Andreas Resch: Maria vom Gekreuzigten Jesus Petkovic

MARIA
VOM GEKREUZIGTEN JESUS
PETKOVIĆ
(1892-1966)

GRÜNDERIN
DER KONGREGATION DER TÖCHTER DER BARMHERZIGKEIT

Selig: 6. Juni 2003
Fest: 9. Juli

MARIA VOM GEKREUZIGTEN JESUS PETKOVIĆ wurde am 10. Dezember 1892 als Tochter von Anton Petković und Maria Marinović in der Pfarre Allerheiligen in Blato, auf der Insel Korčula, Diözese Dubrovnik, Kroatien, geboren und am 22. des Monats auf den Namen Maria getauft. Ihr Vater hatte bereits zwei Töchter aus erster Ehe: Jela, die später der Kongregation vom Herzen Jesu beitrat, und Kata. Der zweiten Ehe entsprangen hingegen elf Kinder, sieben Knaben und vier Mädchen. Maria war die Sechstgeborene. Die Familie war sehr reich, aber auch barmherzig zu den Bedürftigen. Die Eltern gingen mit gutem Beispiel voran und erzogen ihre Kinder zu einem tief christlichen Leben.

Zur damaligen Zeit besaß die Kirche beachtliche materielle Güter und es gab viele Berufungen. Allein aus der Familie Petković waren in den vorangegangenen Jahrzehnten 21 Priester hervorgegangen. So zeigte Maria schon von klein auf eine Neigung zur Frömmigkeit und zur Nächstenliebe. Nachdem sie das Leid, den Hunger und das Elend der Menschen von Kindheit an kennengelernt hatte, beschloss sie, die Armen, die „vom Herrn auserwählten und geliebten Brüder“, wie sie diese zu nennen pflegte, zu beschützen.

Im Alter von fünf Jahren besuchte sie die Volksschule und nach Abschluss derselben im Oktober 1906 wurde sie in die Mittelschule eingeschrieben, die 1904 in Blato von den Dienerinnen der Nächstenliebe aus Brescia eröffnet worden war; dort blieb Maria drei Jahre. In dieser Zeit hatte sie ein Erlebnis der besonderen Art, wie eine Mitschwester berichtet:
„Die Mutter hat mir erzählt, dass sie am 21. November 1906, am Fest der Darstellung Mariens im Tempel, nach der heiligen Kommunion, im Augenblick der tiefsten Einheit mit Christus, zart und fein Seine Stimme vernahm, die sie einlud, Ihm nachzufolgen. Vor allem hörte sie die Worte ,Wenn du willst.‘ Von der Liebe zu unserem Herrn durchdrungen, antwortete sie ihm, indem sie sich seiner Liebe weihte und das Gelübde der Jungfräulichkeit ablegte.“

Über diese Erfahrung liest man auch in ihren geistlichen Notizen: „Als ich 15 Jahre alt war, hörte ich eine Stimme vom Kreuz, während ich die Allerheiligsten Wundmale Jesu betrachtete und küsste: Liebe mich, meine Tochter! Und diese Stimme durchdrang mich und ergriff meine Seele und ich erwiderte: Ja, ich will Dich lieben, meine Liebe, und ich schenke mich ganz Dir. Und ich verspürte in meiner Seele eine große Liebe zu Christus, und alles Weltliche war mir plötzlich fremd, weshalb ich in ein abgelegenes Klausurkloster flüchten wollte, unter anderem Namen, als Dienerin. Um diese Liebe weiterzugeben, wollte ich durch die Welt gehen und die Menschen lehren, vor allem die Kleinen und die Unwissenden, und allen die Güte Gottes und die Liebe Christi verkünden.“
Als ihre Eltern erfuhren, dass sie den Weg des Ordenslebens einschlagen wollte, taten sie alles, um sie davon abzubringen. Sogar ihr Spiritual, der Bischof von Dubrovnik, Msgr. Josef Marčellić, riet ihr von einem Eintritt in ein Institut mit kontemplativen Leben ab und forderte sie vielmehr auf, zum Wohle ihrer Mitbürger tätig zu werden, indem sie sich in der Gesellschaft der Töchter Mariens engagierte, der sie seit 1906 als Sekretärin und von 1909 bis 1919 als Vorsitzende angehörte.

