Andreas Resch: Maria von der hl. Cäcilia von Rom Bélanger


MARIA VON DER
HL. CÄCILIA VON ROM BÉLANGER
(Maria Dina Adelheid)
(1897-1929)

PROFESS-SCHWESTER
DER KONGREGATION DER SCHWESTERN VON
JESUS UND MARIA

Selig: 20. März 1993
Fest: 4. September

MARIA VON DER HL. CÄCILIA VON ROM BELANGÉR wurde am 30. April 1897 als Tochter von Oktavian Bélanger und Serafina Matte in Quebec, Kanada, geboren und noch am selben Tag auf den Namen Maria Margarete Dina Adelheid getauft, von den Eltern und Altersgenossinnen aber stets Dina gerufen. 17 Monate später bekam sie noch ein Brüderchen, das aber schon mit drei Monaten starb.

Von Natur aus ziemlich sensibel und ungestüm, erhielt Dina von ihren Eltern eine adäquate umsichtige Erziehung. Einerseits ein zäher und willensstarker Charakter, zeigte sie andererseits von Kindheit an ein starkes Verlangen nach Innerlichkeit. Da sie als Einzelkind in einer relativ gut situierten Familie aufwuchs, hätten sich leicht Egoismus und Launenhaftigkeit breitmachen können. Das Beispiel der Eltern veranlasste sie jedoch zu einem völlig anderen Verhalten, wie aus ihrer Autobiografie hervorgeht: „Ich begleitete meine Mutter bei ihren Wohltätigkeitsbesuchen. In meinem ganzen Leben konnte ich miterleben, wie großzügig meine Eltern die Armen unterstützten. Nach allen Seiten hin verteilten sie reichlich Almosen, trösteten durch religiösen Zuspruch und ermunternde Worte, durch häufige und ausgedehnte Besuche, durch liebevolle, manchmal fast schon unterwürfiges Verhalten. Ich wage zu sagen, dass die Linderung versteckten Elends und nicht erkannter Bedürfnisse ihre Hingabe – soweit das überhaupt möglich war – sogar noch gesteigert hat. Im Stillen, Geheimen zu geben, war ihre große Freude. Oft habe ich sie sagen hören: ,Nennen Sie bitte nicht meinen Namen!‘ oder ,Das ist für Sie, sprechen Sie nicht darüber!‘ Ganz zu schweigen von den vielen anonymen Almosen!“

Mit sechs Jahren besuchte Dina zunächst die Schule der Schwestern von Notre-Dame und für die Oberstufe anschließend die Schule „Jacques Cartier“. Erstkommunion und Firmung am 2. Mai 1907 hinterließen einen bleibenden Eindruck: „Jesus war in mir und ich war in Ihm.“ Am 20. März 1908, ein Gründonnerstag, erlebte sie eine erste Audition: „Zum ersten Mal hörte ich Seine angenehme, melodiöse Stimme – in meinem Innern, versteht sich! – , dass ich vor Glück geradezu überwältigt war.“ 1911 vervollständigte sie ihre Ausbildung im klösterlichen Pensionat Bellevue der Schwestern von Notre-Dame, wo sie zwei Jahre verbrachte. Dina ging ihrem Studium mit großem Einsatz nach und erzielte bei den Prüfungen Bestnoten. Ihre Lehrerinnen bezeichneten sie als „vorbildlich in Verhalten, Frömmigkeit, Gehorsam und Arbeitseifer – ohne irgendwelche Allüren. Sie war ein eher verschlossener Charakter, aber nicht hochmütig, sondern sehr bescheiden.“ Am ersten Freitag im Oktober desselben Jahres weihte sie ihre Jungfräulichkeit dem Herrn, weil sie – wie sie sagte – „schon jetzt den brennenden Wunsch hatte, sich seiner Liebe anzuvertrauen“.

