Andreas Resch: Maria Helena Stollenwerk


MARIA HELENA STOLLENWERK
(Anna)
(1852-1900)

MITBEGRÜNDERIN
DER MISSIONSSCHWESTERN DIENERINNEN DES HL. GEISTES UND DER
DIENERINNEN DES
HL. GEISTES VON DER
EWIGEN ANBETUNG

Selig: 7. Mai 1995
Fest: 3. Februar

MARIA HELENA STOLLENWERK wurde am 28. November 1852 als Tochter von Hans Peter Stollenwerk in Rollesbroich, Erzdiözese Köln, Deutschland, geboren. Er war in dritter Ehe mit Anna Bongard verheiratet, die ihm zwei Kinder gebar, Anna Helena, allgemein Helena gerufen, und Carolina, die am 13. August 1859 im Alter von vier Jahren starb.
Helenas Vater war Eigentümer eines großen Grundstücks; zudem gehörten ihm sechs Häuser. Auch im öffentlichen Leben hatte er sich engagiert. So war er Assistent des Bürgermeisters von Simmerath gewesen und hatte seit 1836 aktiv in der gleichnamigen Pfarre mitgearbeitet. Er starb am 27. Mai 1859. Helenas Mutter, somit bereits mit 32 Jahren zur Witwe geworden, heiratete am 24. November 1860 den Hufschmied Hans Peter Breuer, für den es ebenfalls die zweite Ehe war. Von der ersten Frau hatte er drei Kinder, von denen die Jüngste, Anna-Helena, die beste Freundin der späteren Seligen wurde. Mutter wie Stiefvater waren sehr fromme Leute. Die Mutter besuchte täglich die hl. Messe und der Stiefvater war ein tiefgläubiger Mann, wie seine Briefe an Helena bezeugen. „Ich schicke dir jeden Morgen meinen Segen“, schrieb er ihr.

Mit vier Jahren erkrankte Helena am volkstümlich so genannten „Veitstanz“, doch wurde sie vollständig geheilt. Sowohl zu Hause als auch in der Schule erhielt sie eine gute Erziehung. Sie war sehr gehorsam und fühlte sich von klein auf den Missionen zugetan, wobei sie sich in den Kindheit-Jesu-Verein einschrieb, in dem sie mit zehn Jahren die Kassenführung übernahm.

So vergingen weitere sieben Jahre im Elternhaus, wo Helena ein beispielhaftes Leben führte, reich an Arbeit und karitativen Werken für die Armen und Kranken. Jungen Männern gegenüber war sie sehr zurückhaltend, vor allem wenn sie im Kreis der Familie Gäste bediente. Ihr Wunsch war es, wie sie selbst schrieb, Missionarin zu werden: „Oft habe ich es bedauert, dass ich ein Mädchen anstatt ein Junge bin, denn damals war das für mich eine entscheidende Sache: ich hätte studiert, wäre Missionar geworden und zu den armen Heiden gegangen.“ Sie fühlte sich unheimlich stark dazu berufen, an der Missionsarbeit der Kirche mitzuwirken und las mit Begeisterung die Bulletins des Päpstliches Werkes der Heiligen Kindheit, aus denen sie, wie sie sich selbst erinnert, erfuhr, „dass P. Hormes gerade im Begriff war, drei italienische oder französische Schwestern die chinesische Sprache zu lehren. Damals fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich dachte, wenn das für diese möglich ist, dann kann es auch für dich möglich werden. Von da an hatte ich Mut zur Hoffnung. Ich war zwischen 15 und 17 Jahre alt.“ Und es war in jenen Jahren, dass Helena „mit Erlaubnis ihres Beichtvaters das Gelübde der immerwährenden Keuschheit ablegte“.