Nach Beendigung der drei Jahre Mittelschule 1907 besuchte sie eine Zeit lang die Hauswirtschaftsschule bei Schwestern. Daheim half sie dem Vater bei der Buchhaltung. Als dieser 1911 starb, übernahmen Mutter und Tochter die Verwaltung der Güter und die Obsorge für die Familie. In dieser Zeit litt Maria an drei sehr schweren Krankheiten, 1898, 1906 und 1918, welche tiefe Spuren in ihrer Gesundheit, nicht aber bei ihren Initiativen hinterließen. 1914 machte sie einen neuerlichen Versuch, bei den Töchtern der Nächstenliebe in Split
einzutreten, doch wieder überzeugte sie der Einwand von Bischof Msgr. Marčellić, der sie nicht einen Moment aus den Augen ließ. Das erste Mal begegnete sie ihm bei ihrer Firmung 1899, dann 1906 bei der Gründung der Gesellschaft der „Töchter Mariens“. Von da an begannen sie zu korrespondieren, und 1914 wählte ihn Maria schließlich zu ihrem Beichtvater und Spiritual. Da sie seit einiger Zeit die Präsidentin der Gesellschaft war und mehr als 300 Mädchen vorstand, gründete sie in diesem Zusammenhang, ebenfalls 1914, den Verein „Guter Hirte“ mit 20 jungen Frauen, mit dem Zweck, die Kranken zu besuchen, auf die Erstkommunion vorzubereiten und „die Schmähungen zu sühnen, die Jesus zugefügt werden“. 1915 rief sie zusammen mit einer Schwester die „Gesellschaft der Katholischen Mütter“ ins Leben, der an die hundert Frauen angehörten, und von 1917 an leitete sie die Franziskaner-Terziaren mit ca. 200 Mitgliedern. Außerdem half Maria in der von den Dienerinnen der Nächstenliebe geleiteten „Volksküche“, wo sie an ca. 3000 Bedürftige Mahlzeiten verteilte.

Der Erste Weltkrieg brachte dann großes Unheil über die Bevölkerung Kroatiens: viele junge Männer starben, Krankheiten brachen aus, es gab immer mehr Arme, die Emigration in ferne Länder nahm kein Ende. In dieser schweren Situation versprach Maria Petković 1918 vor den Menschen dem Bischof feierlich, in Blato zu bleiben, um mit den Armen zu leben. Am 25. März 1919 trat sie mit einer Gefährtin in das Kloster der Dienerinnen der Nächstenliebe ein. Die Oberin nahm sie mit Freuden auf, starb aber zwei Monate später, und die beiden anderen Schwestern wurden am 3. August 1919 nach Italien zurückbeordert. Noch am gleichen Tag fragte Maria Petković Maria Telenta in Palma Bačić und Mandaljena Separović, die bereits zur Gemeinschaft gehörten, ob sie mit ihr in Blato bleiben oder in ein anderes, blühendes, Kloster gehen wollten. Sie beschlossen, alle zusammen in Blato zu bleiben.

Am 5. August 1919 schrieb Msgr. Marčellić an Maria und ihre Gefährtinnen: „Erstens: Vor allem müsst ihr gehorchen. Zweitens: eine beispielhafte Lebensführung unter den Kindern und Armen.“ An Maria schrieb er: „Sie werden die Oberin und die Letzte unter den Mitschwestern sein. Im Notfall gehen Sie barfuß und die anderen mit Schuhen, Sie hungrig und die anderen gesättigt, nach dem Beispiel Jesu des Gekreuzigten. Das Heil ist im Kreuz.“ Gehorsam, Liebe, Altruismus waren die spirituellen Grundlagen der neuen Kongregation. 
Im gleichen Monat schickte der Bischof auf Ersuchen Marias die „Kleine Regel des Dritten Säkularordens des hl. Franziskus“. Im Winter 1919 eröffnete Maria in Blato drei Einrichtungen: Tagesstätte, Kindergarten und Waisenhaus.

