Andreas Resch: Maria Theresia Haze


MARIA THERESIA HAZE
(1782-1876)

GRÜNDERIN
DER TÖCHTER VOM
HEILIGEN KREUZ

Selig: 21. April 1991
Fest: 7. Januar

MARIA THERESIA HAZE wurde am 27. Februar 1782 als Tochter von Ludwig Haze und Margareta Tombeure in Lüttich, Belgien, geboren und auf den Namen Johanna getauft. Sie verlebte eine glückliche Kindheit im Kreise ihrer wohlhabenden und christlich gesinnten Familie, die dann in die Revolutionswirren von 1789 geriet, welche von Frankreich aus auf Belgien übergriffen. Aus diesem Grund geriet auch Johannas Vater, der in der Kanzlei des Fürstbischofs beschäftigt war, 1794 in das Visier der Jakobiner und sah sich gezwungen, mit den Seinen zunächst heimlich nach Belgien und später dann ins Ausland zu flüchten. Die Familie Haze erlitt das Schicksal aller Emigranten, das geprägt war von Ängsten, unstetem Aufenthalt sowie ständigen Veränderungen der familiären und gesellschaftlichen Situation.

Während dieses Exils, das die Familie nach Holland und Deutschland verschlug, wurden die Eltern durch das Zusammentreffen gewisser Umstände von einem Teil ihrer Kinder getrennt, und so stand Johanna mit ihren beiden jüngeren Schwestern alleine da. Die Mutter war an einen unbekannten Ort geflüchtet. Nach der Wiedervereinigung starb innerhalb weniger Tage in Düsseldorf der Vater an einem Herzinfarkt und ließ die Seinen mittellos zurück. Als der Rest der Familie nach den Revolutionswirren in Lüttich wieder zusammenfand, sah man sich mit einer prekären Situation konfrontiert, war doch ein Großteil der Besitztümer konfisziert worden. Mutter und Töchter verdingten sich als Stickerinnen, womit sie nicht nur ihren Lebensunterhalt bestritten, sondern auch das Studium von Johannas Bruder, Balduin, bezahlten, der jedoch am Tag seiner Promotion zum Dr. jur. unerwartet verstarb.

Während die älteren Schwestern einen Hausstand gründeten, beschlossen Johanna und ihre Schwester Ferdinande, von einer Heirat abzusehen. Sie blieben bei ihrer Mutter in Lüttich bis zu deren Tod im Jahre 1820. Die beiden lebten als Reklusen, wenngleich sie sich wohltätigen Werken widmeten, vor allem zugunsten der Armen. So eröffneten sie kostenlose Arbeitsräumlichkeiten für Mädchen, und als eine Freundin in den Ordensstand trat und die öffentliche Schule, die sie bis dahin geleitet hatte, verlassen musste, folgten sie der Einladung, an ihrer Stelle die Leitung zu übernehmen. Damit sicherten sie sich nicht nur ihren Lebensunterhalt, sondern es bot sich ihnen auch die Möglichkeit, eine zusätzliche Gratisabteilung einzurichten und eine Berufs- und Haushaltungsschule zu gründen. Als aber der Dekan der Pfarre von St. Bartholomäus die Einführung einer kostenlosen Schule für die armen Kinder des Viertels vorschlug, verwarfen sie ihren Plan. Trotz Protesten von Verwandten und Freunden begaben sie sich damit erneut auf unsicheres Terrain.

In dieser totalen Hingabe an die Arbeit und das Gebet vernahm Johanna immer stärker den Ruf Gottes zu einer neuen Lebensweise. Außer ihrer Schwester Ferdinande teilten ihre Gedanken noch drei weitere Gefährtinnen. Die geistliche Begleitung der Gruppe übernahm der junge Vikar der Pfarre, Johann Wilhelm Habets, der ihrem Vorhaben anfangs zwar ablehnend gegenüberstand, sie später dann aber nach Kräften unterstützte.

Die belgische Revolution von 1830 und die daraus resultierende Unabhängigkeit Belgiens ließen Vieles möglich werden. In dieser Situation beschloss Johanna, dem Umfeld, das sich um sie herum aufgebaut hatte, ein Gesicht und eine Struktur zu geben. Gemeinsam mit Ferdinande und zwei Gefährtinnen zog sie in ein Häuschen in der Nähe der Schule, wo die vier fortan nach dem Beispiel einer klösterlichen Gemeinschaft lebten. Die formelle Gründung der neuen Kongregation erfolgte am 8. September 1833, als Johanna Haze, inzwischen Mutter Maria Theresia, im Rahmen einer Feier in der an das Haus angrenzenden Karmeliterkirche zusammen mit ihren Gefährtinnen die Gelübde ablegte. Sie nannten sich von nun an – einem Herzenswunsch der Gründerin folgend – Töchter vom heiligen Kreuz (Abb.). Als solche wollten sie, gemäß den für die aufstrebende Gemeinschaft festgelegten Konstitutionen, Christus ehren und dienen durch Hinwendung zu den Armen und Leidenden. Dieses Ideal lebten sie vor allem in der Unterweisung armer Kinder und in der Pflege der Kranken. Maria Theresia war die Gründerin und Superiorin, eine starke und umsichtige Frau, der es oblag, mit Fingerspitzengefühl und unter Beteiligung aller kirchlichen Komponenten das Reich Gottes zu errichten.