Bereits mit acht Jahren begann sie mit dem Klavierstudium und zeigte dabei bemerkenswertes Talent. Im Januar 1914 schaffte sie das Diplom der „Meisterklasse“, im Juni den Titel einer Professorin für Klavier und unmittelbar darauf die Qualifikation für das Lehramt. Im Oktober 1916, nach Vollendung des 19. Lebensjahres, ging sie für zwei Jahre zu den Notre-Dame-Schwestern nach New York, um sich in Klavier, Harmonielehre und Komposition weiterzubilden. Sämtliche Aufzeichnungen des Konservatoriums von New York tragen auf dem Personalblatt den Vermerk „Ausgezeichnet“. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Dina eine besondere musikalische Begabung hatte. In dem von ihr hinterlassenen Schrifttum befinden sich nicht wenige Kompositionen. In New York kam sie das erste Mal mit den Schwestern von Jesus und Maria in Berührung und in einer Phase der „Verdunklung des Geistes“ schrieb sie: „Im März 1917 begann eine innere Zerreißprobe, die etwa sechs Jahre andauerte. Es war der Zorn des Feindes, der seinen Hass auf mich entlud, mich unentwegt attackierte und mich bis ins Tiefste meiner Seele mit seiner Hinterlist und Verschlagenheit quälte. Jesus hat mich mit unzähligen Gnaden erfüllt, um mich in diesem fürchterlichen Kampf nicht zu verlieren… Er hat gesiegt und ich habe mir nichts vorzuwerfen.“

1918 kehrte Dina nach Hause zurück und schrieb sich in einen dreijährigen Fernkurs für Klavier und Harmonielehre ein. Nebenbei gab sie häufig Konzerte zu Wohltätigkeitszwecken. Dieser Lebensrhythmus, den man durchaus leger nennen könnte, war von einer intensiven Beschäftigung mit dem Geistigen begleitet, was eine lückenlose Rekonstruktion ihres asketischen Lebensstils erlaubt, in dem auch mystische Erfahrungen nicht fehlten. Bei ihren Konzerten wurde sie stürmisch gefeiert; ihr Name kam dem eines Künstlers gleich. Über allen menschlichen Träumen aber stand ihr Ideal der völligen Hingabe an Christus. Die Probe, die in New York begonnen hatte, fand ihre Fortsetzung, doch lernte Dina die Stimme ihres Meisters zu unterscheiden: „Ich habe diese Erfahrung so oft gemacht. Nach einem Gespräch mit Unserem Herrn versuchte Satan, mich zu täuschen, indem er an den inneren Dialog anknüpfte. Aber schon bei den ersten Worten, in seiner unvergleichlichen Art, hat er sich mit seiner Scheinheiligkeit verraten.“

Im Sommer des Jahres 1920 verstärkte sich Dinas Wunsch nach einem religiösen Leben zusehends und so trat sie am 11. August 1921 in die Kongregation der Schwestern von Jesus und Maria in Quebec ein, die 1818 in Lyon, Frankreich, von Claudine Thévenet gegründet worden war. Nach dem regulären Postulat folgten am 15. Februar 1922 Einkleidung und Beginn des Noviziats in Sillery. Am gleichen Tag erhielt sie den Ordensnamen „Schwester Maria von der hl. Cäcilia von Rom“. Bereits in der Anfangszeit des Noviziats wuchs in ihr der Wunsch, sich Gott durch die Gelübde der Armut, Keuschheit und des Gehorsams zu weihen, was ihr am 25. März 1922 gewährt wurde. So gab sie sich denn völlig Christus hin: „Ich kann gar nicht sagen, wie glücklich ich war. Bei meiner offiziellen Profess ca. eineinhalb Jahre später war ich nicht glücklicher. In dieser letzten Feier war meine Hingabe nicht größer als bei meinem privaten Gelübde, denn damals schenkte ich mich total, ohne den geringsten Vorbehalt und mit der festen Absicht, nichts anderes mehr zu tun.“

