Andreas Resch: Maria Rosa Durocher

MARIA ROSA DUROCHER
(1811-1849)

GRÜNDERIN DER KONGREGATION
DER SCHWESTERN VON DEN HEILIGEN NAMEN JESU UND MARIÄ

Selig: 23. Mai 1982
Fest: 6. Oktober

MARIA ROSA DUROCHER wurde am 6. Oktober 1811 in Saint-Antoi­ne-sur-Richelieu in der Provinz Quebec, Kanada, als jüngstes der zehnköpfigen Kinderschar von Olivier und Genevieve Durocher geboren, aus der drei Pries­ter und zwei Ordensfrauen hervorgingen. Die Eltern waren Bauern und hatten in ihrer Jugend beide eine Zeitlang mit dem Gedanken gespielt, sich Gott zu wei­hen. Bei der Taufe am Tag der Geburt erhielt das Mädchen, wie aus einem am 20. 3. 1840 aufgefundenen Taufschein hervorgeht, den Namen Melanie, ob­wohl es immer Eulalia gerufen wurde. Die Kindheit in der tief christlichen Um­gebung verlief friedlich und ruhig. Im Alter von zehn Jahren wurde die Kleine in das Kolleg der Kongregation von Notre-Dame nach St. Denis geschickt, wo sie zwei Jahre blieb. In dieser Zeit ging sie zur Erstkommunion. Aus gesundheit­lichen Gründen erfolgte der Schulbesuch eher unregelmäßig. Mit 12 Jahren kehrte Eulalia in die Familie zurück und widmete sich vier Jahre lang häusli­chen Aufgaben, bis sie 1827 in das Pensionat der Schwestern von Notre-Dame in Montreal eintrat. Dort blieb sie drei Jahre, musste das Pensionat aber wegen eines Magenleidens immer wieder verlassen. Beim vierten Mal, am 2. Juni 1829, war ihr Austritt endgültig besiegelt. Wieder daheim begann sie im Allge­meinen Krankenhaus von Quebec zu arbeiten, musste aber auch dies aufgeben, weil sie krankheitshalber gezwungen war, drei Monate zuhause zu bleiben.

Am 8. Juli 1830 starb Eulalias Mutter, und so übernahm sie die Führung im Haus. Im gleichen Jahr wurde ihr Bruder Theophilus zum Vikar von Saint-Be­noit ernannt; er nahm seine Schwester mit und betraute sie mit der Leitung des Pfarrhauses. Vier Monate später wurde er Pfarrer von Beloeil und Eulalia kehr­te nach Hause zurück. 1832 wurde sie von ihm gemeinsam mit ihrem Vater nach Beloeil eingeladen, wo sie sich 13 Jahre lang um die häuslichen Belange des Pfarrhofes kümmerte und ihren Bruder bei seinen Aufgaben unterstützte. So organisierte sie karitative Werke und nahm an der seelsorglichen Arbeit zweier Oblaten-Missionare teil, von denen sie schon bald als „dritter Mis­sionar“ bezeichnet wurde. Zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit unterstell­te sie sich der geistlichen Führung des Pfarrers von St. Hilaire, Jakob-Peter Odelin, und nach dessen Tod am 8. 6. 1841 jener seines Nachfolgers, des Obla­ten-Paters Peter Adrian Telmon. Bei ihm legte sie die Gelübde der Keuschheit, der Armut und des Gehorsams ab.

1841 sammelte Eulalia auch eine Gruppe junger Mädchen um sich, die sich am 26. Mai 1842 in einer kanonisch errichteten Marianischen Kongregation zusammenschlossen — der ersten ihrer Art in Kanada, aus der viele Berufungen hervorgehen sollten. Vorher gründete P. Telmon, im Anschluss an eine Predigt in der Pfarre Beloeil, am 13. 1. 1842 noch die Kongregation der Töchter Mari­en, die nach ihrer Konsolidierung am 26. Mai konkrete Formen annahm und zu deren erster Leiterin Eulalia bestellt wurde. Die neue Institution verstand sich als autonomer Pfarrverband für junge Menschen, ein Novum in ganz Ka­nada. Sie fand weite Verbreitung, so dass der Bischof von Montreal, Mgr. Ignaz Bourget im Jahre 1855 dem Hl. Stuhl für die Diözese einen Bestand von 6.195 Töchtern und 2.095 affilierten Frauen melden konnte. Einige Jahre später, 1862, fasste die Marianische Kongregation Fuß in der Erzdiözese Quebec.

Im Rahmen dieser Arbeit erkannte Eulalia die Notwendigkeit, den jungen Frauen der Pfarre eine christliche Ausbildung zu vermitteln. Dabei dachte sie auch an die Gründung einer Ordensgemeinschaft und sprach darüber mit P. Telmon. Dieser erinnerte sich, dass sich in Frankreich eine Kongregation von Schulschwestern „von den heiligen Namen Jesu und Mariä“ konstituiert hatte, und er versuchte, einige von ihnen nach Kanada zu holen. Diese waren jedoch nur bereit, ihre Konstitutionen zu schicken. Der hl. Eugene de Mazenod, Grün­der der Oblaten, riet Mgr. Bourget daher, den Anfang mit den vorhandenen Personen zu machen, also mit Eulalia und ihren beiden Freundinnen, Melodie Dufresne und Henriette Cere, und sandte P. J. Allard als Spiritual, der dann 1851 zum apostolischen Vikar von Natal in Südafrika ernannt wurde.