Am 25. August 1920, während Maria in der Einsamkeit von Prižba-Korčula die ersten Konstitutionen verfasste, erreichte sie die Nachricht, dass der Bischof den Beginn der neuen Kongregation mit dem Festtag des hl. Franziskus von Assisi, also am 4. Oktober, anzusetzen gedenke. An jenem Tag nahm sie den Namen Maria vom Gekreuzigten Jesus an. Am 4. Oktober war alles vorbereitet, wegen einer unverhofften Verzögerung wurde die Zeremonie aber erst am Tag darauf abgehalten. Auf ausdrückliche Anordnung des Bischofs blieb dieses Datum das offizielle und historische Datum der Einkleidung und der Gründung der neuen franziskanischen Kongregation Töchter der Barmherzigkeit des hl. Franz (Abb.). Bereits am 13. des Monats wurde unter dem Vorsitz von Msgr. Marčellić das erste Generalkapitel einberufen, und Maria vom Gekreuzigten Jesus wurde, mit Bestätigung des Bischofs, einstimmig zur Generaloberin gewählt. Am folgenden Tag schritt man, ungeachtet der kanonischen Vorschriften und mit Dispens vom Noviziatsjahr, zur ersten Ordenseinkleidung.

Die junge Gründerin war mit unendlichen Schwierigkeiten konfrontiert, die sie durch Gebet, den Glauben an Gott und durch Arbeit bewältigte. Diese bestand in der Formung und Unterweisung der jungen Schwestern, der Arbeitsplanung, dem Bau neuer Häuser, der Ausarbeitung der ersten Konstitutionen sowie der Festigung und Bewahrung der Identität der neuen Kongregation. Da die Mittel für den Unterhalt fehlten, war Maria sogar gezwungen, für ihre Waisen in Vojvodina und Belgrad bei den Ministerien betteln zu gehen: „Von Herodes zu Pilatus“, wie sie einer Mitschwester 1924 schrieb. Sie pflegte zu sagen: „Wenn ich das Geld hätte, würde ich mich dem Geld anvertrauen, so aber vertraue ich mich nur Gott an.“ „Mir obliegt es, Gutes zu tun, und der Herr wird mir helfen, dies zu verwirklichen.“

Auf die Approbation der ersten Konstitutionen am 23. Juli 1923 folgte am 18. Februar 1928 die diözesane Anerkennung. Am 21. November desselben Jahres konnte Mutter Maria schließlich die ewige Profess ablegen, während das Decretum laudis vom Heiligen Stuhl am 26. Juni 1944 erlassen wurde.

Inzwischen erlebte die Kongregation beachtliche Verbreitung. 1936 begab sich eine kleine Gruppe von Schwestern nach Argentinien; 1940 folgte ihnen die Gründerin nach, die ihr Werk auf Chile, Peru, Paraguay und Uruguay ausdehnte. Nach Errichtung des Generalatshauses in Rom übersiedelte Maria im Sommer 1952 nach Rom. Anfang 1953 hatte sie eine erste Hirnblutung und ein Jahr später einen Rückfall, woraufhin sie halbseitig gelähmt blieb. Vom Generalkapitel 1954 neuerlich als Generaloberin bestätigt, verzichtete sie am 23. Januar 1961 auf dieses Amt und trug fortan den Titel „emeritierte Generaloberin“. Die ihr noch verbliebene Zeit verbrachte sie im Gebet und in Vorbereitung auf den großen Schritt, der am 9. Juli 1966 in Rom erfolgte.

Am 21. November 1998 wurden ihre sterblichen Überreste nach Blato auf die Insel Korčula in Kroatien übertragen und dort in der Krypta der Kapelle Krista Kralia des Gründungshauses beigesetzt.

Am 6. Juni 2003 wurde Maria vom Gekreuzigten Jesus Petković von Papst Johannes Paul II. in Dubrovnik in Kroatien seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 2001 – 2004. Innsbruck: Resch, 2015 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 6). XIV, 482 S., 110 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-099-5, Ln; EUR 48.60 [D], 49.90 [A]

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