Andreas Resch: Maria Sagrario Elvira Moragas Cantarero


MARIA SAGRARIO ELVIRA MORAGAS CANTARERO

(1881-1936)

PROFESSNONNE
DES ORDENS DER UNBESCHUHTEN KARMELITINNEN

MÄRTYRERIN

Selig: 10. Mai 1998
Fest: 15. August

MARIA SAGRARIO VOM HL. ALOYSIUS GONZAGA ELVIRA MORAGAS CANTARERO wurde am 8. Januar 1881 als drittes von vier Kindern des Apothekers Ricardo Moragas und der Isabel Cantarero in Lillo, Provinz Toledo, Spanien, geboren und am darauffolgenden 17. Januar auf den Namen Elvira Casilda Luciana Juana Manuela Eladia Isabel getauft.

Nach ca. vier Jahren avancierte der Vater zum königlichen Haus- und Hoflieferanten. Die sozial wie wirtschaftlich gut situierte Familie übersiedelte nach El Pardo und 1886 nach Madrid. Am 28. September 1887 erhielt Elvira die Firmung und in der Zeit, da sie das Kolleg S. Ferdinando bei den Mercedarierinnen besuchte, durfte sie mit sieben Jahren die Erstkommunion empfangen. Elvira war ein sehr standhaftes Mädchen mit starkem Charakter. Als 1890 die älteste Schwester mit elf Jahren starb, wurde die Fröhlichkeit der Familie jedoch jäh getrübt. Es war dies für alle ein schwerer Schlag.

Nach Beendigung der Grundschule begann Elvira 1894 am Institut Cardenal Cisneros in Madrid mit den höheren Studien. Nach dem Bakkalaureat 1899 schrieb sie sich an der Fakultät für Pharmazie der Universität von Madrid ein. Dass eine Frau an der Universität studierte, war damals ein großes Novum. Zwischen 1900 und 1905 war Elvira dort die einzige Frau unter 80 bis 85 Studenten. Nach Abschluss des Studiums mit dem Doktorat in Pharmazie – als erste Frau Spaniens – stieg sie in das Geschäft ihres Vaters ein. Sie war damals 24 Jahre alt. Im universitären Umfeld galt sie stets als eine ernste, strebsame und rechtschaffene junge Frau. So besuchte sie während des Studiums häufig die Pfarre S. Ildefonso, wo der heilige Jesuitenpater José María Rubio ihrem Leben einen kräftigen spirituellen Impuls gab.

Es war zu der Zeit, dass ihre Berufung zum Ordensleben Gestalt annahm, doch zwang sie der Tod des Vaters 1909 und der Mutter 1911 ihre Pläne zu überdenken, weil sie nunmehr die Verantwortung für die Weiterführung der Apotheke und für den Unterhalt ihres Bruders Richard übernehmen musste, der sich noch mitten im Studium befand. Dieser wusste bereits von den Bestrebungen seiner Schwester und aus Angst darüber, plötzlich alleine dazustehen, wandte er sich an P. Rubio mit der Bitte, auf Elvira einzuwirken, damit sie von ihrem Vorhaben ablasse, erhielt darauf jedoch eine ablehnende Antwort. Im Zuge eines klärenden Gesprächs versicherte ihm Elvira schließlich, dass sie erst in das Kloster eintreten werde, nachdem er sein Studium abgeschlossen habe.

Bei ihrer Arbeit als Apothekerin erwies sich Elvira als tüchtige Geschäftsfrau, die um ihre Kunden sehr besorgt war. Zu den Kranken baute sie ein persönliches Verhältnis auf, um sie zu animieren und zu trösten. Außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit führte sie ein Leben des Gebets, der Nächstenliebe und der Abtötung durch Tragen des Bußgürtels. Ihr Bruder Richard erinnert sich: „… manchmal nahm sie Decken, um sie den Armen zu geben. Sie nahm sie von meinem Bett und legte dann die ihren auf mein Bett. Sie selbst schlief ohne Decke, aus Liebe zu den Armen… Um ihren Leib trug sie einen Gürtel mit Nägeln, um sich abzutöten…. Sie war ein außergewöhnlich liebenswertes Wesen, ich würde sagen: feinfühlig und gerecht im Geschäftlichen, beim Abwiegen, in allem. Sie war sehr fromm, nahm, soweit möglich, an allen Gottesdiensten in der Pfarre teil und ging täglich zur Kommunion.“

Kaum hatte der Bruder sein Studium beendet, bat Elvira um Aufnahme in die Gemeinschaft der Unbeschuhten Karmelitinnen, doch wurde ihr erstes Ansuchen abgewiesen, weil man sie für schwach und unterernährt hielt. Ein neuerlicher Antrag am 15. Juni 1915 wurde schließlich akzeptiert und am darauffolgenden 21. Juni trat Elvira in den 1586 gegründeten Karmel der hll. Anna und Joseph in Madrid ein, noch bevor die Überschreibung der Apotheke über die Bühne gegangen war. So trug sie während der ersten Monate ihres Ordenslebens weiterhin die Verantwortung, unterfertigte Dokumente und bereitete Rezepte vor. Am 21. Dezember 1915, nach Abschluss des sechsmonatigen Postulats, erhielt sie das Ordenskleid und den Namen Maria Sagrario vom hl. Aloysius Gonzaga. Nach Beendigung des Noviziats legte sie in der Heiligen Nacht des Jahres 1916 die zeitlichen Gelübde ab; die ewigen Gelübde folgten am 6. Januar 1920.