Nach Ausräumung der Vorbehalte innerhalb der Familie fanden sich Eulalia und M. Dufresne am 28. Oktober 1843 bei H. Cere ein, die sie im Schulgebäude von Longueuil empfing. Mit diesem Tag begann das Postulat, das am 28. Febru­ar 1844 endete, woraufhin das Noviziat folgte, das bis zum 8. Dezember 1844 dauerte. Der Bischof dispensierte die drei von der Verpflichtung, das kanoni­sche Jahr zu Ende zu führen. Bereits am 4. August desselben Jahres übersiedel­te die kleine Gemeinschaft in das ihnen zur Verfügung gestellte neue Domizil und obwohl die Selige durchaus in der Lage gewesen wäre, die Leitung zu über­nehmen, unterstellte sie der Bischof ihrer Gefährtin Dufresne, damit sie sich in Gehorsam übe und so Führungsqualitäten aneigne. Am 8. Dezember 1844 leg­ten die drei Novizinnen die Profess ab und Eulalia nahm den Namen Maria Rosa an. Am gleichen Tag ernannte sie der Bischof zur Superiorin und Novizenmeisterin. So entstand in Longueuil die erste von einer Kanadierin in Kana­da gegründete Kongregation von Schulschwestern mit der Bezeichnung Schwestern von den heiligen Namen Jesu und Mariä (Abb.). Am 28. Dezember ver­fügte Mgr. Bourget, dass die neuen Schwestern in ihren geistlichen Exerzitien der Methode des hl. Ignatius von Loyola folgen sollten.

Die Gemeinschaft wurde von der Bevölkerung als ein Gebot der Stunde ange­sehen und erlebte so einen raschen Aufstieg. Am 17. März 1845 wurde der neuen Institution durch Abstimmung des kanadischen Parlaments das Recht ei­ner juridischen Person zuerkannt, was eine Besonderheit darstellte. Selbst die Freunde des Abgeordneten Lacoste, der den Anstoß zu dieser Initiative gegeben hatte und sie auch zu Ende führte, meinten, dass es Wahnsinn sei, sich für die Sache einiger überspannter Frauen einzusetzen, die keinerlei Mittel besaßen, um eine Sache durchzuhalten, die zum Scheitern verurteilt sei. Aber die Initia­tive hielt stand und die Faktoren, die diese Entwicklung begünstigten, waren
vielfältiger Natur. Vor allem der Bischof von Montreal verfolgte sie mit Interes­se, und der Beitrag der Oblaten zur Ausbildung der Schwestern – sei es nun in Bezug auf die Spiritualität oder aber hinsichtlich der Vorbereitung auf die Lehrtätigkeit – erwies sich mehr als wertvoll. Maria Rosas Bruder Theophilus half nicht nur bei der Errichtung des Mutterhauses in Beloeil, das am 26. Septem­ber 1846 fertiggestellt wurde, sondern verschaffte der Gemeinschaft auch eine große Zahl an Berufungen und betreute die Bewerberinnen.

Als Normen machte sich die Kongregation jene zu eigen, die in den Regeln und Konstitutionen der gleichnamigen Schwestern aus Marseille verankert wa­ren. Die Selige förderte die Observanz der Konstitutionen, verwies ihre Schwestern auf die Lehrmethode der Christlichen Schulbrüder und ließ P. Al­lard eine Schulordnung erstellen, um kulturelle und spirituelle Erziehung zu koordinieren. Die Hauptarbeit der Kongregation konzentrierte sich auf die Mädchenpensionate, mit denen die Schwestern ihre Häuser erhielten und in die Lage versetzt wurden, auch die weniger Begüterten zu unterrichten. Außer dem Unterricht in ihrer Muttersprache, in Englisch, und in naturwissenschaft­lichen Fächern, wurden die Schülerinnen auch in die Hauswirtschaft einge­führt. Im ländlichen Bereich fußte der Erfolg einer Landwirtschaft nämlich vor allem auf der Mitarbeit der Frauen und deren Fähigkeiten. Auch die Musik war Teil der erzieherischen Prioritäten der neuen Einrichtung.
Diese Prioritäten als Antwort auf die Bedürfnisse der Zeit sollten sich später in den großen Tätigkeitsbereichen der Kongregation wiederfinden: den Haus­wirtschaftsschulen, Musikschulen und Lehrerbildungsanstalten. Je mehr der Staat die erzieherische Verantwortung übernommen hat, um so mehr arbeitet die Kongregation heute, unter Beibehaltung einer großen Zahl ihrer privaten Institutionen, mit den staatlichen Stellen zusammen, wobei sie sich für neue Aufgaben in der Glaubensunterweisung in Bereichen der Pfarre, der Schulen, Spitäler und Gefängnisse einsetzt.

Beim Tod der Gründerin Maria Rosa Durocher in Longueuil am 6. Oktober 1849 zählte ihre Kongregation 5 Häuser, 29 Professen, 7 Postulantinnen, 7 No­vizinnen und 448 Schülerinnen. 1854 wurden die Regeln und Konstitutionen gedruckt und vom Bischof am 30. September 1853 approbiert. Der hl. Stuhl ap­probierte das Institut mit dem Dekret vom 4. September 1877 und die Regeln und Konstitutionen am 1. Juli 1901. Inzwischen ist die Kongregation in ver­schiedenen Teilen der Welt präsent.

Das Grab der Seligen befindet sich im Mutterhaus der Schwestern von den heiligen Namen Jesu und Mariä, 1420, Boulevard Mont-Royal, Montreal, Que., Kanada.

Am 23. Mai 1982 wurde Maria Rosa Durocher von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.


RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1979 – 1985. Innsbruck: Resch, 2000 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 1). XII, 248 S., 56 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-070-4, Ln, EUR 24.60 [D], 25.44 [A]

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