Aller Anfang war schwer und der Glaube von Mutter Haze, die das fünfzigste Lebensjahr schon überschritten hatte, wurde durch den Tod der Gefährtinnen der ersten Stunde auf eine harte Probe gestellt. Die Berufungen wurden jedoch ständig mehr und die Kongregation nahm einen überraschenden Aufschwung – getragen von den Konstitutionen, wo zu lesen ist: „Die Töchter vom heiligen Kreuz bilden ein Institut apostolischen Lebens. Ihr Zweck ist es, zu erkennen und zu verkünden, dass sich im Leiden und im Tod Jesu auf wunderbare Weise die Liebe Gottes kundgetan hat. Als Antwort auf diese Liebe bringen sie Christus Lobpreis und Ehre dar, indem sie ihn lieben und ihm dienen durch den Dienst an seinen Geschöpfen, bevorzugt den Schwachen und Leidenden.“
„Sie dienen Christus, indem sie sich allgemeinen und besonderen Bildungsaufgaben widmen, sich um die Alten, Kranken und Waisen kümmern, die physisch und geistig Behinderten, die sozial Schwachen. Sie engagieren sich im seelsorglichen Leben der Pfarre und in anderen kirchlichen Diensten. Sie bleiben ihrer ursprünglichen Begabung treu, die sämtliche Werke der Barmherzigkeit einschließt.“

Der Einsatz und die Standhaftigkeit der Gründerin bei diesem Vorhaben zeigte sich auch im Umgang mit schwierigen Problemen: „Unser Herr hat uns sein Kreuz nicht auferlegt, damit wir uns gleich wieder davon befreien. Unser Wunsch muss es sein, so zu leben, dass es ihm zur Ehre gereicht. Das oberflächliche Verlangen nach schnellem Lohn ist meine Sache nicht!“

Zur primären Tätigkeit, dem Unterrichten, gesellten sich schon bald die Hauskrankenpflege und der Dienst an Waisen, ausgebeuteten Mädchen und im Gefängnis einsitzenden Frauen. Dieser sich schon früh abzeichnende vielfältige Aufgabenbereich war Mutter Maria Theresias Antwort auf alles, was sie als einen Appell auffasste – ob es sich nun um eine permanente Notwendigkeit wie bei den oben erwähnten Tätigkeiten handelte oder um zeitliche Bedürfnisse, wie die Sorge um die Cholerakranken während der großen Epidemien von 1849 und 1866 oder die Versorgung der Verwundeten auf den Schlachtfeldern von 1866 und 1870.

1851 fasste die Kongregation in Deutschland Fuß. 1862 reisten die ersten Schwestern nach Indien; 1863 ging eine Gruppe nach England. 1866 und 1870 gab es Krieg zwischen Deutschland und Frankreich, und so waren Krankenschwestern gefragt. Die Töchter vom hl. Kreuz gingen auf die Schlachtfelder, um die Verwundeten zu versorgen und ihnen Mutter und Schwester zugleich zu sein. Sie wurden zu immer mehr apostolischen Aufgaben herangezogen. Mutter Haze willigte zwar ein, hatte gleichzeitig aber Angst, dass die Zunahme an Aktivitäten letztlich auf Kosten der Spiritualität und der Gesundheit gehen würde. Vor allem die Anfragen aus Indien führten zu Unschlüssigkeit. Indien schien damals, was die Kommunikationsmöglichkeiten anging, in weiter Ferne, und von den ersten Schwestern, die sich dorthin aufmachten, kamen vier bei einem Schiffsunglück ums Leben. Zudem würde sie Mutter Haze, die bereits 80 Jahre alt war, nicht mehr begleiten können, wie sie es bisher bei jeder Neugründung getan hatte. Daher zögerte sie, suchte Rat und betete. Dann fasste sie Mut und nahm an in der Überzeugung, dass es der Wille Gottes sei. Und so war es auch. Die Provinzen in Indien zählen heute zu den zahlenmäßig größten, auch im Hinblick auf Werke und Berufungen. Hier muss betont werden, dass die Arbeit der Schwestern heute wie damals in eine Gesamtschau einzufügen ist, die diese mit den Priestern einer Pfarre, einer Diözese, einer Region und häufig auch mit christlichen wie nichtchristlichen Laieninstitutionen teilen.

In all den Jahren kam Mutter Maria Theresia die tatkräftige Unterstützung des mittlerweile zum Kanoniker beförderten Priesters Habets zugute, der, bevor er sich ganz in den Dienst der Kongregation stellte, wichtige Funktionen in der Diözese ausübte. Er gilt als Mitbegründer der Kongregation, weil Mutter Maria Theresia ohne ihn keine ihrer Gründungen hätte verwirklichen können. Beide starben im Jahr 1876, Mutter Maria Theresia am 7. Januar, Kanonikus Habets am darauffolgenden 19. Dezember. Mutter Haze wurde zunächst auf dem Friedhof von Chênée begraben.

Am 23. Juli 1926 wurden ihre sterblichen Überreste in die kleine Kapelle „Ecce Homo“ im Garten des Mutterhauses übertragen, bis sie schließlich am 21. April 1993 in der Herz Jesu-Kapelle von Lüttich, Rue Hors-Chateau 49, rechts vom Hauptaltar ihre letzte Ruhestätte fanden.

Am 21. April 1991 wurde Maria Theresia Haze von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

Resch, Andreas: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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