Ihr Leben im Karmel verlief ruhig, zwischen Gebet und Arbeit, wenngleich den Mitschwestern ihre Frömmigkeit, die innere Sammlung, Reife, Hilfsbereitschaft, ihr Verantwortungssinn sowie die Genauigkeit bei der Erfüllung der Gelübde und der Ordensregel nicht entgingen, weshalb man sie für eine so vorbildliche Schwester hielt, dass sie am 18. April 1927 zur Priorin des Klosters gewählt wurde.

In den ersten Jahren ihres Priorats wurde sie mit einigen Problemen von Seiten einer kleinen Gruppe von Schwestern konfrontiert, die ihre Anforderungen für ein vollkommeneres Leben nicht akzeptieren wollten. Der allgemeine Tenor der Schwestern war jedoch von großer Wertschätzung für die Priorin und deren Arbeit getragen. Maria Sagrario übte ihr Amt als Gleiche unter Gleichen aus, offen für den Dialog mit allen, und trug zu einer merklichen Hebung des materiellen und spirituellen Niveaus des Klosters bei.

Nach dreijährigem Priorat wurde sie 1930 Novizenmeisterin.
Aus den Aussagen derer, die von ihr angeleitet wurden, geht klar hervor, dass sie Verständnis und Beharrlichkeit zu vereinen wusste, vor allem durch das Beispiel lehrte und „dass die Kommunität durch die neuen Professen eine große Bereicherung erfuhr, die das ernteten, was sie gesät hatte. Weil der Konvent dadurch zu einer größeren Vollkommenheit gelangt war, wählten sie die neuen Professen wiederum zur Priorin“ – am 1. Juli 1936.

Als sich die politischen Ereignisse infolge des von der Frente Popular (Volksfront-Regierung) bei den Wahlen von 1936 errungenen Sieges plötzlich überstürzten, wurde dies auch innerhalb des Karmels von Madrid mit sorgenvoller Anteilnahme verfolgt. Und als am 18. Juli desselben Jahres von Seiten General Francisco Francos der militärische Aufstand ausgerufen wurde, flogen Steine gegen die Fenster von Kloster und Kirche. Am Nachmittag versammelte Mutter Maria Sagrario die Kommunität, um sie über den Stand der Dinge in Kenntnis zu setzen und „in Befolgung der erhaltenen Anordnungen verfügte sie, dass es den Schwestern freistand, weiterhin im Konvent zu verbleiben oder mit ihren Familien wegzugehen, weshalb viele Schwestern von ihren Angehörigen abgeholt wurden und sich in deren Häuser zurückzogen“. Die Priorin selbst entschloss sich, bei den Mitschwestern zu bleiben, die keine Verwandten in der Stadt hatten, obwohl sie in das Haus ihres Bruders Richard hätte gehen können. Die Kommunität reduzierte sich damit auf etwa zehn Schwestern.

Am Morgen des 20. Juli wurde die Messe im Kloster von einem Piaristenpater gefeiert, weil auch der Kaplan der Kommunität zu seiner Familie zurückgekehrt war. Am Nachmittag drangen Milizen in das Haus ein und machten eine erste Durchsuchung, jedoch ohne Erfolg. Daraufhin wollten sie Mutter Maria Sagrario mitnehmen. Sie aber leistete Widerstand und erklärte, dass – falls man beabsichtige, sie und ihre Mitschwestern zu erschießen – dies gleich vor Ort geschehen solle. Die Schwestern wurden in die Generalsicherheitsdirektion gebracht, nach einigen Stunden aber wieder freigelassen. Ihrem Bruder, der sie aufforderte, gemeinsam mit ihm die Stadt zu verlassen, erteilte Maria Sagrario eine Absage. Obwohl sie sich der Gefahr bewusst war, der sie sich damit aussetzte, beschloss sie, in Madrid zu bleiben, um ihren Schwestern, die in der Stadt verstreut waren, besser beistehen zu können. Mit Schwester Maria von Jesus zog sie sich in das Haus von deren Eltern zurück, wo sie bis zu ihrer Verhaftung blieb. Sie bekam oft Besuch von ihrem Bruder, der sie bat, mit ihm doch nach Pinto zu gehen, wo er mit seiner Familie lebte. Mutter Sagrario folgte jedoch keiner seiner Einladungen, weil sie über ihre Töchter wachen musste. Sie kümmerte sich um jede einzelne und versuchte ihnen, wo immer sie sich auch gerade aufhielten, materielle wie spirituelle Hilfe zukommen zu lassen, indem sie sie dazu ermunterte, den Willen des Herrn, „der aus Liebe zu uns so viel gelitten hat“, großmütig anzunehmen.

Am 14. August entdeckten die Milizen den Zufluchtsort von Mutter Sagrario und inhaftierten sie zusammen mit einer weiteren Schwester in der „ceca“ in der Calle Marqués del Riscal. Verschiedene Soldaten und Kommandanten versuchten sie zu einer schriftlichen Erklärung zu überreden, wo sich die Dokumente über den Besitz des Konvents befanden. Mit aller Kraft hielt sie ihr Schweigen aufrecht, um nicht andere Personen zu verraten; eher wollte sie den Tod auf sich nehmen.

Am späten Abend brachte man Maria Sagrario sowie Vater und Bruder von Schwester Maria von Jesus von der „ceca“ zur Pradera de San Isidro, wo sie erschossen wurden.

1942 wurden die sterblichen Überreste von Maria Sagrario in das Karmelitenkloster von Torrijos, Plaza San Gil, 13, Spanien, überführt.

Am 10. Mai 1998 wurde Maria Sagrario vom hl. Aloysius Elvira Moragas Cantarero von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1996 – 2000. Innsbruck: Resch, 2010 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 4). XIII, 376 S., 86 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-088-9, Ln, EUR 39.90 [D], 40.98 [A]

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