januar 1902 legte Laura die Ordensprofess ab und ratifizierte damit das im Alter von 17 Jahren abgelegte Gelübde der Keuschheit; von nun an nannte sie sich Maria vom hl. Joseph. Am 13. September 1903 legte sie aufgrund eines ihr von der Religiosenkongregation gewährten „Sonderprivilegs als Gründerin“ die ewigen Gelübde ab, und am 28. September desselben Jahres wurden die Statuten der Kongregation approbiert.

1905 erfüllte sie sich ihren Lebenstraum und gründete in Maracay das erste Waisenhaus für Mädchen. Von da an folgten in beschleunigtem Rhythmus weitere Gründungen. Wie die hl. Theresia von Jesus wurde Mutter Maria zur „Pilgerin Gottes“, um dort zu helfen, wo Hilfe nötig war. Caracas, Barquisimeto, La Victoria, Valencia, Coro, Maracaibo, Puerto Cabello und weitere Städte und kleine Dörfer zeugen vom Einsatz der grazilen Schwester mit dem aszetisch-mystischen Ausdruck – dem Anschein nach schwach und kränklich, in Wahrheit aber von einer immensen inneren Kraft und von glühender Nächstenliebe erfüllt, die keine Grenzen kannte. Innerhalb weniger Jahre und ohne jedes Vermögen gelang es ihr, 35 Häuser auf die Beine zu stellen. Es waren einfache und karge Häuser, in denen jene, die am Rande der Gesellschaft lebten, Aufnahme fanden: „die von allen abgelehnt werden, sind die unsrigen; die niemand will, sind die unsrigen“, pflegte sie zu ihren Schwestern zu sagen, die dem Grundsatz ihrer Gründerin treu blieben.

Mutter Maria verstand es, Gebet und Arbeit zu vereinen. Während sie am Tag stets bei den Armen und Waisen zu finden war, verbrachte sie nachts unzählige Stunden vor dem Tabernakel. Aus diesen Stunden tiefer Kontemplation schöpfte sie die Kraft, die sie in den Dienst der Schwächsten stellte.

Trotz der immensen Arbeitsleistung erfolgte die diözesane Approbation der Kongregation erst per Dekret vom 17. September 1927. Laut diesem erhielt die Kongregation die Bezeichnung Augustiner Hospitalschwestern, wenngleich sie auch unter dem Namen Schwestern der Armen des hl. Augustinus bekannt werden sollte. Der Bischof von Caracas persönlich approbierte am 15. August 1931 die Konstitutionen. Am 10. Mai 1950 wurde die Kongregation auf Ersuchen der Gründerin dem Orden der Augustiner-Rekollektinnen angeschlossen, und am 15. November 1952 erhielt die Ordensgemeinschaft anlässlich des 50. Jahrestages das Decretum Laudis, womit sie unter der Bezeichnung Augustiner-Rekollektinnen vom Herzen Jesu (Hermanas Augustinas Recoletas del Corazón de Jesús, Abb.) zu einer Kongegration päpstlichen Rechts erhoben wurde.

1960 wurde Mutter Maria – was schon lange ihr Wunsch war – als Generaloberin abgelöst. Sie zog sich daraufhin in das Haus „Hogar“ in Maracay zurück, wo sie ihre letzten Lebensjahre mit Beten und Arbeiten verbrachte. Stundenlang hielt sie vor dem Allerheiligsten Altarsakrament innere Zwiesprache mit Jesus. Aus ihrer großen Liebe zur Eucharistie stellte sie für die Pfarre von Maracay und benachbarte Pfarreien die Hostien her, und da im Lauf der Zeit immer mehr Pfarreien hinzukamen, waren es zuletzt Tausende von Hostien, die sie unentgeltlich an die Priester verteilte. Ihren Mitschwestern legte sie ans Herz, diesen Dienst in ihrem Sinne fortzuführen, was heute noch der Fall ist.

Am 2. April 1967, nach langer Krankheit, die sie mit großer Tapferkeit ertrug, empfahl sie ihre Seele im Alter von 92 Jahren dem Herrn.
In der Stadt Maracay wurde offizielle Trauer angeordnet. Aus ganz Venezuela strömten Tausende Anhänger herbei, um sie noch ein letztes Mal zu sehen. Ihr Begräbnis war ein einziger Triumphzug. Staatliche wie kirchliche Würdenträger begleiteten den Leichenzug, und von einer Flugzeugstaffel, die über die Stadt flog, wurden Rosenblätter auf die Massen geworfen. Auf Anweisung des Bischofs wurden die sterblichen Überreste am Fuße des Altars der Kapelle des Waisenhauses in Maracay beerdigt. Bei der Exhumierung am 19. Januar 1994 wurde ihr Körper unverwest und mit völllig intaktem Ordenskleid vorgefunden. Der Stiel der Lilie, der auf ihre Brust gelegt worden war, trug noch grünliche Blätter.

Am 17. September 1994 wurde der Leichnam von Mutter Maria in einen Sarkophag aus Kristall und Bronze gegeben und vor dem Altar der Göttlichen Eucharistie in der Kapelle des Waisenhauses, via Santos Michelena 14, gegenüber dem Athenäum, in Maracay, Venezuela, beigesetzt.

Am 7. Mai 1995 wurde Maria vom hl. Joseph Alvarado Cardozo von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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