Die offizielle Ablegung der zeitlichen Gelübde erfolgte am 15. August 1923. Anschließend wurde sie beauftragt, in den Klöstern von St. Michel und Sillery Musik zu unterrichten, doch zwang sie ihre schwächliche Konstitution zu langen Aufenthalten auf der Krankenstation. Inzwischen erkannte die Superiorin ihre spirituellen Fähigkeiten und trug ihr auf, ihr Leben niederzuschreiben. Sr. Maria sah diesen Auftrag als einen Akt des Gehorsams und begann im März 1924 mit ihrer Autobiografie, die Einblicke in ein besonders reiches Innenleben gewährt. Am 15. August desselben Jahres hatte sie die Worte des Herrn vernommen: „Du wirst die Profess ablegen und dann, ein Jahr später, genau am 15. August, dem Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel, werde Ich dich zu Mir holen.“ Sr. Maria dachte an den physischen Tod, stattdessen war der mystische Tod gemeint. Tatsächlich hatte sie ab jenem 15. August das Gefühl, völlig in Gott aufzugehen: „Gott hat mein ganzes Ich vereinnahmt. In Jesus Christus aufgezehrt, lebe ich für Ihn in der Allerheiligsten Dreifaltigkeit das Ewige Leben. Er, Jesus Christus, lebt an meiner Stelle auf Erden.“ Am 3. Oktober des Jahres wurde ihr erlaubt, auch das „Gelübde der Vollkommenheit“ abzulegen. Diese Erfahrungen der Unio mystica kommen sogar in ihren Kompositionen zum Ausdruck: „Soupirs d’amour“ (1923), „La valeur de nos croix“, „Ce que je voudrais“, „Je serai sainte“, „Plaintes d’amour“ (1924), „A mon hostie du lendemain“ (1926), „Je meurs de ne pas mourir“, „Sitio“, „C’est ta faute, o Jésus!“, „A la Vierge de l’Assomption“ (1927).

Am 9. April 1926 konnte Sr. Maria den Musikunterricht wieder aufnehmen. Am 10. Juli begab sie sich zur Erholung nach S. Michele. Im Januar 1927 verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand und sie musste auf die Krankenstation zurückkehren. Am 24. April 1928 ließ sie der Provinzrat der Kongregation zu den ewigen Gelübden zu, die sie nach ausführlichen Exerzitien am 15. August des Jahres ablegte. Nach ständigen gesundheitlichen Schwankungen, die ihr gelegentlich die Teilnahme an der Gemeinschaft erlaubten, übersiedelte sie am 30. April 1929 endgültig auf die Krankenstation, wo sie bis zu ihrem Tod in völliger Einheit mit Gott lebte und alle Leiden in voller Hingabe an den Herrn ertrug. Trotz ihres schlechten Zustandes leistete sie auch vom Krankenzimmer aus wertvolle Dienste. So verfasste sie musikalische Kompositionen und Transkriptionen und stand den Musiklehrerinnen mit Rat und Tat zur Seite, bis ihre Kraft erschöpft war.

Maria Bélanger starb am 4. September 1929 im Kloster Jésus-Marie in Sillery, Quebec, an Tuberkulose. Sie war 32 Jahre alt, von denen sie acht als Ordensfrau verbracht hatte. Ihr Ruf der Heiligkeit und der Tugenden war außergewöhnlich; sie versprach, ihren Brüdern und Schwestern auf Erden weiterhin beistehen zu wollen: „Im Himmel werde ich eine kleine Bettlerin der Liebe sein. Dies ist meine Mission und ich werde sofort damit beginnen. Ich werde Freude schenken.“

Der Leichnam wurde zunächst auf dem Friedhof der Gemeinschaft beigesetzt und später in die Kirche des Instituts überführt, wo er in der Kapelle des Klosters Jésus-Marie in Sillery seine letzte Ruhestätte gefunden hat.

Die Spiritualität von Maria Bélanger fügt sich vollkommen in jene der Kongregation der Schwestern von Jesus und Maria ein. In ihr stehen Christus und Maria im Mittelpunkt, sie hat ihren Ursprung in der Liebe des Herzens Jesus und der Unbefleckten Empfängnis und ist auf die Eucharistie ausgerichtet.

Am 20. März 1993 wurde Maria von der hl. Cäcilia von Rom von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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