Andreas Resch: Maria (Johanna) Theresia Fasce


MARIA (JOHANNA) THERESIA FASCE
(1881-1947)

PROFESSNONNE
DES ORDENS
VOM HL. AUGUSTINUS

Selig: 12. Oktober 1997
Fest: 18. Januar

MARIA (JOHANNA) THERESIA FASCE wurde am 27. Dezember 1881 als Tochter von Eugenio Fasce und Teresa Valenti in Torriglia, Genua, Italien, geboren und am Tag darauf auf den Namen Maria Johanna getauft. Der Vater brachte drei Kinder aus erster Ehe mit und Teresa schenkte ihm fünf weitere. Die Familie war begütert und besaß ein zweites Haus in Genua, wo Maria Johanna die kältesten Monate des Jahres verbringen konnte. Besagtes Haus lag neben der Kirche Nostra Signora della Consolazione, die dem Augustinerorden anvertraut war.

Maria Johanna verlebte im Kreis der Familie eine fröhliche Kindheit. Die Eltern kümmerten sich mit viel Liebe und Verantwortung um die Kinder und erzogen sie zu einem soliden christlichen Leben. Bei den Don Guanella-Schwestern in Genua besuchte Maria J. die Volksschule. 1888 bereitete sie sich mit großem Eifer auf die Firmung vor und ein Jahr später empfing sie im Alter von acht Jahren die Erstkommunion. Im gleichen Jahr starb der Vater.
Wenngleich ein temperamentvolles und lebhaftes Kind, war sie verständnisvoll und wann immer sich die Gelegenheit bot, Gutes zu tun, bereit zu handeln. So engagierte sie sich auch bei den Veranstaltungen der Pfarre Nostra Signora della Consolazione, die sie fleißig besuchte. Zum Zwecke einer besseren Ausbildung wurde sie in das Kolleg der Schwestern von Antonius Maria Giannelli nach Genua geschickt, um dort Kurse für Musik und Stickerei zu belegen.

Inzwischen lernte Maria Johanna, die sich in der Pfarre den Augustiner Ferriello als Beichtvater auserkoren hatte, auch den weiblichen Ordenszweig kennen. Damals verbreitete sich gerade die Verehrung der hl. Rita von Cascia, die am 24. Mai 1900 von Papst Leo XIII. heiliggesprochen wurde. Maria Johanna nahm an allen liturgischen Feiern und Veranstaltungen der Pfarre zu Ehren der neuen Heiligen, die außerhalb Umbriens und des augustinischen Kreises noch kaum bekannt war, teil. Zudem vertiefte sie sich in die Biografie der Rita von Cascia und erkannte, dass ihr Leben von der Berufung zum augustinischen Ordensleben bestimmt war.

Die nach langen Gebeten und Gesprächen mit ihrem Spiritual getroffene Entscheidung, Augustiner-Nonne in Cascia zu werden, traf Maria Johanna im wahrsten Sinne des Wortes wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Als sie ihre Familie davon in Kenntnis setzte, sträubte sich ihr Bruder Vittorio und wandte sich an den Pfarrer von Torriglia, um diesen bedeutungsschweren Schritt zu verhindern. Maria Johanna aber, die, nachdem sie erwachsen geworden war, keinerlei Bälle oder dubiose Gesellschaften mehr besucht und sogar „einige gute Partien“ ausgeschlagen hatte, ließ sich nicht umstimmen.
Es war nicht einfach, die Familie zu überzeugen, auch nicht die Oberen, die sie zwar aufgenommen hätten, aber in Ligurien, nicht in Umbrien. Selbst die Äbtissin von Cascia war dagegen, weil sie ein Mädchen aus der Stadt dort oben in einem Dorf, wo sich die Füchse gute Nacht sagten, für fehl am Platze hielt.
Maria Johanna sollte zunächst eine Probezeit im Kloster von Savona verbringen. Das Experiment misslang und ihr „Gefühl“, dass nun einmal Cascia der Ort war, den Jesus für sie vorgesehen hatte, gewann schließlich die Oberhand.

Als sie das 25. Lebensjahr bereits überschritten hatte, am 6. Juni 1906, fand sie Aufnahme als Postulantin im Kloster der Augustinerinnen beim Heiligtum der hl. Rita von Cascia. Sechs Monate später, an Heiligabend, wurde sie eingekleidet und begann das Noviziat. Im Jahr darauf, ebenfalls zu Weihnachten, wurde sie zu den zeitlichen Gelübden zugelassen und erhielt den Namen Maria Theresia. Das Leben im Konvent bot ihr jedoch aus verschiedenen Gründen eine Atmosphäre ohne jenen tiefen Geist des Strebens nach Heiligkeit, nach dem es sie verlangte. Nach reiflicher Überlegung wandte sie sich an die Augustiner-Oberen (von denen das Kloster kanonisch abhing), um vom Heiligen Stuhl die Erlaubnis zu erhalten, für eine gewisse Zeit nach Hause zurückzukehren und ihre Berufung neu zu überdenken. Im Juni 1910 verließ sie das Kloster und ging wieder nach Torriglia, wo sie fast ein Jahr lang blieb. Zu Hause aber führte sie das Leben einer Nonne, im Ordensgewand, und hoffte auf bessere Zeiten. Inzwischen versicherten ihr die jungen Gefährtinnen aus Cascia, darunter die Schwestern Sbura und Brandimarte, in eindringlichen Briefen, dass sie zurückkommen könne.