1872 erkundigte sie sich bei den Schwestern vom armen Kinde Jesu, ob ihr apostolischer Zweck die Missionstätigkeit sei. Nach Verneinung holte sie in den Jahren 1880/81 auch Informationen bei den Schwestern vom hl. Herzen von Vaals ein und erhielt dort ebenfalls eine negative Antwort. Zu bedenken ist, dass im damaligen Deutschland aufgrund des Kulturkampfes keine weiblichen Missionsgemeinschaften existierten, die Mitglieder in die Auslandsmission entsandten. Im Gehorsam ihrem Spiritual gegenüber betete sie inbrünstig um die Erfüllung ihrer Berufung, wie dieser ihr empfohlen hatte: „Er hat gesagt, ich solle voller Leidenschaft darum beten, dass Gott der Herr mir meine Berufung bewahre; und sobald sich die Zeiten geändert hätten, könnte ich ins Kloster gehen.“

Helena wartete sechs Jahre, bis sie in dieser Angelegenheit erneut an ihren Beichtvater herantrat. „Als ich ihn einmal inbrünstig um Hilfe bat und als Grund anfügte, dass ich nunmehr sechs Jahre gewartet hätte, antwortete er: ,Du hast lange gewartet. Dann kannst du ebenso gut noch einmal so lange warten.‘ … Wie recht der Priester haben sollte, hat die Zukunft gezeigt, und ich habe oft daran gedacht. Soweit ich mich erinnere, hat er das im April oder Anfang Mai 1878 gesagt, und mein Eintritt in die Mission war am 30. Dezember 1882. Das Kleid einer Dienerin des Hl. Geistes bekam ich allerdings erst am 17. Januar 1892. Seit der Äußerung des Priesters waren also 14 Jahre vergangen.“

Nachdem Helena erfahren hatte, dass der hl. Arnold Janssen am 30. Dezember 1882 in Steyl die Mission der Gesellschaft des Göttlichen Wortes gegründet hatte, trat Helena mit 30 Jahren dort als Hausgehilfin ein, in der Hoffnung, dass sich nach ein paar Jahren auch ein weiblicher Zweig dazugesellen würde. Und tatsächlich, als Arnold Janssen am 8. Dezember 1889 die Kongregation der Missionsschwestern Dienerinnen des Hl. Geistes ins Leben rief, stand ihm Helena gemeinsam mit Josepha Hendrina Stenmanns als Mitbegründerin zur Seite. Sie verwandte ihre ganze Energie auf die innere und äußere Entwicklung der aufstrebenden Kongregation. Bei der Einkleidung am 17. Januar 1892 nahm sie den Namen Sr. Maria an; am 12. März 1894 legte sie für sieben Jahre die ersten Gelübde ab. In den Jahren 1890–1898 stand sie der Kongregation als Oberin vor und erwies sich dem Gründer gegenüber als von beispielhafter Klugheit, Frömmigkeit und ebensolchem Gehorsam. Sie verzichtete sogar auf ihren Herzenswunsch, in die Mission zu gehen, und zeigte auf diese Weise, dass „sie selbst nur gehorchen und mit allem, was man ihr zuwies, zufrieden sein wollte“. Dem Missionswerk der Kirche ohnehin völlig ergeben, bereitete sie viele junge Schwestern auf ihre missionarische Tätigkeit vor. 1895 hatte sie die Freude, die ersten Mitschwestern nach Argentinien entsenden zu können und zwei Jahre später weitere nach Togo.

Nach langem inneren Kampf erkannte Maria, was Gott von ihr wollte, nämlich: dass sie den Rest ihres Lebens in stiller Arbeit und im Gebet der Mission widmete. Nachdem am 8. Dezember 1896 vom hl. Arnold Janssen der zweite Zweig der Kongregation, die Dienerinnen des Hl. Geistes von der Ewigen Anbetung eingesetzt worden war, um mit ihrem Gebet die Missionsarbeit zu unterstützen, trat sie am 8. Dezember 1898 zu eben diesem Zweck bei ihnen ein. Der Wechsel zu den Anbetungs- und Klausurschwestern brachte es mit sich, dass sie auf ihr Amt als Oberin verzichten und ein zweites Noviziat absolvieren musste.

