Andreas Resch: Maria vom Heiligsten Herzen Jesu Schininà


MARIA VOM
HLST. HERZEN JESU SCHININÀ
(1844-1910)

GRÜNDERIN
DES INSTITUTS DER SCHWESTERN VOM
HLST. HERZEN JESU

Selig: 4. November 1990
Fest: 11. Juni

MARIA VOM HEILIGSTEN HERZEN JESU SCHININÀ wurde am 10. April 1844 als fünftes von acht Kindern des Giambattista Schininà dei marchesi di Sant’Elias e dei baroni di San Philipp del Monte und der Rosalia Arezzo Grimaldi dei duchi di San Philipp delle Colonne in Ragusa, Sizilien/Italien, geboren und auf den Namen Maria getauft. Ihre Kindheit verbrachte sie im Schoß der Familie, wo sie von den Eltern nach zutiefst christlichen Prinzipien erzogen und von den beiden Wirtschafterinnen in die Grundzüge häuslichen Arbeitens eingeführt wurde. Am 2. November 1850 empfing sie das Sakrament der Firmung und vermutlich im Jahr darauf die Erstkommunion. Lesen und schreiben lernte sie unter Anleitung des Hauslehrers und Priesters Vinzenz Di Stefan. Ihrem Rang entsprechend erhielt sie auch eine Ausbildung in Musik.

In ihrer Jugend, der das vornehme Umfeld sehr zuträglich war, trachtete Maria danach, unter ihren Altersgenossinnen herauszustechen, indem sie sich mit Überschwang der Mode und dem Tanz hingab und sich vor allem musikalisch zu perfektionieren versuchte. 1860 initiierte sie die erste Musikkapelle, die zu den Feierlichkeiten der Einheit Italiens in Ragusa entstand. Bei dieser Gelegenheit schwang die sechzehnjährige Baronesse in Anwesenheit des stolzen Vaters mit Begeisterung selbst den Taktstock.

Am 22. März 1865, als sie 22 Jahre alt war, starb unverhofft Marias Vater. Damals kam es bei ihr zu einer tiefgehenden inneren Wandlung, die nahezu zehn Jahre andauerte. Sie zog sich immer mehr zurück und lehnte jedweden Heiratsantrag systematisch ab. Maria wandte sich nunmehr einem frommeren Leben zu, bis sie schließlich – nachdem 1874 ihr letzter Bruder geheiratet hatte und sie mit ihrer Mutter allein war, die sie durchwegs verstand und unterstützte – die vornehmen, eleganten Gewänder ablegte, ein gewöhnliches Straßenkleid anzog und sich in den Dienst der Armen stellte, jederzeit bereit, den Kritikern aus ihrer Gesellschaftsschicht die Stirn zu bieten. Wegen dieser Haltung wurde sie für „verrückt“ erklärt und als „Schandfleck der Familie“ bezeichnet. Marias Einstellung erwies sich jedoch als äußerst wertvoll und voller sozialer Schlagkraft, wurde doch durch dieses Beispiel die Kluft zwischen Arm und Reich, zwischen Adel und Volk überwunden.

Maria entschied sich unwiderruflich für ein Leben in Demut und Einfachheit, um sich heroisch einzusetzen für die sich selbst überlassenen Kranken in ihren kargen Behausungen und die Armen, deren Schicksal ignoriert wenn nicht gar verschlechtert wurde durch die Probleme, die den sozial vernachlässigten Süden zur Jahrhundertwende hin bedrängten. Sie pflegte die Kranken als den „Augapfel Gottes“ zu bezeichnen, weil sie in ihnen das Antlitz Christi zu erkennen glaubte.

1877 wurde sie zur ersten Leiterin der Frommen Vereinigung der „Töchter Mariens“ ernannt, welche in dem Jahr in Ragusa entstand. Mit den vielen Jugendlichen, die sich um sie scharten, war sie Ansporn und Triebkraft für neue Formen der Pastoral: Katechismusunterricht für die Kleinsten, Vorbereitung und feierliche Gestaltung der Erstkommunion, häusliche Betreuung der Armen, die Förderung der Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu beim Klerus und unter den Gläubigen. Sie war eine eifrige Verfechterin des Kultes des Heiligsten Herzens Jesu, der bisher in Ragusa noch nicht Eingang gefunden hatte.
Als 1884 die Mutter starb, spielte sie mit dem Gedanken, sich in einem Kloster auf der Nachbarinsel Malta Gott zu weihen, doch wurde sie überredet, in Ragusa zu bleiben und ihre wertvolle Arbeit im Dienst der Nächstenliebe fortzusetzen. So sammelte sie einige Gefährtinnen um sich, damit diese sie bei den Werken der Barmherzigkeit unterstützten. 1885 erhielt sie vom Erzbischof einen „speziellen Auftrag“, um zum Wohle der Bewohner von Ragusa tätig zu werden. Es war zu der Zeit, dass in Maria der Gedanke reifte, ein Institut zu gründen und dieses dem Heiligsten Herzen Jesu zu weihen, um das von den Evangelien vorgegebene Gebot der Nächstenliebe gesellschaftlich umzusetzen.