Im Mai 1911 ging Theresia wieder nach Cascia und setzte ihre religiöse Ausbildung fort; am 22. März 1912 legte sie die ewige Profess ab. Davon überzeugt, dass für eine Erneuerung der Spiritualität im Kloster Taten und nicht Einkehrtage erforderlich waren, schrieb sie zwei Briefe an die Oberen, in denen sie ihre Vorstellungen über eine solche Umstrukturierung offenlegte. Diese wussten ihr Engagement zu schätzen und Theresia begann daraufhin mit der spirituellen Erneuerung des Konvents. 1914 wurde sie zur Novizenmeisterin gewählt. Das Umfeld erfuhr langsam eine Veränderung, sodass sie 1917 zur Vikarin ernannt wurde. Ihrem Beispiel des Betens und Opferns folgten auch die anderen Nonnen und so entwickelte sich Cascia zu einem Modellfall für klösterliches Leben.

Am 12. August 1920 wurde M. Theresia einstimmig zur Äbtissin gewählt und als solche verlangte sie von allen Mitschwestern, neben der strengen Observanz der Augustinerregel, ein ständiges Bemühen im Gebet, in der Meditation und bei der praktischen Arbeit, wobei sie betonte, dass Jesus keine „Marionetten“ wolle, sondern aktive und arbeitsame Bräute. Als Äbtissin wurde sie von Triennium zu Triennium immer wieder neu bestätigt, und blieb so in diesem Amt bis zu ihrem Tod.

In den fast 30 Jahren ihrer Amtsführung befriedete sie nicht nur die Kommunität und trug zur Hebung von deren Spiritualität bei, sondern widmete sich auch eifrig der Verbreitung der Verehrung der hl. Rita und der Heiligung des Volkes. Man möchte meinen, dass das Leben einer Klausurnonne sich auf die vier Klostermauern beschränke. Mutter Theresia aber beweist uns das gerade Gegenteil: ihr ist es zu verdanken, dass die hl. Rita heute in der ganzen Welt bekannt ist. Ihre Idee war es nämlich, einen Rundbrief ins Leben zu rufen, um die Kontakte mit den Verehrern der hl. Rita aufrechtzuerhalten: Dalle api alle Rose (Von den Bienen zu den Rosen) erschien erstmals am 22. Mai 1923 unter Mitarbeit von P. Possidio Marabottini, der Mutter M. Theresia auch beim Bau des neuen Heiligtums von Cascia unterstützte. Aus Anlass der 25-Jahrfeier der Heiligsprechung der hl. Rita beschloss sie nämlich noch im gleichen Jahr mit Zustimmung der kirchlichen und staatlichen Behörden, das alte Heiligtum zu erweitern. 1925 begab sie sich anlässlich des Heiligen Jahres und zur Erlangung des päpstlichen Segens für das geplante Werk nach Rom. Der Bau setzte aber auch die Approbation der Projektes voraus. Dieser Umstand – an und für sich eine Kleinigkeit – wurde für Mutter Theresia für zehn Jahre zu einem Stachel im Fleisch; die Arbeiten begannen erst 1937.

Inzwischen hatte auch die körperliche Gesundheit von Mutter Theresia einen harten Schlag erfahren, nachdem festgestellt worden war, dass sie seit ungefähr 1920 an einem lebensbedrohlichen Brusttumor litt. Nach dessen Entfernung machte sie mit großer Seelenstärke weiter, trotz Rückfällen 1927 und 1937, wobei sie gelassen alles auf sich nahm, was der Herr ihr in den Weg legte. So zögerte sie 1938 nicht, ein kleines Waisenmädchen in die Klausur aufzunehmen, dem unzählige andere unglückliche Geschöpfe folgten und für die sie neben dem Kloster ein Waisenhaus errichtete, in dem viel Freude und Liebe, aber auch Spiritualität weitergegeben wurde. Sie empfand für diese Kinder eine echte mütterliche Zuneigung – sie, die mit acht Jahren den Vater verloren hatte, wusste nur zu gut, was in den kleinen Herzen vorging. Sie spielte mit den Kindern und sorgte dafür, dass sie Essen, Unterricht und viel menschliche Wärme bekamen.

1940 bis 1945 folgte der Krieg, der Bau des Heiligtums verzögerte sich und es gab Entbehrungen aller Art. Nach dem Krieg wurde der Bau beendet und 1947 zusammen mit den Einrichtungen für die Pilger eingeweiht, die, wie Theresia mit Weitblick vorausgesehen hatte, aus aller Welt herbeiströmten. Tatsächlich ist die Basilika heute Ziel mehrerer hunderttausend Pilger jedweder Provenienz, die über das Bulletin Dalle api alle Rose das Leben dort verfolgen.

Der Gesundheitszustand von Mutter Theresia lag schon seit einiger Zeit im Argen, doch trug sie mutig das Kreuz physischen Leidens. Fast dreißig Jahre hindurch verursachte der bösartige Tumor in ihrer Brust große Schmerzen. Dazu kamen noch Asthma, Diabetes und Kreislaufprobleme, sodass sie schließlich im Rollstuhl landete. Doch nie trat auch nur eine einzige Klage über ihre Lippen, um nicht andere mit ihren Schmerzen zu belasten. Glücklich darüber, das Leiden ihres geliebten Bräutigams Jesus Christus teilen zu können, wollte sie vielmehr gar nicht, dass überhaupt davon gesprochen wurde. Im Dezember 1946 verschlimmerte sich die Krankheit und am 18. Januar 1947 starb Theresia, versehen mit den Tröstungen der Religion – genau vier Monate vor der Einweihung des Heiligtums, wobei sie allen, die sie kannten, ein großes Beispiel und eine unauslöschliche Erinnerung hinterließ.

Ihr unverwester Körper ruht in der Krypta der Basilika von Cascia, neben der hl. Rita, die sie über alles geliebt hatte.

Am 12. Oktober 1997 wurde Maria Theresia Fasce von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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