Im Herbst 1899 an tuberkulöser Meningitis erkrankt, ertrug sie ihr Leiden mehrere Monate lang in Ergebenheit und geduldigem Schweigen. Als sie die Nähe des Todes spürte, sagte sie zu ihren Mitschwestern: „Es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis wir für immer voneinander Abschied nehmen müssen, doch wird die Trennung nur für kurze Zeit sein. Da oben werden wir uns alle wiedersehen. Ich werde euch alle nachholen. Bleibt vor allem in Treue und aufrichtiger geschwisterlicher Liebe untereinander verbunden… Für all meine Fehler bitte ich euch um Vergebung. Da oben werde ich euer aller im Gebet gedenken.“ Einige Tage vor ihrem Tod wurde ihr der Trost zuteil, die Gelübde als Klausurschwester ablegen zu dürfen.

Der letzte Tag im Leben von Sr. Maria Helena Stollenwerk wird in der Chronik der Klausurschwestern von jener Ordensfrau geschildert, die ihr zur Seite stand: „Als ich am Morgen vor ihrem Sterben nach der hl. Kommunion inbrünstig ,Mein Herr Jesus‘ betete, antwortete sie: Ich liebe Dich über alles! Als ich dann mit ,Mein Gott und mein Alles‘ fortfuhr, antwortete sie aufs Neue. Ich liebe Dich über alles! Ihr Todeskampf dauerte von Freitagabend, halb acht, bis am nächsten Tag um halb drei Uhr Nachmittag. Ihre letzten noch verständlichen Worte waren: Jesus, für dich lebe ich. Jesus, für dich sterbe ich. Dann starb sie. Es war der 3. Februar 1900. Zunächst im Grab der Missionsschwestern von Notre Dame beigesetzt, wurde ihr Leichnam 1907 in den Friedhof des alten Klosters und im Mai 1915 in jenen des neuen Klosters vom Hl. Geist überführt. Ende September 1934 wurde ein Teil der sterblichen Überreste den Missionsschwestern von Steyl, Klooster v. h. H. Hart, Zusterstraat 20, NL-5935 BX Steyl, übergeben, während „die betenden Hände“ und „die betenden Knie“ bei den Klausurschwestern des Anbetungsklosters Steyl, Nettetal, Deutschland, verblieben.

Maria Helena Stollenwerk wird als Mitbegründerin der Kongregation der Missionsschwestern Dienerinnen des Hl. Geistes angesehen, weil sie sich unter Führung des Gründers, P. Arnold Janssen, seit 1882 gemeinsam mit Josefina Hendrina Stenmanns darauf vorbereitete. Als Oberin verlangte sie mehrmals, dass den Schwestern die nächtliche Anbetung und eine zusätzliche Kommunion pro Woche zugestanden werde, was der Gemeinschaft dann auch erlaubt wurde. Aus diesem Grund wurde sie von Janssen mit dem Titel „Mitbegründerin“ bedacht, wie dieser in seinem Schreiben am 5. Februar 1900, zwei Tage nach dem Tod von Stollenwerk, ausführte: „Der Herrgott hat sie neben mir zur ersten Mitbegründerin der Dienerinnen des Hl. Geistes berufen. Sie hat diese Aufgabe in Treue erfüllt, und ich war von ihren Tugenden und ihrer Frömmigkeit oft sehr angetan.“

Am 7. Mai 1995 wurde Maria Helena Stollenwerk von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

 

RESCH, ANDREAS: Die Seligen Johannes Pauls II. 1991 – 1995. Innsbruck: Resch, 2008 (Selige und Heilige Johannes Pauls II; 3). XIII, 321 S., 67 Farbtaf., ISBN 978-3-85382-083-4, Ln, EUR 27.70 [D], 28.63 [A]

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