Es vergingen vier Jahre eifrigster Vorbereitungen, an deren Abschluss sich Maria mit den ersten fünf jungen Frauen zu einer Gemeinschaft zusammenschloss und damit den Grundstein für das Institut vom Heiligsten Herzen Jesu (Abb.) legte, um einerseits den armen und verlassenen Waisen und den kranken, betagten Frauen Heimat zu bieten und andererseits um sich in der Stadt und Umgebung um die religiöse Erziehung zu kümmern und den Kranken in den Spitälern beizustehen. Am 9. Mai 1889 erhielt die kleine Gemeinschaft ihre Approbation. Der Erzbischof saß der Weihezeremonie der jungen Frauen vor. Maria wurde zur Superiorin ernannt.

Marias Leben war von Gebet und Glauben geprägt. Mit einem glühenden Eisen brannte sie sich den Namen „Jesus“ auf die Brust und machte sich die Worte des hl. Paulus zu eigen: „Alles vermag ich in Ihm, der mich stärkt.“ Sie entfaltete ihre Tätigkeit auch unter den Gefangenen und den Arbeitern in den Pechsteinminen – das Erdharz gehörte zu den Bodenschätzen Ragusas.

Die ersten Jahre des Instituts waren nicht leicht. Ragusa bekam mehr als jede andere sizilianische Stadt die vorherrschenden sozialen Gegensätze zu spüren. Die Wiege des Instituts war ein gemietetes und den Bedürfnissen der Kommunität angepasstes Haus. Es handelte sich – nach menschlichem Ermessen – um eine Gemeinschaft ohne Mittel, Kultur und Ausbildung, jedoch reich an Glauben, Gebet und Nächstenliebe. Maria setzte ihr Projekt gemeinsam mit ihren Mitschwestern in die Tat um: Sie bot Waisenkindern und alten, invaliden Menschen eine Herberge, sie opferte sich auf für die Kranken im Spital und zu Hause und bot engagierten Katechismusunterricht.

1890 wurde sie von Papst Leo XIII. zu einer Audienz empfangen und erhielt dessen Segen für das im Aufbau begriffene Institut. 1891 erlaubte ihr die Gemeinde Ragusa die Nutzung der Lokalitäten des städtischen Krankenhauses der Kapuziner.

1892 begann Schininà, auf einem zwei Jahre zuvor erworbenen Terrain das Mutterhaus zu errichten. Der Bau wurde 1894 fertig gestellt. Trotz der raschen Ausdehnung des Instituts hielt sie weiterhin den Kontakt zur Kirchengemeinde und zu anderen Instituten. Als 1894, im Jahr der Fertigstellung des Mutterhauses, die Gesellschaft der Damen des Wohltätigkeitsvereins gegründet wurde, ersuchte man Sr. Maria in der Organisation mitzuarbeiten. Von 1906 bis 1908 beherbergte sie die ersten Karmelitinnen, die ihre Gemeinschaft mangels eigener Räumlichkeiten in einem Saal des neuen Hauses begründeten. Sr. Maria hatte gesagt: „Der Karmel wird vom Heiligsten Herzen Jesu ausgehen.“

Gleichzeitig, genau zwischen 1892 und 1910, übte sie ihr Apostolat auch unter den Sträflingen und Arbeitern Ragusas aus und verschaffte sich allerorts Wertschätzung, Zuneigung und Sympathie. Ging es nach ihren Plänen, so musste das Institut stärker werden und sich vergrößern. Ragusa war nicht in der Lage, ihr in allem entgegenzukommen. Getragen vom Gedanken der Nächstenliebe, schuf sie ein dichtes Netz an Initiativen, für die sie sich einsetzte.

Schininà pflegte zu sagen: „Das Herz Jesu ist so groß, dass tausend Welten darin Platz finden. Wir müssen dort eintreten und sterben.“ Von daher rührte auch ihre Liebe zu den Armen, in denen sie das Antlitz Jesu erblickte. So erwiderte sie einer Schwester, die sie eines Tages fragte, ob sie denn keinen Ekel empfinde, wenn sie den betagten Patienten die Füße wusch: „Wenn Sie einen Glauben haben, werden Sie in diesen armen Menschen Jesus erkennen und es wird Ihnen eine Genugtuung sein, sich zu seinem Instrument zu machen und um seiner Lieben willen die niedrigste aller Kreaturen zu sein.“

Um der Kongregation einen stärkeren Impuls zu verleihen, vervollständigte sie die Statuten, die 1889 vom Bischof approbiert wurden. 1895 verfasste sie das Regolamento und 1908 erstellte sie die Konstitutionen, die allerdings unvollendet blieben.
In den Jahren 1908 und 1909 freute sie sich, in den Räumlichkeiten ihres Instituts die Erdbebenflüchtlinge aus Messina und Kalabrien beherbergen zu können.

Am Morgen des 9. Juni 1910 erlitt sie einen Schlaganfall. Zwei Tage später – nachdem sie ihren Töchtern eine solide Basis gegeben und ihnen mit den Worten „Liebet einander!“ das Gebot der Nächstenliebe anempfohlen hatte – starb Maria Schininà im Mutterhaus in Ragusa. Sie war 66 Jahre alt.

Nach ihrer Beisetzung auf dem Friedhof von Ragusa am 12. Juni 1912 wurden ihre Gebeine 1913 in das Mutterhaus der Schwestern vom Heiligsten Herzen Jesu überführt und in der Kirche bestattet, wo sie heute noch ruhen.

Am 4. November 1990 wurde Maria vom Heiligsten Herzen Jesu Schininà von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1986 – 1990. Innsbruck: Resch, 2005 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 2). XIII, 298 S., 69 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-076-X, Ln, EUR 25.70 [D], 26.52 [A]

Bestellmöglichkeit: info@igw-resch-verlag.at